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Die Frühreifen (German Edition)

Die Frühreifen (German Edition)

Titel: Die Frühreifen (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Philippe Djian
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oder sein Gesicht vor Rührung mit Küssen bedecken, und war daher nicht sonderlich entspannt, als er sich schließlich entschloß, ihr seine Hand anzuvertrauen.
    Laure ergriff sie mit großem Elan. Sie küßte die Hand leidenschaftlich und drückte sie an ihre Wange. Evy erinnerte sich daran, wie sie diese Szene in einem aufwendigen Fernsehfilm gespielt hatte, der zu der Zeit, als Richard zum dritten Mal aus der Klinik zurückkam, zur Prime Time gesendet wurde.
    Es schien ihr auf einmal besserzugehen. Was auch immer sie in der Hand ihres Sohn an Kraft gefunden haben mochte, auf jeden Fall hellte sich ihr Gesicht auf, und sie sagte: »Mein Junge. Mein großer Junge. Na also. Es wird schon alles gut werden, das weiß ich. Jetzt wird alles besser werden. Laß uns dafür sorgen, daß das Leben wieder erträglich wird.«
    Bei diesen Worten wechselten sie einen ungläubigen Blick.
    Dann gingen sie nach unten, um Inspektor Chose zu treffen. »Ich werde schon mit diesem Dummkopf fertig«, sagte sie zu Evy.

Inspektor Chose bewunderte Laure Trendel so sehr, daß er in ihrer Gegenwart total ins Schleudern geriet. Obwohl er sonst nie schwitzte, mußte er sich nach ein paar Minuten plötzlich die Stirn abtrocknen, nur weil sie zu ihm gesagt hatte: »Sehen Sie mir in die Augen, Inspektor…« und er getan hatte, was sie sagte. »Verdächtigen Sie vielleicht meinen Sohn?« hatte sie hinzugefügt.
    Er begann zu stammeln. Verzog vor Schmerz das Gesicht. Schwor, daß das überhaupt nicht der Fall sei. Währenddessen signierte ihm Laure ein Farbfoto, und der gute Mann spürte, wie sein Herz plötzlich rasend schnell klopfte.
    Damals hatte Laure Trendel ihm fast ein Auge ausgerissen, als er kam, um ihr mitzuteilen, daß ihre Tochter einen Unfall erlitten habe, sogar einen furchtbaren Unfall, aber er bereute nichts. Ein paar Jahre zuvor hatte er bei einer Reise nach Italien energisch die Ellbogen gebraucht und es dadurch geschafft, sich dem Papst auf knapp zehn Meter zu nähern. In Gegenwart von Laure Trendel empfand er dasselbe. Er fühlte sich sozusagen dem Himmel ein wenig näher.
    Er bebte vor Freude, nachdem sie sich von ihm verabschiedet hatten und er im Garten wieder frische Luft bekam. »Was für eine verrückte Familie«, sagte er mit strahlendem Lächeln zu sich selbst. »Mein Gott, was für eine verrückte Familie, aber was für eine Frau, was für eine traumhafte Frau.«
    Er drückte das Foto an seine Brust. Die Sterne funkelten in der Dunkelheit, die sich über den Hügel gelegt hatte. Was für ein schöner Abend. Im Gegensatz zu seinen Kollegen gab Inspektor Chose zu, daß seine Arbeit gewisse Entschädigungen mit sich brachte.
    Er ging schnell zu seinem Auto zurück. Es drängte sich geradezu auf, jetzt eine Runde zu onanieren.
    Er ließ die Autotür halb offen, um die Soße in die Büsche zu spritzen, die das Grundstück säumten. Es war, als hätte sie ihm dieses Foto eigens dafür geschenkt. Ausgezeichnet. Gleichzeitig blickte er sich nach allen Seiten um. Ausgezeichnet, ausgezeichnet.
    Anschließend kam er wieder zur Ruhe und fuhr in die Stadt hinab. Die Aufklärung von Familienangelegenheiten war immer besonders kompliziert, und im Fall Trendel war es so gut wie unmöglich zu entscheiden, ob der Junge seine Schwester umgebracht hatte oder ob es sich um einen Unfall handelte.
    Am nächsten Morgen um die Zeit, da noch glitzernder Tau auf den Zweigen lag, erklärte Gina, als sie ihre Arbeit aufnahm, daß ein Busch in der Nähe des Tors mit einer ekligen Substanz beschmutzt sei, und der Tag begann mit einem Fragezeichen.
    Der Unterricht hatte wieder begonnen. Um sieben Uhr war die Küche noch leer, und Evy frühstückte stumm und rauchte die erste Zigarette, ehe er sich mit Andreas und Michèle an der Bushaltestelle traf. In den Pausen sah er Gaby in den mit poliertem Holz getäfelten Gängen von Brillantmont oder unter den Arkaden. Er versuchte ihr einen Blick zu rauben, aber sie hielt sich an ihre Abmachung: kein Kontakt im Rahmen der Schule, nicht der geringste Kontakt, niemand brauchte zu wissen, daß sie eine Geschichte miteinander hatten, daß ein Typ aus der zehnten Klasse eine Geschichte mit einem Mädchen aus der dreizehnten Klasse hatte. Er versuchte vergeblich, diese Vereinbarung zu umgehen, aber er wußte, daß Gaby recht hatte. Gestützt auf seinen Gehstock sagte Andreas mit verzerrtem Mund zu ihm, es sei gut, schweigend zu leiden, das festige den Charakter.
    Eine ganze Menge Typen scharwenzelten um Gaby

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