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Die Frauen von Nell Gwynnes

Die Frauen von Nell Gwynnes

Titel: Die Frauen von Nell Gwynnes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kage Baker
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einem ihrer Schulbücher oder vielleicht aus Ivanhoe. Der strohbedeckte Burghof, die Stallungen unter der bedrohlichen Mauer, die überdachte Zisterne, die Hall selbst mit dem hohen Dach und die gedrungene Burg dahinter. Es fehlte nur ein derber Knecht, der auf einer Bank eine Rüstung polierte.
    Statt dessen trat ein schwarzgekleideter Butler aus dem grossen Eingangsportal und gestikulierte verdriesslich in Ralphs Richtung. „Bring sie zum Dienstboteneingang!“
    Ralph zuckte die Achseln und fuhr um das Bauwerk herum zu einer kleinen Tür auf der Rückseite. Dort hielt er und half den Damen aus der Droschke, respektvoll wie ein echter Knappe. Der Butler erschien in der Hintertür und rang verzagt die Hände.
    „Bitte sehr, Pilkins“, sagte Ralph, „frisch gelieferte Rosen.“
    Pilkins scheuchte sie nach drinnen. Sie fanden sich am Hintereingang der Küche wieder, zwischen Weinkisten und Delikatess-Lieferungen aus den feinsten Londoner Geschäften. Zwei bis drei Hausangestellte spickten durch eine Tür nach ihnen, doch die Köchin vertrieb sie mit einem rauhen Knurren. Sie trat heran und stierte sie an.
    „Ich fasse es nicht“, sagte sie mit einem verärgerten Kopfschütteln. „Herkömmliche Huren im Hause Basmond.“
    „Ich muss doch sehr bitten“, antwortete Mrs. Corvey und liess ihren Gehstock einmal scharf auf die Steinfliesen knallen. „Sehr kostspielige und erstklassige Huren, eigens bestellt. Meine Mädchen wären Ihnen für eine Tasse Tee nach der langen Reise sehr dankbar.“
    „Bringen Sie ihnen etwas, Mrs. Duncan“, sagte Pilkins. Mit zusammengekniffenen Lippen wandte er sich an Mrs. Corvey. „Ich nehme an, Sie sind ihre ... Eigentümerin, Madam?“
    „Das ist richtig“, entgegnete diese. „Ich kümmere mich auch um das Finanzielle. Man hat uns für diesen Anlass eine stattliche Summe zugesagt, und ich hoffe, seine Lordschaft wird Wort halten.“
    „Seine Lordschaft wird tatsächlich gleich hier sein, um zu überprüfen, ob Ihre ... Ihre ... Mädchen seinen Ansprüchen genügen“, antwortete Pilkins. Seine Diktion litt unter seiner Schwierigkeit, die Lippen zu lockern.
    „Natürlich! Mädchen – runter mit den Capes!“, befahl Mrs. Corvey.
    Sie gehorchten. Die einfachen grauen Reiseüberwürfe fielen zu Boden und enthüllten die Damen in ihrer ganzen Pracht. Lady Beatrice trug ihr übliches Scharlachrot, und die Devere-Schwestern hatten sich in Edelsteinfarben gehüllt: Maude in Smaragdgrün, Jane in Saphirblau und Dora in bernsteinfarbenen Satin. Die Wirkung dieser sinnlichen Farben in dem graubraunen Ambiente war atemberaubend und leicht schrill. Pilkins etwa bemerkte, dass er sich unwillkürlich an bestimmte Verse der Heiligen Schrift erinnerte. Zu seiner Bestürzung regte sich auch seine Männlichkeit.
    „Also, wenn das nicht ist, was seine Lordschaft bestellt hat, dann weiss ich auch nicht“, sagte Mrs. Duncan. Pilkins konnte aus verschiedenen Gründen, die hier nicht genannt werden sollen, nichts entgegnen, und so entstand eine angespannte Stille, in welcher alle Anwesenden das Geräusch von Schritten hörten, die die Treppe und danach den Korridor entlangeilten.
    „Sind das die Huren?“, schrie eine ungeduldige Stimme. Arthur Rawdon, Lord Basmond, betrat den Raum.
    „Niemand anderes“, antwortete Mrs. Corvey. Lord Basmond blieb unwillkürlich und mit einem überraschten Keuchen stehen, als er ihrer gewahr wurde.
    „Gott im Himmel! Immerhin bekomme ich etwas für mein Geld.“
    „Das will ich hoffen. Meine Mädchen sind sehr gefragt, wissen Sie, und bedienen nicht jeden dahergelaufenen Kunden“, sagte Mrs. Corvey.
    „Ah.“ Lord Basmond starrte sie an. „Blind ... und Sie sind ihre ...“
    „Kupplerin, mein Herr.“
    „Ja.“ Lord Basmond rieb sich die Hände, während er langsam um die Damen herumging, die sich der Reihe nach verführerisch in Positur stellten. „Ja. Sie haben keine Syphillis, hoffe ich?“
    „Wenn Sie eine Vorstellung von meinem Betrieb hätten, Sir, würden Sie keine so unbegründete Frage stellen“, erwiderterte Mrs. Corvey. „Sehen Sie nur! Blüte der Jugend, gesunde Röte und bei allen vieren nicht eine Filzlaus.“
    „Wir stehen seiner Lordschaft gerne für eine nähere Inspektion zur Verfügung“, sagte Dora und nestelte anzüglich an ihren Knöpfen. „Vielleicht ein kleiner Tanz zwischen den Laken vor dem Tee, mein Herr?“ Doch Lord Basmond wich zurück.
    „Nein! Nein danke. S-Sie müssen frisch sein. Für meine Gäste. Wissen sie

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