Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Freundin meines Sohnes

Die Freundin meines Sohnes

Titel: Die Freundin meines Sohnes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lauren Grodstein
Vom Netzwerk:
gewusst haben, dass du zu einem Arzt gehen konntest.«
    »Zu was für einem Arzt denn? Zu wem? Zu meinem Vater ? Damit er es erfährt? Damit die ganze Welt es erfährt?«
    »Die ganze Welt hätte doch nicht …«
    »Ich hatte nicht den Mut, mir Bleichmittel zu spritzen oder irgendwas von dem zu tun, wovon ich in Büchern gelesen hatte. Also hab ich mich geschlagen. Auf den Bauch. Mit den Fäusten. Bin in Zimmerecken gerannt. Hab mich die Treppe runtergestürzt, ein paarmal. Was ich nur konnte, habe ich gemacht, um eine Fehlgeburt auszulösen.«
    »Laura, du musst mir das nicht erzählen.«
    »Ich hatte am ganzen Bauch blaue Flecken. Genauso an den Oberschenkeln, weil ich ständig gegen etwas gerannt bin. Vollkommen verfärbt. Ich bin auch weiter zum Grand Union gegangen. Ich dachte, vielleicht geht das Baby dadurch ab.«
    »Laura«, sagte ich. Im Geiste sah ich meinen ältesten und besten Freund Joe vor mir. Und seine Frau Iris, Lauras Mutter.
    »Nach sechs Monaten fingen schließlich Wehen an. Ich ging in die Bücherei. Die fiel mir als Erstes ein. Ich war sicher, dass ich ein totes Kind zur Welt bringen würde, dass niemand davon erfahren musste. Ich konnte so tun, als habe das alles nicht stattgefunden. Ich konnte gar nicht glauben, dass das Ding zu schreien anfing, als es aus mir rauskam.«
    »Laura, bitte. Bitte.« Ich war verzweifelt. Wie hatte ich nur je denken können, sie sei eine vernünftige Frau. »Bitte hör auf.«
    »Keine Sorge, Dr. Pete. Ich will nichts rechtfertigen . Ich erzähle Ihnen nur, was passiert ist.«
    »Ich bin hergekommen, um über Alec zu reden.«
    »Blödsinn. Darüber wollten Sie reden. Denn davor haben Sie Angst – dass jemand, der tun konnte, was ich getan habe, zusammen mit Ihrem Sohn gesehen wird.«
    »Das habe ich nicht … Laura, ich hab’s dir schon gesagt, ich will nur, dass Alec eine Zukunft hat.«
    »Sie wollen nur, dass Alec die Zukunft hat, die Sie sich für ihn ausgedacht haben.«
    Dieses Gespräch war sinnlos. Ich überlegte, meine Jacke zu nehmen und zu gehen, tat es aber nicht. »Als ich ihm das erste Mal den Kopf eingeschlagen habe, hat es noch geweint«, sagte sie. »Ich wusste nicht, dass ich dazu fähig sein würde. Ich war in Panik, ich bin ausgerastet. Ich konnte es nicht glauben.«
    »O Gott.«
    »Ich musste es noch einmal machen, damit es aufhört.«
    Wieder saßen wir lange Minuten einfach nur da. Ich hätte mich aufraffen, hätte meine Jacke nehmen sollen. Mich zur Tür begeben sollen. Aber ich wusste in dem Moment einfach nicht, wie ich das anstellen sollte. Ich wusste nicht, wie.
    »Wenn Sie wirklich wissen wollen«, sagte sie schließlich, »warum ich Ihren Sohn so gern habe, dann deshalb, weil er mich vor dem Schlimmsten in mir selbst bewahrt. Vor meinen schlimmsten Instinkten. Es stimmt, Sie haben es offenbar ja schon herausgefunden, eigentlich will ich nicht, dass er mir um die halbe Welt hinterherrennt. Natürlich wäre es einfacher, es wäre aus tausend Gründen besser, wenn ich allein wegginge. Aber Alec bewahrt mich davor, dass ich mir selbstwehtue. Er bewahrt mich vor übermäßiger Angst. In diese Zuwendung kann ich eintauchen. Ich schwimme richtig darin. Ich mag nicht mehr darauf verzichten.«
    »Du kannst meinen Sohn nicht als Rettungsring benutzen«, sagte ich. »Er hat mehr verdient.«
    »Bevor ich wusste, wie sehr Alec mich liebt, war ich so einsam«, sagte sie. »Mein Leben führte nirgendwohin. Ich war wieder hier bei meinen Eltern, hatte keine Pläne. Meine Geschwister konnten mich nicht ausstehen. Meine eigene Mutter konnte mich nicht ausstehen. Ich bin sogar beim Grand Union gewesen«, sagte sie. »Es ist erstaunlich, dass Städte wie Round Hill sich so gar nicht verändern. Der Müllcontainer ist noch derselbe, der Gestank nach verfaulenden Lebensmitteln ist noch derselbe. Und da gibt es immer noch Jungs, die überglücklich sind, wenn sie mit dir machen dürfen, was sie wollen. Die können ihr Glück gar nicht fassen. Ich bin hinter den Laden gegangen und hab sie gesehen und gedacht, ich könnte das. Ich bin ja immer noch so einsam. Ich sehne mich immer noch nach so was wie einer Verbindung zu Menschen.« Sie stockte. »Und dann kam Alec in mein Leben und liebte mich so sehr, dass sich das Gefühl verloren hat.«
    »So kannst du meinen Sohn nicht benutzen«, sagte ich noch einmal. »Das ist nicht richtig.«
    »Ich brauche ihn in Paris bei mir«, sagte sie. »Er beschützt mich vor mir selbst.«
    »So kannst du meinen …«
    »Ein

Weitere Kostenlose Bücher