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Die Frauen von der Beacon Street

Die Frauen von der Beacon Street

Titel: Die Frauen von der Beacon Street Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Katherine Howe
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so an diesen Abenden? «
    » Sie finden jeden Dienstag statt « , sagte das Mädchen und wurde auf einmal sehr munter. » Louisa – das ist Mrs Allertons Vorname, bei ihr reden sich alle mit Vornamen an, da ist sie sehr unkonventionell – hat immer gesagt, am Dienstagabend gehe nirgendwo etwas Unterhaltsames in der Stadt vor, und es sei höchste Zeit, dass jemand zu einem Abend einlade, bei dem sich Künstler und andere Leute aus der Gesellschaft treffen können. «
    » Hm « , sinnierte Sibyl. Insgeheim fragte sie sich, was für eine Art von Milieu das wohl war, das Louisa Allerton mit » Gesellschaft « bezeichnete, da doch schon seit undenklichen Zeiten an eben diesem Dienstag mindestens eine der angesehensten und exklusivsten Vortragsreihen zu historischen Themen stattfand und wahrscheinlich schon stattgefunden hatte, bevor die Pilgerväter an jenem zweifelhaften Felsen vor Anker gegangen waren. » Was für eine einfallsreiche Idee. Und wie läuft ein solcher Abend ab? «
    » Nun « , begann Dovie. » Die Mitglieder des Salons bringen irgendeinen Künstler oder jemand anderen, der etwas aufführt, mit, und dann folgt eine lebhafte Diskussion über ästhetische Prinzipien. Zum Beispiel spricht ein Maler über seine Bilder oder zeichnet mit Kohle etwas vor, oder ein Schriftsteller liest aus seinen Werken. Es werden immer wieder neue Leute eingeladen, sodass jede Woche etwas anderes stattfindet. Manchmal gibt es Musik und Tanz. Genauer gesagt, enden die meisten Abende mit Tanz, auch wenn gar kein Musiker eingeladen war. Louisa hat dieses teuflische Punschrezept, das ist einfach tödlich. « Dovie stieß ein unflätiges Lachen aus, bevor ihr einfiel, dass ja Damen der Abstinenzbewegung mithören könnten.
    » Klingt wirklich nach einem unternehmungslustigen Grüppchen von Leuten « , bemerkte Sibyl, wobei sie ihre Stimme ganz beiläufig hielt und diese Beiläufigkeit mit dem Nippen an ihrem Tee unterstrich. In irgendeinem Winkel ihres Denkens fiel ihr ein, dass ein solcher Abend für Eulah ein Traum gewesen wäre. » Und wie kam es, dass Sie eingeladen wurden? «
    » Oh « , rief Dovie, die den Mund voller Krümel hatte. Sie fing rasch ein paar davon mit ihrer Serviette auf, bevor sie sagte: » Ich habe eine dramatische Rezitation von Kublai Khan zum Besten gegeben. «
    Sie zeigte lächelnd ihre Grübchen, während Sibyl sie groß anschaute.
    » Harley sagte, er habe noch nie jemanden Gedichte mit solcher Leidenschaft rezitieren hören wie mich. Genau das war das Wort, das er benutzte. Leidenschaft. « Mit einem Schauder der Freude schwelgte sie in dieser Erinnerung, kleine Funken glitzerten in ihren Augen, und Sibyl stieß innerlich einen Seufzer aus. Genauso hatte Eulah immer geredet. Sie hatte das Herz immer auf der Zunge getragen.
    » Dann treten Sie also als Künstlerin auf? « , erkundigte sich Sibyl, um sich wieder der Frage anzunähern, womit Dovie Whistler eigentlich ihren Lebensunterhalt verdiente.
    Auf der Stelle wurde das Gesicht des Mädchens wieder verschlossen, wie stets, wenn Dovie es vorzog, einem Thema aus dem Weg zu gehen.
    » Ja « , sagte sie, ohne weiter darauf einzugehen. » Jedenfalls hatten sie mich dort einmal um einen Auftritt gebeten, aber Harlan war so verschossen in mich, dass er mich immer wieder als seinen persönlichen Gast einlud. Ich habe dort einige wundervolle Leute kennengelernt. «
    In Sibyls Ohren klang es seltsam, dass jemand außerhalb der Familie ihren Bruder mit Vornamen benannte. Er musste wirklich in einigen progressiven Kreisen verkehrt haben.
    » Und wie lange ist das her? « , wollte Sibyl wissen.
    » Oh, mehrere Monate, glaube ich. «
    Sibyl hüstelte, weil sie sich an ihrem Tee verschluckt hatte. Sie klopfte sich mehrfach mit der Faust an die Brust, und Dovie blickte besorgt von ihrer Teetasse empor.
    » Oh, geht es Ihnen nicht gut, Miss Allston? «
    » Doch, doch « , räusperte sie sich und stellte ihre Tasse ab. » Alles bestens. Wirklich. Danke. «
    Das Mädchen nickte, wenn auch immer noch besorgt. Dann sah Sibyl, wie Dovies Augen einen argwöhnischen Ausdruck annahmen und sie über Sibyls linke Schulter schaute. Dovie zog finster die Brauen zusammen.
    » Nun, wenn das nicht die ältere Miss Allston ist « , sagte glucksend eine Stimme, und Sibyl wurde mit Unmut bewusst, wer das gewesen war. Sie drehte sich um.
    Hinter ihr, die Arme verschränkt, stand eine Frau in Sibyls Alter mit einem Pferdegesicht, das von einer aufwendig frisierten kastanienbraunen

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