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Die Freundin meines Sohnes

Die Freundin meines Sohnes

Titel: Die Freundin meines Sohnes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lauren Grodstein
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Benutzen ist das eigentlich nicht.« Sie ging wieder ans Fenster, schob es etwas höher, damit unser Rauch abzog. Dann stand sie dort in ihrer zarten Nachtwäsche im Sonnenschein und sah mich mit verschränkten Armen an, so als fordere sie mich heraus. Aber warum mein Sohn, Laura? Warum kannst du uns nicht aus deiner traurigen Geschichte heraushalten?»Oder falls doch«, sagte sie, »gefällt es Ihrem Sohn eindeutig, benutzt zu werden.«
    »Laura …«
    »Er mag es sogar sehr, glaub ich.« Wieder lachte sie ihr rauhes, herablassendes Iris-Lachen. »Sie sollten ihn mal sehen. Er mag es. Wirklich. Genau wie am Grand Union, nur tausendmal besser, tausendmal dankbarer. Danke, Laura, das fühlt sich so gut an, Laura, du bist die Einzige, die mich versteht, Laura, vielen, vielen Dank. Du bist nicht wie meine scheiß Eltern, die bilden sich zwar ein, sie verstehen mich, aber ich hasse sie.«
    »Schluss damit. Hör auf.«
    »Mein Vater besonders, das ist so ein aufgeblasener Mistkerl, ich kann es kaum erwarten, dass ich mir seinen aufgeblasenen Mist nicht mehr anzuhören brauche …«
    »Hör auf, Laura.«
    »Ihr Sohn hasst Sie wirklich, wissen Sie das?«, sagte sie. »Es kostet ihn seine ganze Kraft, das vor Ihnen zu verbergen.«
    »Das ist nicht wahr, Laura.«
    »Entschuldigung, Dr. Pete, aber Sie urteilen über ihn und mich, und wir urteilen umgekehrt auch über Sie. So läuft das nun mal.«
    »Laura«, sagte ich. Ich sah meinen Sohn vor mir, sechs Jahre alt, seine Hand voller kleiner Muscheln. Ich sah Iris in der Küche, in einem weißen Bikini. Sah meinen Sohn, einen erwachsenen Mann, im Bett mit dieser Frau. Geräusche wie von Waschbären hinter der Wand. Hörte Laura und meinen Sohn über mich lachen, wenn sie glaubten, ich hörte sie nicht.
    »Arschlöcher wie Sie«, sagte sie und lachte wieder, »bilden sich ein, sie wüssten alles, dabei wissen Sie nicht das Geringste.«
    Da sprang es aus mir heraus. Keine Ahnung, was es waroder wo es herkam, aber es sprang aus mir heraus wie ein wildes Tier: Ich schlug ihr so fest ins Gesicht, dass ich etwas knacken hörte.
    Irgendetwas knackte. Irgendetwas ging kaputt.
    Sie schrie nicht auf, atmete nur tief durch. Wie konnte es sein, dass sie nicht aufgeschrien hatte? Was war mit dieser Frau los? Denn als ich schließlich zu ihr hochsah, floss Blut aus ihrer Nase, sickerte aus ihrem Mundwinkel. Ihre Nase war am Sattel schief. Ihre Lippen schwollen bereits an. Sie schwieg.
    Die Erinnerung an Iris’ Platzwunde.
    »Großer Gott, entschuldige …«
    »Sie haben mich geschlagen«, sagte Laura mit schwerer, belegter Stimme, hob sich ein Handgelenk an das blutende Gesicht.
    »Laura, lass mich …«
    »Sie haben mich geschlagen«, sagte sie noch einmal.
    »Schau, ich …« Hatte ich ihr den Wangenknochen gebrochen? Den Kiefer? Besaß ich soviel Kraft? Aber nein, sie sprach deutlich, ihr Kiefer war zweifellos nicht verletzt. Ihre Zähne waren alle in ihrem Mund.
    Ich ging zum Kühlschrank, suchte nach Eis, nach tiefgekühltem Gemüse.
    »Raus«, sagte sie. Ich drehte mich zu ihr um, aus ihrer Nase lief immer noch Blut, und es war auch welches an ihr Handgelenk gekommen, auf ihr Spitzentop. Gott, Nasen bluten viel stärker, als es eigentlich sein sollte. Ich nahm die Küchenrolle von der Arbeitsfläche.
    »Du solltest dir Eis …«, sagte ich, doch dann versagte mir die Stimme.
    »Wenn Sie nicht sofort gehen, rufe ich die Polizei.« Die Polizei, o nein. Die Polizei – ich bin immer so ein Feigling gewesen. Ich wollte ihr das Küchenpapier in die Hand drücken,aber sie nahm es nicht, und so fiel es zu Boden. Sie brauchte Eis.
    »Laura, es tut mir wirklich leid«, sagte ich. »Ich wollte nicht … das war nicht meine Absicht…« Aber es war meine Absicht gewesen, und es ließ sich nicht ungeschehen machen, und vielleicht freute ich mich insgeheim doch ein kleines bisschen über den Anblick des aus ihrer Nase suppenden Blutes. Vielleicht. Denn als ich die Tür öffnete, sagte sie zu mir:
    »Ich hab es mit dem Knie gemacht.«
    Das hat sie gesagt. Ich öffnete gerade die Tür und wollte gehen.
    »Nicht mit einem Hammer«, sagte sie. »Nicht mit einem Baseballschläger. Mit meinem Knie. Zweimal hab ich das Baby da draufgehauen, fest. Ich brauchte gar nicht zu überlegen«, sagte sie. »Es wundert mich, dass mein Vater Ihnen das nicht gesagt hat.«
     
    Wie ein Verbrecher – Lady Macbeth – wusch ich mir auf der Toilette eines McDonald’s in der First Avenue das Blut von den Händen. Wie

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