Die Frau vom Leuchtturm - Roman
später hörte ich seine unsicheren Schritte auf der Treppe.
Ich rannte zur Zimmertür und brüllte hinter ihm her. »Und lass auf dem Weg nach draußen meine Schlüssel in der Diele, du Bastard! Du bist entlassen! Und nenn mich nie wieder Susie!«
Ich zitterte immer noch vor Wut. Sobald ich hörte, wie die Vordertür hinter ihm zufiel, zog ich einen Bademantel an und rannte nach unten. Ich fand Toms Schlüssel auf dem Boden der Diele liegen, hob sie auf und steckte sie in die Tasche. Dann schloss ich die Tür mehrmals ab. Während der nächsten Viertelstunde ging ich durchs ganze Haus und überprüfte alle Fenster und Türen.
In der Küche ging ich zur Hintertür und vergewisserte
mich, dass beide Riegel vorgeschoben waren. Ich nahm Tom seine Geschichte über einen Herumtreiber nicht ab, aber trotzdem schaute ich durchs Fenster in den Garten hinaus. Draußen wirbelten dicke Nebelfetzen um die Eiche und schufen den Eindruck, als glitten Schattengestalten durch den grauen Dunst, in dem der Garten lag.
Plötzlich lief ein kalter Schauer durch meinen ganzen Körper, und ich trat den Rückzug in die hell erleuchtete Mitte der Küche an und setzte den Teekessel auf. Das neu installierte schnurlose Telefon auf der Marmorarbeitsplatte stand nur ein paar Zentimeter entfernt. Ich brauchte bloß Dans Nummer zu wählen. Er hatte mir gesagt, er werde in dem alten Haus seiner Eltern am Pier übernachten. Ich wusste also, dass er in spätestens zehn Minuten hier sein könnte.
Ich griff schon nach dem Telefon, entschied mich dann aber dagegen. Ich wollte vor Dan Freedman nicht das hilflose, hysterische Frauchen spielen. Schließlich, versicherte ich mir, war ja gar nichts passiert. Tom Barnwell war geflüchtet wie eine Katze, der man einen Topf heißes Wasser über den Kopf gekippt hat, und es war äußerst unwahrscheinlich, dass er heute Nacht - oder überhaupt jemals - wiederkommen würde.
Und trotz der dunklen Nacht und des unheimlich wirkenden Nebels lauerte mit Sicherheit kein geheimnisvoller Streuner unter den Zweigen der alten Eiche in meinem Garten.
Der Kessel pfiff, und ich machte den Tee. Dann beugte ich mich über die Küchentheke und schlang die Hände um die Tasse, um die tröstliche Wärme zu genießen. Wenigstens, dachte ich, war jetzt auch das Rätsel
der offenen Küchentür gelöst. Tom Barnwell musste tatsächlich am Nachmittag vorbeigekommen sein und sich Einlass ins Haus verschafft haben, obwohl ich immer noch nicht richtig verstand, warum er die Hintertür offen gelassen hatte. Möglich, überlegte ich, dass er es mit Absicht getan hatte, um seiner Geschichte über einen Streuner Glaubwürdigkeit zu verleihen, wenn er in der Nacht zurückkehrte. Vielleicht hatte er vorgehabt, ein machohaftes Rührstück aufzuführen, und gehofft, ich werde daraufhin dankbar mit ihm ins Bett hüpfen.
Ich hatte keine Ahnung, was Tom Barnwell dazu angetrieben hatte, und im Moment war es mir auch egal. Ich wusste nur, dass er keine weitere Chance von mir bekommen würde.
Ich kritzelte eine Nachricht an mich selbst auf den Telefonblock - eine Erinnerung daran, morgen alle Schlösser im Haus auswechseln zu lassen, für den Fall, dass Tom sich Nachschlüssel hatte anfertigen lassen. Für mich war damit der ganze unangenehme Zwischenfall abgehakt, und ich schleppte mich zum zweiten Mal in dieser Nacht nach oben, ins Bett.
25. Kapitel
Eiseskälte!
Ich trieb in völliger Dunkelheit dahin. Meine Gliedmaßen waren taub vor Kälte, was andererseits nicht schlecht war, denn durch die Körperteile, die ich noch spüren konnte, schoss immer wieder scharfer Schmerz. Kerosingestank brannte in meiner Kehle. Um meinen Hals schlang sich der steife Kragen einer aufgeblasenen Schwimmweste, die mich an der Oberfläche eines sturmgepeitschten Meeres hielt und meine Qualen verlängerte, indem sie mein Kinn daran hinderte, in das tiefe, schwarze Wasser einzutauchen, in dem ich schwamm.
Schwach wandte ich den Kopf und versuchte, in der pechschwarzen Leere irgendetwas zu erkennen.
Doch da war nichts.
»Hilfe! Warum hilft mir denn niemand …« Mein leiser Schrei ging im Tosen des stürmischen Meers unter, das mich von allen Seiten umgab. »Was ist hier los?«, kreischte ich in die Nacht hinein. »Lieber Gott, was passiert mit mir?«
Dann stand mir die Erinnerung wieder grell vor Augen. Ich war in einem Flugzeug gewesen, auf einem Inlandsflug, der in New york gestartet war. Ich hatte auf einem Fensterplatz gesessen und versucht, nicht an die
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