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Die Gabe der Magie

Die Gabe der Magie

Titel: Die Gabe der Magie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kathleen Duey
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war es dann? Mit Schritten, die auf dem kalten Stein fast überhaupt
nicht zu hören waren, ging sie vorsichtig weiter. Sie wünschte sich, sie hätte
ihr Tuch bei sich, denn hier drinnen war es sogar noch kälter als draußen.
Schließlich senkte sich die Tunneldecke, und Sadima musste sich beinahe ganz
vornüberbeugen, um weitergehen zu können. Sie fühlte, wie der Stein über ihren
Rücken schabte, und erinnerte sich an die Schürfwunden auf Franklins Haut. Kein
Wunder. Er war viel größer als sie.
    Als der Gang wieder höher wurde, hielt
Sadima erneut an und hob die Laterne. Von dem Punkt aus, an dem sie stand,
wölbte sich die Decke aufwärts. Vorsichtig ging sie weiter, die Laterne vor
sich ausgestreckt.
    Hier nun handelte es sich ziemlich sicher
um eine natürliche Höhle. Es schien, als sei sie riesig. Außerdem war sie
knochentrocken und viel wärmer als der Tunnel. Erleichtert seufzte Sadima. Wenn
Somiss und Franklin tatsächlich einen Weg fanden, Nahrung herzuschaffen und den
Rauch eines ständigen Lagerfeuers nach draußen zu lenken, könnte es möglich
sein, hier zu leben.
    Sadima sah sich um. Was war in dem Sack
gewesen, und wo hatte Franklin den Inhalt gelassen? Doch sie war zu ängstlich,
um ohne Licht viel weiter zu gehen. Als sie sich umdrehte, schien es, als sei
der schmale Tunnel hinter ihr verschwunden. Es dauerte einen langen, furchtsamen
Moment, ehe sie so weit zurückgegangen war, dass das Licht der Laterne wieder
auf die Öffnung fiel.
    Sie raffte mit einer Hand ihren Rock, um
sich wieder in den Gang hineinzuducken. Da hörte sie Geflüster. Schnell hob sie
die Laterne, aber das Licht durchdrang die Finsternis nur wenig weiter als bis
zu ihrer Hand. Das Wispern setzte aus. »Wer ist da?«, fragte sie, und ihr Herz
hämmerte in ihrer Brust. Da hörte sie noch einmal Getuschel, und eine
verängstigte Stimme fragte: »Herrin? Gibt es noch mehr zu essen?«
    Sadima schritt mit offenem Mund und von
kalter Furcht erfasst voran. Tränen schossen ihr in die Augen, als sie die Stangen des Käfigs entdeckte. Dieser
war vol ler Jungen. »Wer hat euch hierhergebracht?«, presste sie
flüsternd hervor. Ohne Erfolg machte sie sich an dem eisernen Schloss der Tür
zu schaffen, bevor sie einsah, dass sie keine Möglichkeit hatte, es zu öffnen.
    »Der mit dem Eis in den Augen«, flüsterte
einer der Jungen.
    Als sie näher trat, wurde ihr von dem
Gestank, der aus dem Käfig drang, einen Moment lang übel. Irgendwo mussten die
Jungen einen Eimer für ihre Notdurft haben. »Warum hat er euch hierhergebracht?
Wisst ihr das?« Einige der Jungen schüttelten den Kopf.
    »Sie geben uns etwas zu essen«, fügte
einer von ihnen hinzu. »Aber wir müssen ruhig sein.« Darauf folgte ein
allgemeines Murmeln der Zustimmung. Wieder hob Sadima die Laterne. Der kleinste
der Jungen presste sich auf der Rückseite des Käfigs gegen die steinerne Wand.
Er hob den Kopf, und da sah sie die Narbe über seiner Kehle. O nein! Nein. Was
stellte Somiss mit diesen Kindern an?
    Zu Tode erschrocken, überwältigt und
voller Übelkeit im Magen richtete sich Sadima auf »Ich werde zurückkommen«,
versprach sie den Jungen. Dann, noch ehe einer von ihnen ein weiteres Wort
sagen konnte, drehte sie sich um und rannte davon.
    In ihrer Verzweiflung schürfte sie sich
zweimal den Rücken an dem unnachgiebigen Gestein auf. Beinahe hätte sie
vergessen, den Anzünder im Tunnel zurückzulassen. Dann riss sie die Ranken
auseinander. Als sie endlich draußen war, sog sie gierig die frische Luft ein
und holte rasch ihr Tuch. Sie wollte weinen, doch sie konnte nicht.

60
     
    FRANKLIN LIESS UNS ALLE MUSTER DURCHGEHEN.
DANN MUSSTEN WIR UNSERE GEDANKEN IN JEDEN EINZELNEN Teil unseres Körpers schieben. Unseren Penis übersprang er dabei
stets. Beim ersten Mal hatte ich noch gelächelt, als es mir auffiel. Doch jetzt
erinnerte ich mich an den Eid des Zölibats. Hatte mein Vater auch das gewusst?
    Plötzlich stand Franklin auf. »Jetzt seid
ihr ein Jahr hier«, sagte er. »Dies ist unsere letzte Unterrichtsstunde und
unsere erste. Übt weiter.«
    Dann ging er hinaus.
    Langsam erhoben wir uns alle. Die letzte
und die erste? Was um alles in der Welt meinte er damit? Ich warf Levin einen Blick
zu. Er wirkte benommen wie jeder andere von uns auch. Ein Jahr? War das möglich?
    Niemand sprach ein Wort; nicht einmal ein
Flüstern war zu hören. Als ich hinausging, sah ich mich nach Jux um, aber er
war nicht da. Ich hatte zwar keine Vorstellung, was das zu

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