Die Frau vom Leuchtturm - Roman
prasselte heftiger Regen, in dem die Lichter von Newport abwechselnd aufzuglimmen und zu verlöschen schienen.
»Heute Nacht?«, gab ich zerstreut zurück und bestaunte die Einrichtung des schicken Strandrestaurants mit seinen kostbaren Holzpaneelen. In einem gewaltigen Kamin, der aus einem Stein aus der Gegend gehauen war, prasselte ein fröhliches Feuer und lieferte den Großteil der Beleuchtung. Das weiche Licht schmeichelte der atemberaubenden Sammlung von englischen Sideboards und Weinschränken aus dem 18. Jahrhundert, die vielleicht einmal die Große Halle eines adligen Landhauses geschmückt hatten.
»Das Mobiliar hier ist absolut exquisit«, flüsterte ich über den Tisch hinweg. »Ich bin mir fast sicher, dass das Sofa auf der Damentoilette echt Empire ist.«
Dan sah mich stirnrunzelnd an. »Wahrscheinlich«, meinte er und schaute sich geringschätzig in dem kostbar ausgestatteten Raum um. »Der Greystone-Club wurde Ende des 19. Jahrhunderts von ein paar der ursprünglichen Raubritter von Newport erbaut, die nach einem
schweren Tag auf ihren Jachten etwas zu trinken brauchten. Und soweit ich weiß, haben sie noch nie geknausert, wenn es darum ging, sich etwas zu gönnen.«
Er lächelte ein wenig ungeduldig. »Meine Frage hatte sich allerdings auf deine geplante Begegnung mit Aimee Marks bezogen. Du sagtest doch, dass du es heute Nacht probieren wolltest, oder?«
»Tut mir leid«, entschuldigte ich mich, richtete meine Aufmerksamkeit wieder auf Dan und bemerkte erleichtert das amüsierte Funkeln in seinen Augen. »Antiquitäten sind nun mal meine Leidenschaft; dagegen komme ich nicht an.«
Wir lachten beide. Ein Weinkellner in schneeweißem Jackett glitt ungebeten an unseren Tisch und schenkte uns gekühlten Riesling nach.
Ich genoss unser Dinner bei Kerzenschein und brannte, ehrlich gesagt, nicht besonders darauf, meinen Plan zu diskutieren, Aimee Marks in mein Zimmer zu locken und mich mit ihr zu unterhalten. Inzwischen kam mir die Idee ziemlich albern vor. Nach meinen aufregenden Begegnungen der letzten Nacht - zuerst mit dem realen Tom Barnwell und dann mit Bobby - hatte ich eigentlich nur Lust, mich zu entspannen und meine düsteren Gefühle abzuschütteln.
Bevor ich versuchen würde, Kontakt zu Aimee Marks aufzunehmen, brauchte ich unbedingt ein paar erholsame Stunden. Und bis jetzt war mein Tag nicht besonders angenehm verlaufen.
Nach meinen emotional aufgeladenen Träumen der letzten Nacht war ich spät erwacht und hatte gehört, wie der Regen auf das Dach meines Turmzimmers prasselte.
Ich hatte im Krankenhaus in Boston angerufen und
erfahren, dass Damons Zustand praktisch unverändert war. Dann hatte ich drei frustrierende Stunden gebraucht, um einen Schlosser zu finden, der bereit war, im Regen herauszukommen und alle Schlösser im Haus auszuwechseln. Während der schlecht gelaunte Handwerker arbeitete, hatte ich anschließend den Rest des Tages damit verbracht, eine Liste der Klienten von St. Claire & Marks aufzustellen und sie - zusammen mit detaillierten Notizen über unsere gegenwärtigen Projekte und die speziellen Marotten und Bedürfnisse der Kunden - an Sir Edward in Manhattan zu faxen.
Als ich mit dem Faxen fertig war und die völlig überhöhte Rechnung des Schlossers bezahlt hatte, war es Zeit gewesen, wieder im Krankenhaus anzurufen. Dan war gekommen, während ich mit Alice Cahill sprach. Sie hatte meinen Anruf persönlich entgegengenommen und lieferte mir eine sachliche Aufzählung von Damons Vitalzeichen und Testergebnissen, aber keine neuen Informationen.
»Ich hoffe, dass er während der nächsten vierundzwanzig Stunden aus seinem Zustand erwacht«, hatte sie dann jedoch erklärt. »Da bin ich mir sogar ziemlich sicher.«
Vierundzwanzig Stunden.
So viel Zeit hatte ich, Kontakt zu Aimee aufzunehmen, obwohl meine Zuversicht schwand und ich mich fragte, ob ich überhaupt in der Lage dazu war, und wenn, ob ich etwas Wichtiges über Damons Nahtod-Erfahrung herausbekommen würde. Aber wenn ich irgendwelche Erklärungen für Damon haben wollte, wenn er wieder zu Bewusstsein kam, dann musste ich sie heute Nacht bekommen.
Das hatte ich auch Dan gesagt.
Er hingegen hatte mich darauf hingewiesen, dass Aimee Marks noch nie vor Mitternacht erschienen war, und vorgeschlagen, zum Abendessen nach Newport in den exklusiven Greystone-Club zu fahren, der einst das private Rückzugsgebiet der High Society von Newport gewesen war, heutzutage aber jedem offenstand, der den nicht
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