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Die Freundin meines Sohnes

Die Freundin meines Sohnes

Titel: Die Freundin meines Sohnes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lauren Grodstein
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Seifenablage an der Badewanne.
    »Was ist das hier, ein Calgon-Werbespot?«
    »Das Vollbad am frühen Abend ist eines der wenigenPrivilegien, die eine Hausfrau mittleren Alters genießt«, sagte sie. »Keine Sorge, das Essen steht unten schon auf dem Herd. Du verhungerst schon nicht.«
    »Riecht gut.«
    »Und warum guckst du dann so finster?« Sie legte ihr Buch zur Seite und stieg aus der Wanne. Ihre Haut war rosig von dem heißen Wasser, ihre Brustwarzen – die eine rosa, die andere, die künstliche, dunkelbraun – waren aufgerichtet. Gut, die künstliche war zwar immer aufgerichtet, aber wenn meine Frau aus dem dampfenden Bad stieg, brachte mich das sonst durchaus auf die eine oder andere Idee – aber nicht, wenn Laura Stern unten unseren Sohn anging.
    »Gibst du mal dein Weinglas rüber?«
    »Was ist denn los?« Elaine wickelte sich in ein Badetuch und zog den Stöpsel, reichte mir dann ihr Glas mit dem halbverdorbenen Irgendwas. Sie stellte alle Flaschen mit Weinresten in der Küche auf die Arbeitsplatte, um sie zum Kochen zu verwenden und hatte kein Gespür dafür, wenn ein Wein wirklich mal hinüber war.
    »Oh, Mann, das solltest du wirklich weggießen.«
    Sie zuckte mit den Achseln. »Der Rest ist in deinem Schmorbraten.«
    Ich ließ mich rückwärts aufs Bett fallen, lockerte den Schlips, kickte mir die schmutzigen Mokassins von den Füßen.
    »Laura Stern möchte ein paar Bälle mit mir werfen.«
    »Noch mal bitte?«
    »Laura Stern möchte, dass ich runterkomme und mit ihr Basketball spiele.«
    »Hmmm …« Elaine zog ihre Unterwäsche an, den kompakten weißen Büstenhalter.
    »Sie ist unten bei Alec, sie sitzen an der Haustür. Sie raucht.« Elaine hasste Rauchen.
    »Und?«
    »Und ich dachte, ich könnte sie loswerden, wenn ich sage, ich will draußen ein paar Körbe werfen, aber stattdessen sagt Laura Stern, sie möchte mitspielen. Sie hat noch nie Basketball gespielt, aber wenn sie sich was tut, will sie mich nicht verklagen.«
    »Soll das ein Witz sein? Dass sie dich nicht verklagt?«
    »Ich nehme es an.«
    »Na, dann spiel halt mit ihr.«
    Ich zog mir ein Kopfkissen über die Augen. »Elaine, was macht Laura Stern vor unserer Haustür?«
    »Scheint so, als rauche sie und warte darauf, dass du eine Runde Basketball mit ihr spielst.«
    »Bitte, sag mir, findest du es nicht merkwürdig, dass eine erwachsene Frau ihre Freizeit mit einem zwanzig Jahre alten Jungen verbringt?«
    »Nein«, sagte sie und zog sich einen verschossenen schwarzen Rollkragenpullover über. »Merkwürdig finde ich allerdings, dass du dich darüber so aufregst. Geh runter und tob dich eine Viertelstunde lang aus. Ich mach einen Salat.«
    »Mehr hast du dazu nicht zu sagen?«
    »Was sollte ich denn dazu sagen?«
    »Du findest das wirklich nicht seltsam?«
    »Pete, ruhig Blut, ja? Geh runter und wirf ein paar Körbe, sonst wirst du noch ganz verrückt und ich auch.«
    Ich mache den ganzen Tag nichts anderes, als anderen sagen, was sie essen, was sie trinken, was sie tun sollen, wenn sie Blut im Stuhl entdecken. Es tat gut, einfach mal bloß zu tun, was ein anderer sagte. Ich tauschte meine Khakihose gegen eine Shorts, schnürte meine Turnschuhe zu und holte tief Luft. Laura Stern war seit Jahren das erste Mal zu Hause, war ihrer Familie sichtlich entfremdet und auf der Suche nach einem Menschen, der nett zu ihr war. Sie war auf unseren Sohn gestoßen. Wollte ein paar Körbe werfen. Unschuldig wie ein Lamm.
    Die beiden saßen immer noch auf der Treppe und unterhielten sich wie alte Freunde. Alec machte dauernd irgendwelche Handbewegungen, und Laura hielt den Kopf so schief, dass er ihr fast auf der Schulter lag. Sie lauschte konzentriert und mit geschürzten Lippen, wie ich an ihrem Profil sah, auf das, was mein Sohn erzählte, und nickte ständig dazu. Die eine Hand hatte sie abgeknickt, eine Zigarette brannte zwischen ihren Fingerspitzen, ihr Kinn war gerunzelt. Als ich sie so betrachtete, erinnerte sie mich weniger an Iris als vielmehr an Mr. Stern senior, Joes Vater, der vor zwanzig Jahren gestorben war.
    Ich ließ die Schultern kreisen, lockerte meine Knie. Herrgott, was ist das nur, dass einen mit dreiundfünfzig immer so schnell an Vergangenes denken lässt? Immer öfter holten mich in dem Januar die Erinnerungen ein, ich fuhr zur Arbeit, sah eine alte Dame in einem leuchtenden rosa Kleid und musste beinahe rechts ranfahren, weil Tante Iz urplötzlich in dem Haus in Yonkers, in dem ich aufgewachsen bin, über das

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