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Die Fuenfzig vom Abendblatt

Die Fuenfzig vom Abendblatt

Titel: Die Fuenfzig vom Abendblatt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alfred Weidenmann
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mit allen Wassern gewaschen „Ich kann nur wiederholen, daß ich sehr gespannt bin „Du wohnst in der Stadt, und zwar bei einem Herrn Pleschke. Er ist Redakteur und der Verlobte meiner Sekretärin. Dein Vorname kann bleiben. Aber was deinen Nachnamen betrifft, taufen wir dich um. Sonntags kannst du immer wieder in deine alte Haut schlüpfen und hierher kommen. So, und jetzt will ich mal sehen, wie lange du dazu brauchst, bis du mit eigenem Motor den Weg vom Hinterhof bis zu mir in den achten Stock geschafft hast. Vergleichen wir das ganze mal mit einem Fußballspiel. Ich bin so etwas wie dein Trainer. Zum ersten Mal lasse ich dich allein aufs Feld.“ Mr. Voss griff nach seinem Glas. „Spielbeginn morgen! Es steht noch Null zu Null! Ich trinke auf dein erstes Tor — und auf ein faires Spiel, old boy!“
    Mr. Voss stieß sein Glas an das seines Jungen und trank ihm zu.
    Harald prostete zurück. Er trank sein Glas nur zur Hälfte. Aber dafür stand er jetzt auf und gab seinem Vater die Hand. Beinahe feierlich.
    „Danke, Vater
    In diesem Augenblick kam Frau Voss in das Zimmer. Sie blieb in der offenen Tür stehen und sah ziemlich verwundert auf die Szene, die sich ihren Blicken bot.
    Aber da war Harald auch schon bei ihr und umarmte sie.
    Mit gemischten Gefühlen ließ Haralds Mutter diesen plötzlichen Ansturm über sich ergehen. Bis sie sich dann behutsam wieder frei machte.
    „Hallo, was ist los? Ich erinnere mich, daß du dich vor zwei Monaten, als ich zur Kur fuhr, noch geschämt hast, mir auf dem Bahnhof einen Kuß zu geben. Du hast damals behauptet, Jungen deines Alters wären mit ihren Gefühlen sehr zurückhaltend und küßten ihre Muttis nicht mehr. Irgend etwas stimmt nicht, mein Sohn. Ihr habt ein Geheimnis, und bestimmt wollt ihr etwas von mir.“
    Da trat Mr. Voss auf seine Frau zu und zwang sie sanft in einen der Korbsessel.
    „Das ist eine lange Geschichte, Erna — und es erscheint mir zweckmäßig, du setzt dich, bevor ich sie dir erzähle

Alibaba hält nichts von Empfehlungen

    Am Nachmittag hatten die beiden Neuen ihre Fahrtenbücher bekommen, ihre roten Abendblatt-Pullover und ihre Fahrräder. Dann war Alibaba mit ihnen zur Stadt gefahren, um ihnen zu zeigen, wo sie allabendlich ihre Zeitungen abzuliefern hätten.
    Die erste und zweite Route war für Mario und Harald die gleiche: Hotel Monopol — Havellandstraße — Großer Stern. Bei der dritten Route würden sie sich zu trennen haben. Während dann der junge Italiener im Norden zum Straßenbahnhof zu fahren hatte, lag für Harald die letzte Ablieferungsstelle Ecke Kieler- und Klopstockstraße. Dort vor den Cafes und dem Arkadia-Kino stand der Kiosk von Clemens Krüger. Alibaba hatte den neuen Zubringer vorgestellt, und dabei hatte Herr Krüger gleich den Wunsch vorgebracht, daß ihm ab sofort zweihundert Exemplare mehr zu liefern wären. Bisher hatte er allabendlich achthundert Zeitungen zugestellt bekommen. Er wolle die Zahl vollmachen, und tausend sei eine runde Summe. Es würde sich damit besser rechnen lassen. Als er das gesagt hatte, zwitscherte er, ohne daß sich irgend etwas an seinem Munde bewegt hätte, erst wie eine Meise und kurz danach täuschend ähnlich wie ein Fink. Und als jetzt ein Kunde zu bedienen war, reichte er ihm die gewünschte Zeitung, begleitet von dem süßen Flöten einer Amsel. Dabei blitzten seine Äuglein verschmitzt und fröhlich aus dem runden, rosafarbigen Gesicht.
    Diese Art, Vogelstimmen nachzuahmen, war Clemens Krügers Spezialität, und er war bekannt dafür.
    Anläßlich der neu bestellten zweihundert Zeitungen hatten die beiden Neuen dann gleich sehen können, wie ein Bestellschein ausgefüllt wurde, und Alibaba hatte dabei die Provisionssätze erklärt, die jeder Junge erhielt, wenn eine Bestellung über ihn an den Verlag kam. Er hatte dem immer noch fröhlich trillernden Krüger eine Durchschrift des neuen Auftrags überreicht, während er das Original an Harald gegeben hatte.
    „Das ist dein Kiosk — gehört also dir. Gratuliere! Hat hier kaum den Pullover an und fängt schon die ersten Kröten!“ Dabei hatte er sich grinsend wieder auf sein Rad geschwungen und war den beiden zum Verlagsgebäude vorausgeradelt.
    Dieser Harald Madelung schien nicht auf den Kopf gefallen zu sein. Alibaba mußte gestehen, daß ihm der Junge gar nicht schlecht gefiel. Wenn er ihn selbst irgendwo aufgelesen und zur Horde gebracht hätte, wäre vermutlich alles in Ordnung gewesen.
    Aber so. Wer wußte, was alles

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