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Die fünfte Kirche

Die fünfte Kirche

Titel: Die fünfte Kirche Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Phil Rickman
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Das Glied des Teufels wurde als
lang und schmal und kalt wie Eis
beschrieben.
    «Man weiß nichts über sie», sagte Mrs.   Pottinger, «auch nicht, wo der Exorzismus stattgefunden oder wer ihn ausgeführt hat. Der Historiker Francis Payne vermutet, dass der Spruch
begraben
wurde, um der Beschwörung mehr Macht zu verleihen.»
    «Begraben?»
    «Offenbar wurde er auf dem Friedhof vergraben.»
    Betty saß still da, nickte, versuchte zu lächeln und fühlte wieder das Gewicht, das sie an dieser bestimmten Stelle des kreisförmigen Friedhofs auf sich gespürt hatte, und die Kälte im Gebäude.
    «Mrs.   Pottinger», sagte sie schnell, «was ist mit Terry Penney passiert?»
    «Na ja, er hat seine eigene Kirche zerstört – eine unverzeihliche Sünde. Er hat aufgegeben. Er hatte den Ort schon verlassen, bevor das Verbrechen auch nur entdeckt wurde. Das bisschen, was ihm gehörte, hatte er in seinem kleinen Lieferwagen.»
    «In Ihrem Brief an Major Wilshire deuten Sie an, dass es vorher schon Vandalismus gegeben hat.»
    «Habe ich das? Das waren kleinere Vorfälle. Ein Brand in einem Schuppen, den der Kirchendiener entdeckt und gelöscht hat. Und noch ein paar andere belanglose Vorfälle, so als hätte er sich langsam gesteigert.»
    «Wo ist Penney hin, nachdem er den Ort verlassen hatte?»
    «Das weiß keiner, es hat damals auch niemanden gekümmert. Abgesehen vielleicht von mir, eine Zeit lang. Aber die Kirche erhielt sehr bald Schadenersatzzahlungen, also hatte Terry vielleicht mehr Geld, als man dachte. Vielleicht war sein genügsamer Lebensstil eine Art Askese. Jedenfalls ist er einfach weggegangen – nachdem er den Prozess in Gang gesetzt hatte, der schließlich dazu führte, dass die Kirche von Old Hindwell stillgelegt wurde. Und die Gemeinde hat Terry aus ihrem kollektiven – und wunderbar selektiven – Gedächtnis gestrichen.»
    «Sie haben den Ort wirklich nicht besonders gemocht, oder?», sagte Betty unverblümt.
    «Sie können sich vielleicht vorstellen, dass ich einigen Leuten dort nicht gerade dankbar war. Wir sind 83 weggezogen. Meinem Mann ging es nicht gut, deshalb wollten wir ein paar Annehmlichkeiten etwas mehr in der Nähe haben. Das haben wir den Leuten damals jedenfalls erzählt. Und das   …» Mrs.   Pottingers Stimme klang kraftlos. «Das erzähle ich auch bis heute jedem.»
    Sie lehnte sich auf ihrem Schreibtischstuhl zurück und blinzelte Betty an, dann starrte sie sie mit großen Augen an, als würde ihr gerade etwas klar werden.
    Betty starrte zurück.
    «Sie sind wirklich eine außergewöhnliche junge Frau», sagte Mrs.   Pottinger überrascht, als hätte sie vor vielen Jahren aufgehört, junge Leute interessant zu finden. «Ich frage mich, warum ich mich genötigt fühle, Ihnen die Wahrheit zu sagen.»
    «Die Wahrheit?»
    «Sagen Sie mal», sagte Mrs.   Pottinger, «wer ist Ihr Arzt?»

28
Ein demütiges Gefäß
    Es gab keine Klingel, deshalb klopfte sie zweimal, dreimal. Sie wollte gerade aufgeben, als er an die Tür kam.
    «Ah», sagte er, «Hochwürden Watkins.» Er beugte sich über die Schwelle, offensichtlich, um die Kerzen in den Fenstern der Nachbarn zu überprüfen. «Gut.»
    Sie nahm an, er meinte die Kerzen.
    «Es tut mir leid, Sie zu stören, Mr.   Ellis   …»
    «Man hat mir gesagt, dass Sie vorbeikommen würden.» Er zuckte die Schultern. «Das akzeptiere ich.»
    «Es ist mir etwas peinlich   …»
    «Ja», sagte er, «das kann ich mir vorstellen. Wollen Sie hereinkommen?»
    Sie folgte ihm durch eine schuhkartongroße Diele, in der es nach Curry roch, in ein kleines, quadratisches Wohnzimmer, aus dem er ein Arbeitszimmer gemacht hatte. Es gab einen Schreibtisch mit Metallgestell und zwei passende Stühle. Auf einem anderen Tisch stand ein Computer, dessen Standby-Lämpchen grün und rot leuchteten, und es gab ein Gestell mit einem tragbaren Fernseher und einem Videorecorder darunter.
    «Die Kommandozentrale», sagte Nicholas Ellis, ohne zu lächeln.
    Sein Akzent klang viel amerikanischer als bei Mennas Beerdigung. Er trug ein hellgraues Kleriker-Oberteil, ein Kreuz auf der Brust und eine zerknitterte graue Freizeithose. Seine langen Haare waren lose mit einem schwarzen Band zurückgebunden. Sein Gesicht war faltenlos, wie das einer Schaufensterpuppe in einer altmodischen Schneiderei.
    Er bedeutete ihr vage, auf einem der Metallstühle Platz zu nehmen.
    «Ich habe nicht viel Zeit, tut mir leid. Ich helfe Ihnen, wenn ich kann, aber ich habe heute wirklich nicht viel

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