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Die fünf Leben der Daisy West

Die fünf Leben der Daisy West

Titel: Die fünf Leben der Daisy West Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Cat Patrick
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gemeinsamen Rückfahrt von Kansas City fühle ich mich regelrecht heimisch in seinem Auto. Matt lässt den Motor an, stöpselt sein iPhone ein – vielleicht ist es auch Audreys – und dreht eilig die Lautstärke vom Anschlag auf normal runter. Ich öffne mein Fenster ein Stück weit, um frische Luft in die Lungen zu bekommen. Matt öffnet seins ebenfalls.
    Als er auf die Straße biegt, erklingen die ersten Takte des besten Songs aller Zeiten und ein Luftzug trägt den Duft von Matts Shampoo zu mir. Kombiniert mit dem frischen Geruch der Herbstluft, die noch mit der Sommerwärme spielt, ergibt sich eine Mischung, die ich am liebsten, bis kurz vor dem Ersticken, nie wieder ausatmen würde. Wieder sehe ich Matt von der Seite an und offenbar spürt er meinen Blick, denn er lächelt, obwohl er die Augen weiter auf die Straße gerichtet hat.
    Angesichts der Vollkommenheit des Augenblicks muss ich an Audrey denken und daran, dass sie Momente wie diesen wohl nie erleben wird.
    Daraufhin wächst mein Zorn auf Mason, bis mir bewusst wird, dass er nichts dafür kann.
    Das Programm ist schuld.
    »Woran denkst du?«, fragt Matt.
    Einmal mehr bin ich nahe daran, meinen Eid zu brechen und ihm vom Revive-Programm zu erzählen. Doch dann muss ich wiederdaran denken, dass Mason dieses komische Gefühl hatte, es könne etwas nicht stimmen und mich deswegen sogar nach Kansas City mitgenommen hat, und ich erinnere mich an den seltsamen Anruf bei Sydney und die Tatsache, dass Gott meinen Test vorverlegt hat. Irgendetwas ist im Busch und unsere Geheimnisse auszuplaudern, wird die Situation sicher nicht verbessern.
    »Nichts«, sage ich. »Ich finde einfach nur dieses Lied so toll.«
    Wir fahren auf einen öffentlichen Parkplatz.
    »Gut, dass du eine Jacke mitgenommen hast«, sagt Matt. »Dort, wo wir hingehen, könnte es ein bisschen windig sein.«
    »Ich bin auf alles vorbereitet«, behaupte ich. Mason und Cassie würden mir in dem Punkt wohl nicht zustimmen, denn erst jetzt fällt mir ein, dass ich den EpiPen mal wieder nicht dabeihabe. Aber was das Wetter angeht, habe ich recht.
    »Gehen wir«, sagt Matt.
    Ohne allzu lange darüber nachzudenken, nehme ich Matts Hand und gemeinsam spazieren wir erst über den Parkplatz und dann über eine breite Straße. Auf der anderen Seite sehe ich Bäume, einen Pfad und Wasser.
    »Was ist das?«, frage ich und zeige darauf.
    »Der Missouri«, antwortet Matt. »Den überqueren wir jetzt.«
    Ich beschließe, meine Sorgen vorerst zu vergessen und gehe lächelnd neben ihm auf eine Fußgängerbrücke zu, die über den Fluss führt. Selbst im Dunkeln kann ich die massiven Pfeiler deutlich erkennen, die sich aus dem Wasser erheben und hoch in den Himmel ragen. Ein festes Netz aus Kabeln ist von den Enden dieser Pfeiler gespannt, um die Konstruktion zu halten. Von der Brücke aus kann man sowohl die Lichter der Innenstadt von Omaha als auch die hellen Sterne über uns leuchten sehen. Es ist einmalig schön.
    »Ziemlich genial, oder?«, fragt Matt.
    »Ja!«, bestätige ich begeistert. »Danke, dass du mit mir hierhergekommen bist! So etwas habe ich noch nie gesehen.«
    »Echt nicht? Gibt es dort, wo du vorher gewohnt hast, keine Flüsse? Wo war das noch mal?«
    Überall , würde ich am liebsten sagen, verkneife es mir aber.
    »Frozen Hills, Michigan.«
    »Hört sich kalt an.«
    »War es auch.«
    Noch immer halten wir uns an den Händen. Ich bin fasziniert, dass es sich überhaupt nicht seltsam anfühlt. Keine verschwitzten Handflächen. Keiner von uns beiden hält den anderen zu fest oder zu locker. Unsere Hände wissen instinktiv, wie sie zusammengehören.
    »Danke auch noch mal, dass du für mich nach Kansas City gefahren bist«, sage ich. »Das war echt toll von dir.«
    Matt zuckt mit den Schultern, ohne etwas zu sagen.
    »Ich meine es ernst, Matt. Ich kenne niemand anderen, der das getan hätte.«
    »Ich bin mir sicher, dass das nicht stimmt«, entgegnet er.
    Einige Minuten gehen wir schweigend nebeneinander her. Eine frische Brise weht vom Wasser herauf und ich bekomme eine Gänsehaut. Ich würde gern meine Strickjacke zuknöpfen, aber ich möchte Matts Hand nicht loslassen. Stattdessen rücke ich ein wenig näher an ihn heran.
    »Und? Waren deine Eltern sauer, dass du aus Kansas City abgehauen bist?«, erkundigt er sich.
    »Nein, nicht wirklich«, sage ich. »Mein Vater hat es verstanden.«
    »Du erzählst nie von deiner Mutter«, bemerkt Matt.
    »Doch«, widerspreche ich. »Was willst du

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