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Die Frühreifen (German Edition)

Die Frühreifen (German Edition)

Titel: Die Frühreifen (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Philippe Djian
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zurückschob. Wie zu erwarten, purzelte er gleich darauf die Treppe hinunter.
    Michèle richtete ihn mit Mühe und Not wieder auf, er war leicht benommen.
    Der Teppich, über den er gestolpert war, hatte den Sturz etwas gedämpft, und unten vor der Treppe war er auf einer großen Fußmatte gelandet, aber er konnte noch keinen klaren Gedanken fassen, als er Evy in der Garage der Delacostas einholte.
    Evy wandte ihm den Rücken zu. Er stand vor einer Werkbank, die den hinteren Teil des Raums ausfüllte und über der sich Regale mit Schachteln, Töpfen, Kanistern, Dosen, Kabeln, Verlängerungsschnüren, Werkzeugen und Gläsern befanden, und er schien mit irgend etwas zu hantieren.
    Ein starker Geruch nach Waschbenzin zog durch die Luft.
    Evy war dabei, einen Lappen in den Hals einer Plastikflasche zu stecken, die den Aufdruck leicht entzündlich trug, aber es lag auf der Hand, daß man sich kaum blöder dabei anstellen konnte. Lag das an den beiden Joints, an denen sie bis zum letzten Millimeter genuckelt hatten, oder, wer kann das schon sagen, an der Wut, die er manchmal nicht unter Kontrolle hatte? Auf jeden Fall war er an diesem Abend offensichtlich nicht sehr geschickt, seine Gesten waren fieberhaft, und Benzinspritzer schillerten schon auf der Werkbank.
    Auch Andreas war ziemlich zugekifft, aber nicht völlig neben der Spur.
    »Ich bin auf die Schnauze gefallen«, erklärte er.
    Evy erwiderte nichts. Er hatte einen Schraubenzieher in der Hand und bemühte sich, damit ein Ende des Lappens in die Flasche zu schieben. Michèle beobachtete ihn mit düsterer Miene. Ein paar Jahre zuvor hatten sie noch miteinander gespielt und in Baumhütten geschlafen, damals waren sie noch kleine Kinder und hatten keine Vorstellung davon gehabt, was sie erwartete, dachte sie.
    Andreas war beeindruckt. Er zog an seinem Kragen, denn er hatte eine trockene Kehle. Normalerweise heckte er die radikalsten Aktionen aus – den Zucker in Judith Beverinis Tank, die Ratten, die sie in einem Feinkostladen in der Innenstadt ausgesetzt hatten, die fünf Kanister mit konzentriertem Waschpulver, die sie in den Swimmingpool der Zwillinge Von Dutch gekippt hatten, die Schweinegedärme bei den Fortvilles oder die Zerstörung der Duschen in Brillantmont – und daher stand er da und kratzte sich am Kopf.
    »Dieser Arsch ist noch verrückter als ich«, sagte er sich verstimmt.
    Aber all das dauerte nur eine Sekunde.
    Evy ging mit der Benzinflasche in der Hand an ihm vorbei, ohne ihn anzusehen. Andreas dachte, daß es vielleicht verkehrt gewesen war, an diesem Ort und unter diesen Umständen über Lisa zu sprechen. Wenn jemand ihn absichtlich zum Ausrasten bringen wollte, hätte er nicht anders gehandelt. Ein besseres Mittel gab es nicht.
    Andreas konnte das am besten beurteilen. Ihre Kindermädchen hatten sie beide miteinander bekannt gemacht, als sie noch sehr klein waren, und sie dann im Sandkasten allein gelassen, das schafft gemeinsame Bande, wie sie sich sagten. Daher war Andreas nicht im mindesten über die Wendung erstaunt, die die Ereignisse nahmen, er war in keiner Weise überrascht. Niemand kannte so gut wie er den Dunstkreis dieser Geschichte mit Lisa.
    Sie blieben mitten im Hof stehen. Während Evy in seinen Taschen nach Feuer suchte, starrte Andreas wie hypnotisiert auf die Schatten, die der Mond auf die Fassade der Turnhalle warf, und war völlig bezaubert von diesem Anblick. Doch dann faßte er sich wieder.
    »Du bist zu nervös, Alter. Du bist zu nervös«, flüsterte er Evy ins Ohr, während dieser hektisch am Rädchen eines Feuerzeugs drehte, das aber wegen des Luftzugs nur Funken spuckte.
    Evy warf ihm nur einen kurzen Blick zu. Er war käsebleich. Ihm schien nicht wohl zu sein. Das war manchmal das Problem mit der White Widow: Wenn man nicht gut drauf war, riß sie einen oft noch tiefer in den Sumpf, und man mußte schon ein alter Hase sein, um dem zu widerstehen, ein alter Hase, um sich nicht in ihren vielen Labyrinthen zu verirren. Andreas war völlig klar, was da ablief. Er konnte sich schon jetzt vorstellen, wie hoch die Flammen über der Turnhalle in den Himmel schlugen. Konnte die Schlagzeilen lesen, die am nächsten Tag in den Zeitungen stehen würden.
    Als es Evy gelang, den benzingetränkten Lappen anzuzünden, unterdrückte Michèle einen Schrei. Schließlich hatte sie ja die tolle Idee gehabt, bei Anaïs einzubrechen, nicht wahr? Ja, ja, aber wie sehr sie das nun bereute, was für Vorwürfe sie sich machte, jetzt, da das

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