Die Frauen, die er kannte: Ein Fall für Sebastian Bergman (German Edition)
Recherchen wirklich wissen wollte. Wenn er diese Sache tatsächlich weiterverfolgte, blieben dann überhaupt noch Grenzen, die er noch nicht überschritten hatte?
Doch jetzt spürte er, wie sich die Resignation breitmachte. Die Stunden auf dem Fels vor Vanjas Wohnung. Der Sex. Heute mit Ellinor, gestern und morgen mit einer anderen. Die leere Wohnung. Das leere Leben. Er war gezwungen, etwas zu unternehmen. Was auch immer. Er brauchte Veränderung. Also holte er sein Handy aus der Tasche und wählte die Nummer.
Trolle ging schon nach dem dritten Klingeln dran.
«Ich habe mich gerade gefragt, wann du anrufen würdest», sagte er mit verschlafener Stimme.
«Ich hatte viel zu tun», erwiderte Sebastian und entfernte sich mit dem Handy am Ohr von Vanjas Haus. «Ich war verreist.»
«Lüg mich nicht an. Du hast sie verfolgt. Die Tochter.»
Sebastian erstarrte für einen kurzen Moment, dann sah er ein, dass Trolle Valdemars Tochter meinte. Natürlich.
«Woher weißt du das?»
«Weil ich besser bin als du.»
Sebastian meinte hören zu können, wie der alte Kollege am anderen Ende der Leitung zufrieden gluckste.
«Ich habe dich nicht darum gebeten, das zu überprüfen», sagte Sebastian verärgert.
«Ich weiß, aber ich bin gründlich. Eben ein alter Polizist.»
«Hast du was rausgefunden?»
«Ziemlich viel. Aber nichts Negatives. Der Typ scheint ein richtiger Heiliger zu sein.» Trolle machte eine Pause, und Sebastian konnte hören, wie er in irgendwelchen Papieren herumsuchte, die mit großer Wahrscheinlichkeit in einem einzigen Chaos vor ihm verstreut lagen.
«Sein Name ist Ernst Valdemar Lithner. Geboren 1953 in Göteborg», begann Trolle, als er wieder am Hörer war. «Hat erst an der technischen Hochschule studiert, dann aber zu einem wirtschaftlichen Studiengang gewechselt. 1981 Heirat mit Anna Eriksson. Die, ganz nebenbei, nicht seinen Namen angenommen hat. Keine Exfrauen oder andere Kinder. Kein Eintrag im Strafregister. Hat lange als Wirtschaftsprüfer gearbeitet, 1997 dann aber umgesattelt und verschiedene Firmen besessen, alles Mögliche, von Buchhaltung bis Steuerberatung. Hat anscheinend ziemlich gut verdient, denn er hat die Anzahlung für die Wohnung seiner Tochter geleistet und gleich im Jahr darauf ein großes Sommerhaus in Vaxholm gekauft. Keine Liebhaberinnen oder Liebhaber, soweit ich herausfinden konnte, aber ich habe einen Typen damit beauftragt, sich in seinen PC einzuhacken, vielleicht finden wir da noch was. Letztes Jahr wurde er krank.»
«Was heißt das genau?»
«Eine Zellveränderung in der Lunge, du weißt schon, der Krebs, irgendwann kriegt er uns alle. Woran ist deine Mutter eigentlich gestorben?»
Sebastian ignorierte, dass Trolle erneut auf ärgerliche Weise zeigte, dass er auch Sebastian in den vergangenen Wochen genau unter die Lupe genommen hatte. Aber ihn schauderte trotz der Hitze. Valdemar sollte Krebs gehabt haben? Das konnte nicht stimmen. Der Mann, der ihm seine Tochter gestohlen hatte, schien doch das blühende Leben selbst zu sein. Aber vielleicht war das nur eine Maske, die er anlegte, wenn er Vanja traf, vielleicht strengte er sich ihr zuliebe an?
«Im Frühjahr wurde er für geheilt erklärt», fuhr Trolle fort. «Oder jedenfalls gilt er als so gesund, wie man es mit dieser Krankheit sein kann. Mein Kontakt im Krankenhaus in Södermalm hat keinen Zugriff auf die Krankenakte, aber er konnte herausfinden, dass nur noch routinemäßige Kontrolluntersuchungen geplant sind, also müsste er aus der Gefahrenzone sein.»
Sebastian grunzte enttäuscht.
«Okay … noch was?»
«Nein, nicht direkt. Ich habe ziemlich viele Unterlagen hier, falls du interessiert bist?»
«Nein, nicht nötig. Seine Weste ist also weiß wie Schnee?»
«Bisher schon, aber ich habe auch gerade erst angefangen. Ich kann noch viel tiefer graben, wenn du willst.»
Sebastian dachte nach. Es war schlimmer, als er befürchtet hatte. Valdemar war nicht nur das Ein und Alles seiner Tochter, er war noch dazu ein Überlebender in der Genesungsphase. Ein krebskranker Heiliger, der das Wartezimmer des Todes verlassen hatte und in den Schoß seiner Familie zurückgekehrt war.
Sebastian hatte nicht den Hauch einer Chance. Der Zug war abgefahren.
«Nein, nein, auch das ist nicht nötig. Trotzdem danke. Ich komme demnächst mit deinem Geld vorbei.»
Er legte auf.
So viel zu diesem Plan.
D er dritte Tag in seinem neuen Beruf. Endlich hatte er sich so ein Gerät organisiert, mit dem man Etiketten
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