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Die Frauen

Die Frauen

Titel: Die Frauen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: T.C. Boyle
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Brandstifter oder Mörder je würde auslöschen können. Er hatte es für sie gebaut, als Zuflucht vor den losen Zungen und neugierigen Augen der alten Weiber, Klatschmäuler und Pharisäer, die ihr das Leben zur Hölle gemacht hatten, und in diesem Moment begriff er, dass er es wiederaufbauen, noch einmal bauen würde, als Denkmal für sie.
    Es war das mindeste, was er tun konnte - nein, das einzige, das einzig Richtige, das moralisch Korrekte -, und während er ins Dunkel starrte, in die Richtung, wo die Haupträume gewesen waren, schmiedete er bereits Pläne, sah vor der Kulisse der Nacht, wie sich das, was dem Erdboden gleichgemacht worden war, neu gestalten und mit dem Teil des Gebäudes, den die Flammen verschont hatten, verbinden ließ.
    Und auch dies war vorbestimmt, denn warum sonst hätte die Feuersbrunst vor einem Teil des Gebäudes haltmachen sollen, wenn nicht, damit er alles wiederaufbaute?
    Wenn er ehrlich war - und das war er jetzt -, war er mit der Ausrichtung der Zimmer eigentlich nie richtig zufrieden gewesen, ebensowenig wie mit dem beschränkten Platz für Gäste und Arbeiter, und dies war die Gelegenheit, das Original zu erweitern, die großzügigen Räume noch großzügiger zu gestalten, die Ausblicke umfassender und das Haus im Südwesten auszubauen, den Fuß des umgekehrten L zu verlängern, durch das sich das Haus dem Hügel anpasste, die Linienführung zu verbessern und mehr Fluss in das Ganze zu bringen* ... Er würde einen neuen Gebäudeflügel für Bedienstete und Gäste anfügen sowie einen weiteren für seine Tanten und seine Mutter, dort drüben im Westen. Das Studio vergrößern, den Hof neu konzipieren. Das Ganze intimer und zugleich weitläufiger gestalten. Er sah es vor sich, als stünde es bereits da, von Licht überflutet.
     
    * Für Wrieto-San befanden sich alle Gebäude von Taliesin im Fluss. Als er an einem windigen Nachmittag in den Dreißigern versehentlich das Hillside-Theater in Brand gesteckt hatte (Gesträuch, Kerosin, schlechtes Augenmaß), nahm er mich augenzwinkernd zur Seite und sagte, er habe schon seit Jahren einen Vorwand gesucht, den schäbigen alten Kasten zu renovieren.
     
    Die Idee ergriff völlig von ihm Besitz, und er konnte nicht mehr still sitzen bleiben, schon stürmte er durch die Dunkelheit, durch das triefnasse Gras und die ihn feucht umschmiegende Nacht den Hang hinab ins Studio, rief seinem Wachmann noch zu, es sei alles in Ordnung, alles in Ordnung. Er hatte einen Plan. Er hatte ein Motiv. Mamah, er würde es für Mamah tun. Würde keinen Aufwand scheuen. Die Details würden sich von selbst ergeben, und Taliesin II würde sich unerschütterlich aus der Asche von Taliesin I erheben, als wäre Jesajas Gott der mildeste und sanfteste Hirte, dessen Führung man sich nur anvertrauen konnte.
    Er blieb noch eine Woche dort, aß wenig, schlief noch weniger. Die Eiterbeulen platzten auf, und das Hemd klebte ihm am Rücken. Er ging in den Trümmern umher, stöberte in der Asche nach den verkohlten Überresten seiner Keramik, ritt mit wehendem Haar und flatterndem Cape über die Hügel wie eine Figur aus einem Bronte-Roman, trauerte und plante zugleich, eine unaufhaltsame Flut von Bildern im Kopf. Aber die schönsten Pläne nützten nichts ohne das nötige Kleingeld, um sie zu verwirklichen, deshalb erteilte er Billy Weston am Ende der Woche Anweisungen für die weiteren Aufräumarbeiten und fuhr nach Chicago zurück. Zu seiner Arbeit.
    Er wohnte damals in einem gemieteten Haus in der East Cedar Street 25, und nach seiner Rückkehr hielt er sich resolut seine Mutter vom Leibe (er trauere, er müsse allein sein), widerstand den Angeboten seiner Tochter Catherine (ob er denn nicht ihre Hilfe im Haushalt gebrauchen könne?) und ging zugleich wegen seiner monatlichen Unterhaltszahlungen und der Entscheidung über das Haus in der Oak Street, in dem sie zusammen ihre Kinder großgezogen hatten, gegen Kitty vor. Er hatte mehrere Projekte auf den Zeichenbrettern.* Diverse Leute stellten Forderungen an ihn. Die Mittel für den Bau von Midway Gardens waren mehr oder weniger versiegt, so dass die Arbeit kurz vor dem Abschluss ins Stocken geriet, während sich doch bereits Abend für Abend ein Publikum in dieser Stätte des Vergnügens versammelte, die förmlich danach schrie, fertiggestellt zu werden. Von der Presse musste er die Art von Schmähung hinnehmen, gegen die er mittlerweile abgehärtet zu sein glaubte - MORD IM LIEBESNEST; WILDER NEGERHÄUPTLING METZELT 7

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