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Die Frauen von Bramble House

Die Frauen von Bramble House

Titel: Die Frauen von Bramble House Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Catherine Cookson
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in der letzten Zeit mit Emma passiert? Sie ist so anders … Und sie gab sich selbst die Antwort: Aber das ist nur natürlich, sie wird erwachsen … aber sie ist doch erst fünfzehn … also, beinahe sechzehn.
    Peggy ging ins Speisezimmer, wo der Tee bereitstand, und sie blickte prüfend über den Tisch, als erwartete sie, dort einen Mangel, etwas Vergessenes zu entdecken. Dann machte sie kehrt und hörte sich dabei selbst laut sagen: »Je rascher ich sie hier rausbekomme, desto besser. Nein! Aber nein, natürlich will ich nicht, daß es ihr genauso geht wie mir!«
     
    Es war halb acht, sie übte gerade Mozarts »Rondo alla Turca«. Sie mochte dieses frische lebhafte Stück gern, aber in diesem Moment war sie nicht recht bei der Sache, denn ihr Vater war zu Hause. In letzter Zeit war er abends meistens da und verbrachte die Zeit teilweise in seinem Arbeitszimmer, teilweise damit, mit seiner Gönnerin zu plaudern.
    Ihre Finger verkrampften sich auf den Tasten, als sie hörte, wie die Tür geöffnet wurde. Sie brauchte nicht den Kopf zu wenden, um zu sehen, wer da hereinkam, sie kannte den Schritt.
    Das Klavier stand am anderen Ende des Salons. Emma spielte weiter, bis sie seine Hände auf ihren Schultern spürte, und irgendwie spielte sie auch dann noch weiter, bis er mit einer Hand ihre Haare hob und sein Mund ihre Haut hinter dem Ohr berührte. Dann schmetterte sie die Hände auf die Tastatur und zuckte mit dem Oberkörper von ihm weg. »Mach das nicht, Daddy, bitte!« Sie saß nun auf der Kante der Klavierbank und drückte ihren Leib gegen das Instrument. »Ich versuche, dieses schwierige Stück zu üben.«
    »Schon gut, schon gut, dann übe mal schön weiter.« Seine Stimme klang ruhig, ja sogar ein wenig neckend. »Aber spiel was anderes.« Er war inzwischen um das Klavier herumgegangen und stand am anderen Ende, die Unterarme auf den Deckel gestützt. »Spiel mir den Schneewalzer, du weißt doch, den mag ich so gern.« Er richtete sich nun auf und nahm die Pose ein, als halte er eine Partnerin im Arm, und drehte sich und sang: »Eins-zwei-drei …«
    »Sei nicht so kindisch, Vater.«
    Es war, als hätte ihm irgendeine unsichtbare Hand einen Schlag gegeben und ihn gelähmt. Er blieb starr stehen, der rechte Arm umfing noch immer den Leib einer imaginären Tanzpartnerin, der linke Arm war ausgestreckt’. Dann drehte er ihr langsam den Kopf zu und sah sie über die Schulter an. »Was hast du gesagt?«
    Sie ließ den Kopf sinken. »Aber es ist so kindisch.«
    Er stand auf einmal wieder ganz dicht bei ihr, und sein Atem fuhr ihr fast ins Haar. »Seit wann findest du es kindisch, mit mir zu tanzen? Heh? Du tanzt doch leidenschaftlich gern mit mir.«
    »Das habe ich nie.« Ihr Kopf war ihm zugewandt gewesen, als sie das sagte, jetzt hing er wieder fast über den Tasten. Und dann wurde sie von der Klavierbank hochgezerrt, und er umklammerte ihre Schultern und keuchte: »Was soll das heißen? Was ist mit dir los? So warst du doch noch nie zu mir. Sie hat dich wieder mal bearbeitet, ja?«
    »Nein. Niemand hat …«
    »Aber wieso bist du dann jetzt so anders?«
    Sie wehrte sich gegen seinen Griff, versuchte sich ihm zu entwinden, doch er hielt sie weiter eisern fest und starrte ihr ins Gesicht, bis sie sagte: »Ich werde erwachsen. Ich bin kein kleines Mädchen mehr. Und ich … ich will auch wie die anderen Mädchen sein und machen, was sie machen.«
    »Auch ja? Das willst du? Wie die anderen Mädchen sein? Machen, was sie machen? Dich billigmachen? In Diskos gehen? Dich von diesen Kerlen dort anfassen lassen? Nun, das wird nicht geschehen. Du wirst erwachsen, ja, aber noch bist du es nicht, und du wirst es noch lange nicht sein, und bis dahin bist und bleibt du mein kleines Mädchen. Oh, ja!« Seine Stimme wurde zu einem bebenden Flüstern. »Mein kleines Baby. Verstehst du denn nicht?« Er zerrte sie jetzt vom Hocker hoch und rücklings in die Mitte des Zimmers auf die Couch zu, und dort mußte er ebenfalls fast Gewalt anwenden, um ihren verkrampften Körper zum Sitzen zu zwingen. Dann umschlang er sie mit den Armen, und er winselte fast, als er sagte: »Emma … Emma, du bist doch noch nicht erwachsen, aber du bist auch kein Baby mehr, aber ich sehe dich halt so, also mußt du doch verstehen, was ich für dich empfinde, immer empfunden habe. Du gehörst mir, hast du das verstanden? Mir! Du bist alles, was ich habe, alles, was ich mir je gewünscht habe. Du weißt nicht, was für Qualen ich durchgemacht habe, nur

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