Die Fünfundvierzig
als er herabgestiegen war; Joyeuse, der zuerst herabgesprungen, stieg zuletzt hinauf. In der Sekunde, als er die Wand seiner Galeere erreichte, sprengte die Flamme das Verdeck des Schiffes, das er verließ.
Dann wirbelten wie aus zwanzig Vulkanen Flammen empor; jede Barke, jede Schaluppe, jedes Boot war ein Krater; die französische Flotte schien von einem Feuerschlund beherrscht.
Es wurde Befehl gegeben, das Takelwerk abzuhauen, die Ketten zu durchbrechen, die Haken zu zerschmettern; die Matrosen stürzten in die Taue mit der Geschwindigkeit von Menschen, die überzeugt sind, daß ihre Rettung von der Eile abhängt.
Aber die Arbeit war ungeheuer; vielleicht hätte man die von den Feinden auf die französische Flotte geworfenen Haken losgemacht; doch es blieben noch die von der französischen Flotte auf die feindlichen Schiffe geworfenen.
Plötzlich hörte man ein zwanzigfaches Donnern; die französischen Schiffe zitterten in ihrem Gebälk, ächzten in ihrer Tiefe. Es waren die Kanonen, die den Damm verteidigten und, bis an die Mündung geladen und von den Antwerpenern verlassen, von selbst losgingen, wie sie das Feuer erreichte, und alles, was sich in ihrer Richtung fand, zertrümmerten. Die Flammen stiegen wie riesige Schlangen an den Masten hinauf, umschlangen die Rahen und leckten dann mit ihren spitzigen Zungen an den kupfernen Flanken der französischen Schiffe.
Joyeuse, mit seiner herrlichen mit Gold damaszierten Rüstung, glich, wie er ruhig und mit gebieterischer Stimme seine Befehle mitten unter diesen Flammen erteilte, einem fabelhaften Seeungeheuer mit Millionen von Schuppen, die bei jeder Bewegung einen Funkenstaub abschüttelten. Doch bald wurde das Gekrach heftiger, niederschmetternder; es donnerten nicht mehr die Kanonen, sondern die Pulverkammern fingen Feuer, die Schiffe selbst flogen in Trümmer.
Solange er die tödlichen Bande, die ihn mit seinen Feinden verknüpften, zu sprengen hoffte, kämpfte Joyeuse, doch er hatte keine Hoffnung mehr, daß es ihm gelingen würde; die Flamme hatte die französischen Schiffe erreicht, und bei jedem Schiffe fiel ein Feuerregen, dem Bukett eines Kunstfeuerwerks ähnlich, auf das Verdeck herab.
Nur war dieses Feuer das griechische, das unversöhnliche Feuer, das von dem, was die andern Feuer auslöscht, noch mehr entfacht wird und seine Beute bis in die Tiefe des Wassers verzehrt. Die Antwerpener Schiffe hatten beim Zerspringen die Dämme durchbrochen; aber die französischen Schiffe fielen, statt ihren Weg fortzusetzen, selbst ganz in Flammen ab und rissen einige Trümmer des zerfressenden Brandes nach, der sie mit seinen Flammenarmen gepackt hatte.
Joyeuse begriff, daß kein Kampf mehr möglich war; er befahl, alle Boote auszusetzen und am linken Ufer zu landen. Der Befehl wurde den andern Schiffen mit Hilfe eines Sprachrohres mitgeteilt; die ihn nicht hörten, hatten instinktartig denselben Gedanken. Die ganze Mannschaft wurde bis auf den letzten Matrosen eingeschifft, ehe Joyeuse das Verdeck seiner Galeere verließ. Seine Kaltblütigkeit schien jedem einzelnen Kaltblütigkeit zu verleihen; jeder von seinen Seeleuten hatte seine Axt oder seinen Entersäbel in der Faust.
Ehe Joyeuse das Ufer des Flusses erreicht hatte, sprang die Admiralsgaleere in die Luft und beleuchtete auf der einen Seite den Umriß der Stadt und aus der andern den ungeheuren Horizont des Flusses, der sich, immer weiter werdend, am Meer verlor.
Die kalvinistische Kavallerie hatte inzwischen, Wunder verrichtend, angegriffen; mit dem Schwerte ihrer Reiter öffnet sie die Haufen, unter den Hufen ihrer Pferde zermalmt sie sie; aber die verwundeten Flamländer schlitzen den Pferden mit ihren breiten Messern den Bauch auf. Trotz dieses glänzenden Kavallerieangriffs geraten die französischenReihen etwas in Unordnung, und sie behaupten sich nur noch, statt vorzurücken, während aus den Toren der Stadt unablässig frische Bataillone hervorkommen, die sich auf die Armee des Herzogs von Anjou werfen.
Plötzlich vernimmt man ein gewaltiges Geschrei fast unter den Mauern der Stadt; der Ruf: »Anjou! Anjou! Frankreich! Frankreich!« erschallt aus den Flanken der Antwerpener, und ein furchtbarer Stoß erschüttert die ganze enggeschlossene Masse.
Joyeuse ist es, der diese Bewegung verursacht; seine Matrosen sind es, die diese Schreie ausstoßen; fünfzehnhundert mit Äxten und kurzen Säbeln bewaffnete Leute fallen, von Joyeuse angeführt. Plötzlich über die Flamländer her; sie haben ihre
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