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Die fünfte Kirche

Die fünfte Kirche

Titel: Die fünfte Kirche Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Phil Rickman
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annehmen», erklärte er, zuerst noch freundlich. «Du musst Gott annehmen, umarme Ihn, umarme Ihn   …» Sein rechter Arm war ausgestreckt, der weite Ärmel seiner Kutte rutschte zurück. «Nimm
Ihn
an!»
    Schatten sprangen umher. Atem entwich –
«Hoh!»
–, man hörte ein Stolpern.
    Merrily sah, dass er die Frau weggestoßen hatte; sie lag nun halb auf dem Rücken und keuchte.
    «Sag es!», dröhnte Ellis.
    «Ich   … nehme Ihn an.»
    «Und entsagst du allen bösen Elementen dieser Welt, die das verderben, was Gott geschaffen hat?»
    «Ja.» Sie kam unsicher auf die Füße. Sie trug etwas Weißes, wahrscheinlich ein Nachthemd. Sie musste sehr frieren.
    «Entsagst du allen kranken und sündhaften Gelüsten, die dich von Gottes Liebe weglocken wollen?»
    Sie begann wieder zu weinen. Ihrem Londoner Akzent zufolge musste das die Frau von Greg Starkey sein, Marianne, die von Zeit zu Zeit unter Depressionen litt, die keine Nymphomanin war, aber von dem dunklen Glanz der Hexe Robin Thorogood in Versuchung geführt wurde. War es das? War das wirklich das ganze Ausmaß ihrer sogenannten Besessenheit?
    Aber, oh Gott, selbst wenn das nicht alles war, das hier war nicht richtig, das war überhaupt nicht richtig.
    «Sag es!»
    Sie schniefte.
    «Sag: ‹Hiermit entsage ich ihnen›!»
    «Hiermit ent   … ent   … hiermit entsage ich ihnen.»
    «Wünschst du also von ganzem Herzen, den lüsternen und bösartigen Geist, der wie eine Schlange in dir nistet, zu vertreiben?»
    Sie hatte ihren Kopf zurückgeworfen, als erwarte sie, wieder und wieder geschlagen zu werden.
    «Ich frage dich noch einmal   …» Freundlich. «Wünschst du es von ganzem Herzen   …?»
    «Ja!»
    «Dann leg dich hin», sagte Vater Ellis.
    Was?
Merrily kam hinter der Säule hervor. Sie sah jetzt, dass Ellis auf einen Juteteppich zeigte, der auf dem Boden ausgebreitet war. Marianne atmete ein und stellte sich auf den Teppich. Die anderen Frauen rührten sich nicht. Aber in der dunklen Türöffnung, über der ein Schild mit der Aufschrift «Toiletten» hing, nahm Merrily eine Bewegung wahr und versteckte sich wieder hinter der Säule.
    In der Tür stand ein Mann, das konnte sie beschwören.
    «Hab keine Angst», sagte Ellis.
    Er wandte sich dem Tisch zu und nahm ein weiteres Kreuz von einem weißen Tuch. Merrily sah es deutlich. Ungefähr zwanzigZentimeter lang, wahrscheinlich vergoldet. Er hob es hoch und ließ es dann wieder sinken. Eine der Frauen beugte sich vor und gab ihm etwas.
    Unwillkürlich ging Merrily näher heran. Die Frau hielt ihre Kerze für Ellis hoch. Merrily sah eine gelbe Tube, aus der ein kurzer Streifen helles Gelee auf Ellis’ Zeigefinger gedrückt wurde. Sie sah, wie er das Gelee auf das untere Ende des Kreuzes schmierte.
    Was?
    Ellis nickte. Marianne Starkey ging auf die Knie und ließ sich dann unbeholfen in die Hocke zurückfallen, das Nachthemd hielt sie auf Höhe ihrer Hüften fest.
    «Sei ganz still», sagte Ellis. «Entspanne dich.»
    Die Frau saß still. Ellis hob seinen Blick. «Oh Gott der Märtyrer, Gott der Beichtenden, wir werfen uns vor Dir nieder   …» Er sah Marianne an und wisperte: «Leg dich hin.»
    Merrily sah zu, wie Mariannes Körper auf die raue Matte sank, ihre Knie in der Luft, das Nachthemd zurückgerutscht. Ellis kniete vor ihr nieder.
    «Ich frage dich noch einmal», flüsterte er. «Ist es dein Herzenswunsch, den unreinen Geist für immer zu vertreiben?»
    «Ja.»
    «Und verstehst du, dass ein bösartiger Geist wie dieser nur durch das Portal seines Eintretens wirksam ausgetrieben werden kann?»
    «Ja   …» Marianne zögerte und ließ dann ihren Kopf mit einem dumpfen Geräusch auf den Boden fallen. «Ja.»
    Ellis betete, ein langes, rollendes Murmeln, das langsam verständlich wurde.
    «Lass den gottlosen Versucher entweichen! Verteidige deine Dienerin mit dem Symbol   …» Ellis hob das Kreuz und legte es kurz auf Mariannes Stirn. «…   Deines Namens.» Er legte das Kreuz auf ihre Brust. «Schütze ihre innerste Seele   …»
    Merrily dachte: ‹Das macht er nicht. Das kann er nicht. Nicht in Gegenwart all dieser Frauen.›
    Ellis beugte sich über Marianne. «Beherrsche   …» Dann krümmte er sich plötzlich. «…   ihre innersten Bereiche.»
    Marianne stieß einen leisen, kehligen Schrei aus, Ellis sprang auf und küsste das Kreuz, warf es auf den Tisch, und es war vorbei. Und die Frauen umarmten Marianne.
    Merrily war starr vor Entsetzen. Der Mann in der Tür war

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