Die Füchsin
körperliche Ähnlichkeit das einzige war, was die beiden gemeinsam hatten.
Er senkte den Blick auf das Brett mit den Elfenbeinsteinen und schob einen Stein über die Quadrate, wobei er sich daran erinnerte, daß das Leben im Gegensatz zu den Spielsteinen nicht in eindeutigem Schwarz und Weiß, sondern meistens in verschiedenen Nuancen von Grau gefärbt war. »Ich weiß nicht, was ich dir sagen soll«, räumte er ein. »Ein Teil von mir ist so wütend, daß ich dich auf der Stelle ohne Reue umbringen könnte, aber es ist nur ein Teil, und zwar der geringere. Ich sehe deutlich vor mir, wie es geschehen ist und wie die Sache jedem Maß und jeder Vernunft entglitten ist – Jesus Christus allein weiß, wie lange es dauern wird, bis alle verwirrten Fäden in Ordnung gebracht worden sind –, und damit meine ich nicht nur die Seidenfäden der Wandteppicharbeit meiner Frau.« Er seufzte schwer und folgte dem Muster auf dem Schachtisch mit dem Finger. »Das reicht tief hinein in den Stolz, Adam; was du getan hast, ist ungefähr dasselbe, wie der gesamten Mortimer-Familie einen verfaulten Fisch ins Gesicht zu schlagen. Bist du denn wenigstens sicher, daß deine Fakten stimmen?«
»Du warst dabei, du hast selbst die Reaktion des jungen Walisers beobachtet, als er Warrin sah, und dein Vater war bei mir, als der Junge uns die ganze Geschichte erzählte; er wird es bestätigen können. Der Waliser hat sich weder geirrt, noch hat er gelogen, darauf setze ich mein Leben.«
»Das wirst du vermutlich auch tun müssen«, erwiderte Guyon grimmig. »Ein Kampfgericht ist dir praktisch schon sicher. Warrin wird seine Verbrechen nicht eingestehen, und jetzt hat er zu allem noch einen persönlichen Grund, dich zu hassen, nicht wahr?« Er warf einen kurzen Blick über den Schachtisch auf Adam und schüttelte den Kopf. »Heulwen versteht es, sich die Männer auszusuchen – alle drei.«
Adam fühlte, wie der andere Mann gegen ihn abwehrende Feindseligkeit ausströmte. Sein Magen zog sich zusammen, doch er war nicht wirklich überrascht. Guyon hatte bemerkenswerte Ruhe an den Tag gelegt in einer Sache, die in einen Skandal auszuarten drohte und in eine ernsthafte Fehde mit der Familie von de Mortimer, die früher einmal enge Freunde und Helfer von Ravenstow gewesen waren. Hier und da, wie Dampf aus einem Topf mit Deckel, schoß noch ein Ausbruch von Zorn in die Höhe. »Glaube mir, ich wollte, ich könnte es ungeschehen machen«, sagte er.
»So weit, daß du auch deine Bitte an den König zurückziehen würdest?« fragte Guyon und zog dazu die Brauen hoch.
In Adams Augen spielte ein härteres gelbes Licht. »Nein.« Er streckte das Kinn vor. »Es tut mir leid, daß ich als erster auf ihn losgegangen bin, aber ich wußte nicht, wieviel Zeit mir zur Verfügung stand, und ich mußte Heulwen davon abhalten, daß sie sich bei de Mortimer entschuldigte.«
Eine kurze, unbehagliche Pause entstand. Schließlich sagte Guyon: »Es zerbricht Hugh de Mortimer, wenn Warrin sich als schuldig erweist.«
»Vielleicht wäre es dir lieber, wenn ich die Anschuldigung zurückzöge, Heulwen aufgäbe und mit dem nächsten Schiff nach Outremer führe!« sagte Adam mit scharfem Unterton in der Stimme, als er Guyons Unentschiedenheit spürte.
»Ja, vielleicht«, knurrte Guyon. »Aber es wäre nicht gerecht, oder?« Und dann ballte er die Faust und ließ sie auf das Schachbrett donnern, daß die Steine in die Höhe hüpften. »Mein Gott, Adam, warum hast du mich nicht um die Hand von Heulwen gebeten, bevor uns das alles wie kochender Teer ins Gesicht klatscht?«
»Weil ich wußte, daß sie mich nicht haben wollte!« erwiderte Adam bitter. »Sie will keinen Mann, der sie liebt und dessen Liebe sie erwidern kann. Sie will einen, der mit ihr einen kaltblütigen, praktischen Ehevertrag abschließt.«
Guyon schaute ihn an, und nach und nach wurde sein harter Ausdruck weicher. Er seufzte. »Kein Wunder nach der Art und Weise, wie Ralph sie behandelt hat. Sie hatte ihn so sehr geliebt, daß es sie beinahe zerbrach, als er begann, sich um andere Frauen zu kümmern.«
»Ich brauche keine anderen Frauen«, sagte Adam mit großem Nachdruck. »Ich war auch bei keiner anderen Frau, es sei denn als eine Salbe für die Wunde, sie nicht haben zu können. Ich weiß, daß wir nicht gerade den besten Anfang hatten, aber so Gott will, verbringe ich den Rest meines Lebens damit, die Fehler, die an ihr begangen wurden, wiedergutzumachen.«
Guyon stieß einen rauen Laut aus.
Weitere Kostenlose Bücher