Die Frauen der Calhouns 05 - Megan
Damit rammte er Baxter hart die Faust in die Seite.
Baxter rang nach Luft. »Noch bevor der Tag zu Ende ist«, stieß er rasselnd hervor, »sitzen Sie hinter Gittern.«
»Das glaube ich weniger.« Aus den Augenwinkeln nahm er wahr, dass Megan auf ihn zukam, und wandte ihr mit einem Ruck das Gesicht zu. »Bleib, wo du bist!«
Die lodernden Flammen in seinem Blick ließen sie stehen bleiben. »Tu ihm nichts an, Nathaniel.« Sie schluckte hart.
»Gibt es einen besonderen Grund, warum du ihn am Leben halten willst?«
Sie öffnete den Mund, schloss ihn wieder. Ihre Antwort schien extrem wichtig zu sein, also entschied sie sich für die Wahrheit. »Nein.«
Baxter holte Atem, wollte um Hilfe rufen, doch er kam nicht dazu, weil Nathaniel ihm die Kehle zudrückte. »Sie haben Glück, Dumont. Die Lady wünscht nicht, dass ich Sie umbringe, und ich möchte sie nicht enttäuschen. Überlassen wir es also dem Schicksal.« Damit zog er Baxter wie einen Seesack hinter sich her nach draußen.
Megan rannte zur Tür. »Holt!« Erleichtert erkannte sie Suzannas Mann auf dem Pier stehen. »So unternimm doch etwas!«
Holt zuckte nur mit einer Schulter. »Fury ist mir zuvorgekommen. Geh besser wieder hinein, du wirst ganz nass.«
»Aber … er wird ihn doch nicht wirklich umbringen, oder?«
Mit zusammengekniffenen Augen sah Holt Nathaniel nach, wie er Baxter durch den dichten Regen zum Ende des Piers schleifte. »Wahrscheinlich nicht.«
»Ich bete zu Gott, dass du nicht schwimmen kannst«, murmelte Nathaniel und schleuderte Baxter vom Steg. Noch bevor der Laut des aufspritzenden Wassers zu hören war, stand Nathaniel schon wieder bei Megan. »Komm.«
»Aber …«
Wortlos hob er sie auf seine Arme. »Ich nehme mir den restlichen Tag frei.«
»Kein Problem.« Die Daumen in die Jeansschlaufen gehakt, sah Holt mit einem unguten Grinsen zu Nathaniel. »Bis morgen.«
»Nathaniel, du kannst doch nicht …«
»Halt den Mund, Meg.« Er trug sie zu seinem Wagen und ließ sie unsanft auf den Beifahrersitz fallen.
Als er den Motor startete und Gas gab, sah Megan sich um. Sie wusste nicht, ob sie erleichtert oder enttäuscht sein sollte, als sie sah, wie Baxter sich aus dem Wasser auf den Steg stemmte.
Er brauchte jetzt absolute Stille, um sich von dieser Gewaltbereitschaft freizumachen und sich wieder unter Kontrolle zu bekommen. Er verabscheute den Zorn, der unterschwellig ständig in ihm schwelte, darauf lauerte, ausbrechen zu können. Natürlich hatte er in diesem Falle einen guten Grund gehabt, dennoch … Immer blieb ein bitterer Geschmack im Mund zurück, wenn ihm wieder einmal vor Augen geführt wurde, wozu er fähig war.
Er zweifelte nicht daran, dass Dumont wesentlich schlechter davongekommen wäre, hätte Megan ihn, Nathaniel, nicht aufgehalten.
Er hatte an seiner Selbstbeherrschung gearbeitet und sich darauf trainiert, den Verstand statt der Fäuste einzusetzen. Normalerweise funktionierte das auch. Und wenn nicht … nun, dann eben nicht. Doch noch Jahre, nachdem er die letzte Tracht Prügel von seinem Vater eingesteckt hatte, blieb die Erinnerung frisch. Und danach kam jedes Mal die Reue.
Megan zitterte wie Espenlaub, als er den Wagen vor seinem Cottage vorfuhr. Erst jetzt fiel ihm siedend heiß ein, dass er Hund vergessen hatte. Holt wird ihn finden und sich um ihn kümmern, beruhigte Nathaniel sich und hob Megan aus dem Sitz.
»Ich kann …«
»Sei einfach still.« Er trug sie ins Haus, an Vogel vorbei, der zur Begrüßung krächzte, und die Treppen hinauf. Megan wollte empört losstottern, als er sie in seinem Schlafzimmer absetzte, doch da begann er auch schon wortlos in den Schubladen der Kommode zu kramen.
»Zieh die nassen Sachen aus.« Er warf ihr ein Sweatshirt und eine Jogginghose zu. »Ich gehe nach unten und brühe einen Tee für dich auf.«
»Nathaniel …«
»Tu’s einfach!«, brüllte er sie an und biss die Zähne zusammen. »Tu’s einfach«, wiederholte er leise und verließ den Raum.
Weder knallte er die Tür hinter sich zu, noch schlug er in der Küche mit der Faust gegen die Wand. Auch wenn er das Bedürfnis hatte. Stattdessen stellte er einen Kessel mit Wasser auf und holte die Cognacflasche hervor. Nachdenklich sah er auf die Flasche, dann setzte er sie an die Lippen und nahm einen kräftigen Schluck. Der Alkohol rann ihm brennend durch die Kehle und brannte damit auch etwas von der Selbstverachtung weg.
Als er Vogel durchdringend pfeifen und Megan auf einen Kneipenbummel einladen
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