Die Fünf Tore 1 - Todeskreis
schleppen. Am Horizont war ein schmaler rosa Streifen zu erkennen. Die Sonne ging auf.
Es war vorbei.
DER MANN AUS PERU
»Die Times ?«
»Nichts.«
»Der Telegraph ?«
»Nichts.«
»Der Independent ?«
»Nichts.«
» Le Monde ?«
»Keine Ahnung – das Ding ist auf Französisch!«
»Aber irgendwo muss doch etwas stehen!«
Richard und Matt saßen am Küchentisch von Richards Wohnung in York. Beide hatten eine Schere vor sich und einen Becher Tee.
Seit ihrer Flucht aus Omega Eins war eine Woche vergangen, und beide hatten sich verändert. Matt hatte eine Narbe auf der Wange, eine Erinnerung aus dem Museum für Naturgeschichte, aber zumindest sah er jetzt weniger gehetzt und müde aus. Bei Richard zu wohnen, auszuschlafen, fernzusehen und ansonsten nichts zu tun hatte ihm offenbar gutgetan. Vor allem nachts verfolgten ihn zwar immer noch die Bilder der schrecklichen Ereignisse der Walpurgisnacht, und er wusste, dass er nie wirklich darüber hinwegkommen würde, dass er für Noahs Tod verantwortlich war, doch immer öfter gelang es ihm, die Bilder für einige Zeit aus seinem Kopf zu vertreiben.
Was Richard betraf, so konnte er immer noch nicht fassen, dass er tatsächlich überlebt hatte. Und er war überzeugt, dass er die größte Story aller Zeiten verkaufen würde. Das war nicht nur etwas für die Titelseite – diese Story schrie geradezu nach einer Sonderausgabe.
Die beiden waren umgeben von Zeitungen und Zeitschriften, die sie von der ersten bis zur letzten Seite durchgesehen hatten. Das hatten sie jetzt jeden Tag getan. Und das Ergebnis war immer dasselbe.
»Wie viele müssen wir noch lesen?«, fragte Matt.
»Ich glaube das einfach nicht«, sagte Richard. »Ich meine, irgendwo muss es doch erwähnt werden. Wie kann es mitten in Yorkshire eine Atomexplosion geben, ohne dass es jemand merkt?«
»Du hast doch den Ausschnitt aus der Yorkshire Post .«
»Na toll!« Richard zog einen kleinen Zeitungsfetzen unter dem Magneten an der Kühlschranktür hervor. »Ein zwei Zentimeter langer Absatz über ein helles Licht, das über den Wäldern von Lesser Malling beobachtet wurde. Ein helles Licht – so nennen die das! Und sie bringen es auf Seite drei neben dem Wetterbericht!«
Die letzten sieben Tage hatte Richard jede einzelne Nachrichtensendung im Radio und im Fernsehen verfolgt. Er begriff es nicht. Es war, als wäre nie etwas Außergewöhnliches passiert. Ingenieure prüften immer noch die Schäden, die am Museum entstanden waren. Dinosaurierfossilien von unschätzbarem Wert waren zerstört worden, aber niemand hatte Professor Sanjay Dravid erwähnt, dessen Leiche doch sicher längst gefunden worden war. Dasselbe galt für den Tod oder das Verschwinden von Sir Michael Marsh. Er war ein bedeutender Wissenschaftler im Dienst der Regierung gewesen und zum Ritter geschlagen worden. Und trotzdem standen in den Zeitungen keine Nachrufe, keine Bemerkungen, gar nichts. Es war, als hätte er nie existiert. Und seine Story?
Richard hatte sie in nur vierundzwanzig Stunden geschrieben. Zunächst hatte er sich auf das Nötigste beschränkt und nur eine zehnseitige grobe Zusammenfassung geschrieben. Matt hatte darauf bestanden, dass sein Name nicht erwähnt wurde. Er wusste, was er getan hatte, aber ihm war immer noch nicht klar, wie er es getan hatte … Und wenn er ehrlich war, wollte er es gar nicht wissen. Er hatte schließlich doch die Kraft gefunden, das Messer aufzuhalten und zu entkommen. Aber er erinnerte sich kaum daran. Er wusste noch, dass er auf dem Marmorblock gelegen hatte, und dann erinnerte er sich wieder daran, dass er über dem Säuretank mit Mrs Deverill gekämpft hatte. Aber alles, was dazwischen lag, war wie weggeblasen.
Es war, als hätte in dieser Zeit eine fremde Macht von ihm Besitz ergriffen und ihn ferngesteuert.
Soweit es Matt betraf, wollte er nie wieder über Jayne Deverill oder Raven’s Gate sprechen. Und er wollte ganz sicher nicht auf die Titelseiten der Zeitungen in aller Welt.
Richard hatte schließlich zugestimmt, ihm einen anderen Namen zu geben. So war es am einfachsten. Auch das FED-Programm hatte er nicht erwähnt. Das hätte es zu leicht gemacht, Matt aufzuspüren, und außerdem war das auch etwas, das Matt nicht gedruckt sehen wollte.
Das zehnseitige Manuskript hatte Richard an jede Zeitung in London geschickt. Das war vor drei Tagen gewesen. Seitdem hatten drei der Herausgeber geantwortet.
Sehr geehrter Mr Cole,
wir danken Ihnen für Ihren Artikel, der am
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