Die fünf Leben der Daisy West
Reihe im Arcade-Fire-Konzert.
»Nicht zu fassen. Das ist praktisch wie eine Sonnenfinsternis«, sage ich angesichts des Zufalls, dass meine Lieblingsband an meinem Geburtstag in unserer Stadt spielt. »Oder wie ein Meteoriteneinschlag.«
»Absolut, es ist ziemlich cool«, sagt Matt und beobachtet die Leute beim Aufbauen.
Audrey hat tatsächlich Bear eingeladen, obwohl ich geschworen hätte, dass sie es nicht ernsthaft vorhatte. Verstohlen schaue ich zu ihnen hinüber und stimme ihr insgeheim zu. Er sieht wirklich ein bisschen aus wie Jake Gyllenhaal.
Aber so süß wie Matt ist er trotzdem nicht.
»Das ist der beste Geburtstag, den ich je hatte«, sage ich in Matts Ohr.
»Du hast es verdient«, antwortet er in meins. Er küsst mich auf den Hals und ich habe Gänsehaut von Kopf bis Fuß.
Während die Vorband zu spielen beginnt, als Bass, Schlagzeug, Gitarre und das Geschrei so laut sind, dass sie jedes Wort – und erst recht mein Flüstern – übertönen, sage ich: »Ich liebe dich.« Ich weiß, dass er es nicht hören kann, aber ich habe es ausgesprochen.
Und vorerst genügt mir das.
Dieses E-Book wurde von der "Verlagsgruppe Weltbild GmbH" generiert. ©2012
24
Am nächsten Freitag muss ich begreifen, dass nichts für immer perfekt bleibt.
Audrey geht früher von der Schule nach Hause, weil sie sich schlecht fühlt. Obwohl ich nach der vierten Stunde noch mit ihr gesprochen habe und ihr Zustand zu dem Zeitpunkt nicht besorgniserregend zu sein schien, bin ich unruhig.
Und dann streiten Matt und ich uns zum ersten Mal.
Es geschieht nach der Schule, als ich meine Sachen für einen Kurztrip nach Seattle packe. Ich begleite Mason und Cassie auf ihrer alljährlichen Reise in den Nordwesten anlässlich des Tests von Fabelfrau Megan. Tagsüber werden sie sie malträtieren, doch abends werden wir beide Zeit miteinander verbringen können. So sehr ich Matt und Audrey liebe, ich kann es kaum erwarten, Megan zu sehen. Mit jemandem zusammen zu sein, der dich schon immer kennt, hat irgendwie eine besondere Qualität. Vielleicht, weil es so mühelos ist.
Matt sitzt auf dem Bett, während ich packe.
»Ich find’s echt blöd, dass du dieses Wochenende nicht da bist«, brummt er.
»Ich weiß. Aber ich freue mich wirklich auf Megan. Wir haben uns ein ganzes Jahr nicht gesehen.«
»Ich werde dich vermissen«, sagt er mit einem zärtlichen Lächeln, das ich bis in die Zehenspitzen spüre. Ich lächele ihn ebenfalls an und wende mich dann wieder dem T-Shirt zu, das ich gerade falte. Er angelt sich ein weiteres und hilft mir beim Zusammenlegen.
»Hey, Dais?« Er sagt es wie beiläufig, doch als er auf diese Weisemeinen Namen sagt, lässt er damit die Schmetterlinge in meinem Bauch auffliegen. Ich bin hin und weg.
»Hmm?«, murmele ich und falte fröhlich weiter, als wären wir ein altes Ehepaar, das gemeinsam Wäsche legt.
»Ich wollte dich um etwas bitten.«
»Ach ja? Um was denn?«
»Um einen Gefallen.« Matt weicht meinem Blick aus, was mich seltsamerweise nicht aufmerken lässt. Zu sehr bin ich damit beschäftigt, häusliches Glück zu spielen.
»Ich tue alles für dich«, antworte ich. »Schieß los.«
Im nächsten Moment bricht mein Glück wie ein Kartenhaus zusammen.
»Ich möchte, dass du für mich Revive stiehlst.«
Zu behaupten, dass ich aus allen Wolken gefallen bin, wäre die Untertreibung des Jahrhunderts. In den letzten Wochen habe ich mich gefühlt, als hätte ich im Lotto gewonnen – völlig überraschend und ohne dass ich auch nur einen Schein abgegeben hätte. Jetzt fühle ich mich wie jemand, dem der Gewinn wieder entzogen wird, weil es sich um einen Irrtum gehandelt hat.
Mindestens drei Minuten lang sage ich gar nichts. Unter normalen Umständen würde ich so eine Situation als extrem unbehaglich empfinden, doch das ist mir im Moment egal. Zu viele Gedanken schwirren mir im Kopf herum. Vor allem eine Frage: Waren die letzten Wochen echt, in denen Matt so verliebt gewirkt hat? Oder hat er nur wegen dieses Gefallens den Gentleman gespielt?
Schließlich finde ich meine Worte wieder ... vielmehr ein einziges Wort.
»Niemals ...« Wieder versagt mir die Stimme. Matt sieht mich an, als warte er auf etwas. Als fordere er förmlich etwas. Ich bringe vier weitere Worte heraus: »Matt, ich kann nicht.«
Er erhebt sich und stellt sich so dicht vor mich, dass wir uns küssen könnten.
»Ich weiß, dass es schwierig ist, aber ich glaube, wenn du ...«
»Nein«, erwidere ich entschieden und weiche
Weitere Kostenlose Bücher