Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Fuenfzig vom Abendblatt

Die Fuenfzig vom Abendblatt

Titel: Die Fuenfzig vom Abendblatt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alfred Weidenmann
Vom Netzwerk:
gegen eine Übermacht zu stehen. Aber dann, als Harald geantwortet hatte — wie es ihm dann sogar gelungen war, den rothaarigen Anführer lächerlich zu machen — , da hatte er ihn und seinen Mut bewundert. Der schien die Hilfe eines andern gar nicht nötig zu haben und auch gar nicht zu erwarten. Aber von all dem vermochte der junge Italiener jetzt, da er fast gegen seinen Willen vor Harald stand, nicht zu sprechen. Seine Lippen waren zu einem ganz schmalen Strich zusammengepreßt, und nur die Unruhe in seinen großen Augen verriet etwas von den Gedanken hinter der schmalen Stirn. Es drängte ihn, nach Haralds Hand zu fassen, aber als er dazu schon seinen Arm erhoben hatte, ließ er ihn wieder sinken. Jetzt wandte er sich plötzlich ruckartig um, rannte irgendwo ins Freie.
    „He, hallo — !“ rief Harald noch hinter ihm her.

Bertoldi wird eingekreist

    Als an diesem Abend die letzten der Jungen von ihrer dritten Runde zurück waren und ihre Fahrtenbücher abgestempelt hatten, versammelte sich die Horde in ihrem Aufenthaltsraum. Die Art, wie sie nun um Alibaba geschart zusammensaßen, war dem Bild einer handfesten Verschwörung nicht unähnlich.
    Man hatte sich entschlossen, Chefredakteur Sprinter nicht einzuweihen und ihn zu überraschen. Falls etwas schiefgehen sollte, hatte das den Vorzug, daß man die ganze Sache als Eigenmächtigkeit und „Dummenjungenstreich“ abtun konnte.
    Die Sonderveranstaltung des Nachtexpreß im Zirkus Bertoldi war für zwanzig Uhr dreißig angesetzt. Als jetzt der letzte Junge von seiner Route zurückkam, mochte es ein paar Minuten vor acht Uhr sein. Es begann schon zu dunkeln.
    Alibaba hatte eben noch mal genaue Verhaltensmaßregeln erteilt und ging jetzt von Junge zu Junge, um die Kleidung zu überprüfen. Er wollte sicher sein, daß keiner den roten Zeitungspullover anhatte beziehungsweise ihn zumindest so weit versteckt trug, daß er nicht zu erkennen war.
    Erwin Kogge hatte sich in sein bestes Ausgehzivil geworfen. Seine Eleganz war gekrönt durch einen hellen Sommerhut, den er sich ziemlich schräg aufgesetzt hatte, und durch eine hellgelbe Nelke am Rockaufschlag. Klaus Verhoven steckte wie Alibaba in dunkelblauem Drillichzeug, das sie sich in der Druckerei ausgeliehen hatten. Sam hatte ein großes Paket unter dem Arm.
    Alibaba schien mit seiner Musterung zufrieden zu sein und holte wohl schon zum fünften oder sechsten Mal ein Stück Papier aus der Tasche. Auf ihm war die Gegend der Werften und insbesondere die Umgebung des sogenannten Rummelplatzes dort am Rande der Stadt, auf dem der Zirkus Bertoldi sein Zelt aufgeschlagen hatte, genau eingezeichnet. Um die vielen Zahlen und Namen in diese Skizze einzutragen, hatte der Boß der Abendblatt-Jungen gestern und auch heute noch seine gesamte freie Zeit in der betreffenden Gegend zugebracht.
    Zum letzten Mal, wie er ausdrücklich und unter einem gewissen Grinsen der gesamten Horde versicherte, lese er jetzt nochmals die Einteilung vor.
    Dabei hatte sich auch dieses Mal nichts daran geändert. Harald sollte mit Mario und Erwin Kogge zusammen an der Dockstraße Ecke Geliertring Aufstellung nehmen. Wobei Erwin Kogge offensichtlich den beiden Neuen beigegeben war, weil man sich ihrer anscheinend noch nicht so ganz sicher fühlte.
    „Und jetzt dalli, meine Herren. Alles auf die Plätze. Es ist höchste Eisenbahn. Die Ohren steif und die Augen offen halten. Bei dicker Luft rechtzeitig verschwinden!“
    In Gruppen zu dreien und zu zweien verließ die Horde den Hof des Verlagsgebäudes. Es hatte wirklich den Anschein, als würden die Abendblatt-Jungen nach getaner Arbeit wie jeden Abend friedlich nach Hause fahren.
    In den Straßen war es mit dem Hauptverkehr schon vorbei. Vor allem die Gehwege waren beinahe leer. Bis auf die Gegend mit den Restaurants und den Kinos.
    Alibaba hatte Klaus Verhoven und noch zwei andere Jungen bei sich. Sie waren so schnell es ging vom Abendblatt-Haus zur Werftstraße geradelt. An der Kreuzung mit der Kieler Chaussee sprangen die Jungen ab. Hier war der Hauptansturm der Besucher zu erwarten, und deshalb hatte Alibaba diesen Posten auch selbst übernommen. Ohne daß ein Wort gesprochen wurde, verschwanden die Räder in einer ziemlich dunklen Toreinfahrt. Dort stand schon seit dem frühen Nachmittag ein Handwagen bereit, der voll beladen war. Klaus fing sofort mit den beiden anderen Jungen an, Stangen und Böcke an einer schlecht beleuchteten Stelle der Straße abzuladen. Alibaba aber setzte sich wieder

Weitere Kostenlose Bücher