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Die Frauen

Die Frauen

Titel: Die Frauen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: T.C. Boyle
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kam die Umarmung, auf die sie gewartet hatte - und ein Kuss seiner kalten, kalten Lippen.
    »Gott, wie schön, dich zu sehen, wie schön, dass du da bist - und du auch, Svet, es wird dir bestimmt hier gefallen -, aber du musst das verstehen, du weißt ja, wie die Leute hier sind, da wird nach Kräften getratscht, und die Reporter sitzen schon mit gespitzter Feder da ... du weißt, was ich durchgemacht habe -«
     
    * Der Packard? Ich weiß, dass Wrieto-San 1929 eines dieser Automobile besaß, einen Tourenwagen, den er mit nach Arizona nahm, doch ich bin mir nicht sicher, um welches Modell es sich bei diesem Wagen handelte. Vielleicht war es ja auch der Cadillac, in dem er 1926 nach Minnesota geflohen war, um der Strafverfolgung wegen Verstoßes gegen den Mann Act zu entgehen. Wrieto-San wechselte seine Automobile jedenfalls so, wie andere Menschen ihre Socken wechseln.
     
    Sie sagte nichts. Und sie konnte sich nicht vorstellen, was das alles sollte. Hatte sie ihn womöglich falsch verstanden? Nahm er gerade seine Einladung zurück? War all das Gerede von Liebe nur eine Phantasie gewesen? Sie wich seinem Blick aus und betupfte ihr Auge - ein Rußpartikel, ein Körnchen Kohlenstaub.
    »Deshalb haben wir uns eine Geschichte ausgedacht, wobei mir das alles ja eigentlich völlig egal ist, du weißt, was ich von diesen Klatschweibern halte, die sich in alles einmischen, sich das Maul zerreißen und versuchen, das Leben anderer Menschen zu kontrollieren - also, was ich sagen will: für diese Leute bist du meine neue Haushälterin.«
    Sie konnte sich einen bitteren Unterton nicht verkneifen. »Eine Serbin. Eine der vielen verarmten Immigrantinnen, meinst du wohl? Eine Putzfrau?«
    »Nur bis deine Scheidung über die Bühne ist - und ich Miriam, na ja, offiziell verlassen kann.« Svetlana saß neben ihr und tat, als wäre sie taub. Sie schlug rhythmisch mit den Füßen gegen den Sitz, vor und zurück, vor und zurück, dann begann sie ein Muster in die Eisgardine am Fenster zu ritzen.
    »Und dann«, sagte er, »dann heiraten wir, und die können sich alle zum Teufel scheren.«
    Olgivanna hätte nicht sagen können, ob ihnen irgend jemand die Schwindelei abnahm.
    Es waren immer Leute aus dem Dorf da, aus der näheren Umgebung und den umliegenden Ortschaften - aus Helena, Spring Green, Dodgeville, Arena, Arbeiter, Farmer, Frauen, die im Haushalt halfen -, und während die meisten von ihnen kaum ein Wort mit ihr persönlich redeten, hatten sie außer Hörweite zweifellos einiges zu sagen. Aber sie war die Haushälterin, das war die Sprachregelung, und wer das überpüfen wollte, konnte sie bei Wind und Wetter draußen finden, wo sie Holz für Herd und Kamin hackte, die Schweine fütterte, auf den gefrorenen Feldern das Areal abschritt, wo sie beim ersten Frühlingshauch den Gemüsegarten anlegen würde, sich mit den Gegebenheiten vertraut machte. Am Ende der ersten Woche hatte sie mehr oder weniger das Kommando übernommen, teilte den Haushaltshilfen ihre Arbeit zu und betätigte sich auch selbst in der Küche, sofern es ihr gelang, sich an Mrs. Taggertz vorbeizuschmuggeln, die jeglichem Übergriff auf ihre Domäne erbitterten Widerstand entgegensetzte - insbesondere, wenn er von einer Frau kam, deren Status Anlass zu Spekulationen gab, was immer der Hausherr über sie erzählen mochte.
    »Und der Vater Ihres Kindes«, sagte Mrs. Taggertz etwa beiläufig über die Schulter, während sie auf dem Schneidebrett Fleisch klopfte, Kuchenteig ausrollte oder zur genüsslichen Bekräftigung ihrer Autorität ein Getöse mit ihren Töpfen und Pfannen veranstaltete, »wie hieß der noch mal?« Stille. »Er ist noch in Chicago, habe ich gehört?« »Ja«, antwortete Olgivanna in der Hoffnung, es dabei belassen zu können.
    Aber Mrs. Taggertz wollte es nicht dabei belassen. Mrs. Taggertz war in Angriffsstimmung. »Und besteht irgendeine Hoffnung auf Versöhnung? Denn, also, so ein Kind braucht doch seinen Vater - besonders ein Mädchen, und besonders, wenn es in dieses gewisse Alter kommt, Sie wissen doch, was ich meine?« »Nein«, erwiderte sie, und plötzlich fiel ihr irgend etwas Dringendes ein, was im Garten oder am anderen Ende des Hauses erledigt werden musste. »Keine Hoffnung, nicht die allergeringste.«
    Und dann, in fast entschuldigendem Ton: »Leider.«
    Aber Frank liebte die Gerichte, die Olgivanna nach alten Rezepten zubereitete - nichts Extremes natürlich, aber mal etwas anderes, etwas mit Geschmack, wie er betonte - serbische

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