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Die Frauen von Clare Valley

Die Frauen von Clare Valley

Titel: Die Frauen von Clare Valley Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Monica McInerney
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hab echt die Nase voll, Bett. Was hab ich nicht alles getan, um dir zu helfen, dir zu raten, dich zu loben …«
    » Loben? Loben? Du hast mich doch von dem Tag an, seit die Zwillinge auf der Welt sind, nur attackiert und kritisiert. Und auch vorher schon, als ich schwanger war – ich habe nicht das Richtige gegessen, nicht genügend Sport gemacht. Kein Wunder, dass die Wehen so schwer waren. Ich war ja auch nicht richtig vorbereitet. Kein Wunder, dass die Zwillinge nicht richtig schlafen. Und so weiter und so weiter mit dem Mist. Du brauchst mir nicht zu sagen, dass ich eine schlechte Mutter bin, hörst du, Carrie? Das weiß ich selbst. Also kümmere dich bitte um deinen eigenen Scheiß! Lass mich mit dir und deinem perfekten Matthew und euren drei perfekten Kindern in Ruhe! Lebt euer perfektes Leben und halt dich von mir und Daniel und unseren Kindern fern.«
    Carrie verzog keine Miene. »Bist du fertig?«
    Bett nickte.
    Carrie wandte sich wieder den Paketen zu. »Können wir dann weitermachen? Wie du so schön gesagt hast, je eher wir beginnen, umso eher ist es vorbei.«
    »Ach so, dann willst du all meine Worte ignorieren?«
    »Keinesfalls, Bett, ich werde mir jeden deiner albernen, unreifen Sätze merken. Aber ich weiß darauf nichts zu erwidern. Ich bin nur aus einem einzigen Grund hier, um Lola einen Gefallen zu tun. Also, können wir jetzt bitte anfangen?«
    Wäre es auch albern und unreif, Carrie die Pfirsichkonserven der Reihe nach an den Kopf zu werfen? Gefolgt von den Flaschen mit Olivenöl? Und dann das ganze Spielzeug raus zum Fenster, raus auf den Parkplatz? Oh, wie gern hätte Bett das getan und dann hemmungslos geheult. Was war denn mit ihr los? Sie hatte den Verstand verloren, jegliche Besonnenheit, jegliches Maß. Und das Gesicht nun auch. Carrie stand da, selbstgefällig, ruhig, im Bewusstsein ihrer moralischen Überlegenheit, und schaute bereits durch einen Stapel Zettel. Bett war die mit dem roten Kopf und der aufmüpfigen Miene.
    Lolas eigentlicher Plan, sie zum Reden zu verleiten, war eindeutig gescheitert. Blieb also nur, die Pakete zu packen.
    Einsilbig besprachen sie ihr Vorgehen. Carrie sollte die jeweiligen Angaben zu den Empfängern vorlesen, Alter und Anzahl der Familienmitglieder. Bett das Entsprechende herbeiholen. Nach einer Stunde wollten sie tauschen.
    Und so begannen sie. Luke und seine Freunde hatten alles ordentlich gruppiert: Spielzeuge, Lebensmittel, Weihnachtsdekoration, sonstige Spenden. Trotz ihrer eigenen Unzufriedenheit musste Bett so viel Großzügigkeit bewundern. Sie selbst hatte noch nichts gespendet. Wenigstens hatte sie einen kurzen Zeitungsartikel über die Aktion geschrieben. Sie würde etwas beitragen, sobald wie möglich. Ob Carrie schon gespendet hatte? Bett wollte gerade fragen, überlegte es sich aber anders. Sie wollte nicht hören, dass Carrie feine Törtchen oder edle Kekse oder Spielzeug im Wert von tausend Dollar gespendet hatte, wo Bett und Daniel kaum die Rechnungen bezahlen konnten.
    Mit jedem anderen Menschen hätte sie in dieser Situation geplaudert. Vielleicht hätte sie sogar ein wenig spekuliert, wer die Empfänger waren. Die Spendenaktion verlief weitgehend anonym, nur Lola und zwei weitere Ehrenamtliche kannten alle Angaben, damit sie die Auslieferung an Heiligabend organisieren konnten. Auf den Zetteln standen bloß statistische Daten. Carrie blätterte durch den nächsten Stapel. Bett wartete.
    »Wir müssen alle abarbeiten, Carrie. Wir können uns nicht die Rosinen rauspicken«, sagte sie.
    »Du hast ja recht«, entgegnete Carrie. »Es tut mir wirklich leid.«
    An der Oberfläche klangen ihre Worte ausgesucht höflich, doch unterschwellig sollten sie verletzen. »Danke, Carrie«, erwiderte Bett in einem ebenso süßlichen Tonfall.
    »Eine vierköpfige Familie, Mutter vierunddreißig, Vater neununddreißig, zwei Jungs im Alter von acht und zehn.«
    Bett wanderte durch die Reihen der Spenden, wählte das Passende aus und brachte es zu Carrie, die alles in einen Karton legte.
    »Zwei Jungs, sagst du? Woran hätten die wohl Spaß?«
    »Keine Ahnung, Bett. Ich bin nicht die Mutter. Ich kenne sie nicht.«
    »Deine großherzige Art erschüttert mich. So viel Anteilnahme an den Nöten anderer.«
    Carrie verdrehte bloß die Augen.
    Diesmal gab es kein Zögern. Bett, eine Pfirsichkonserve in der Hand, zielte direkt auf ihre Schwester. Die Büchse verfehlte Carrie nur um Zentimeter, flog über einen Stapel Kartons, landete mit einem lauten Scheppern

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