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Die Gabe der Magie

Die Gabe der Magie

Titel: Die Gabe der Magie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kathleen Duey
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eine
Tür geöffnet wurde, versteifte sie sich unwillkürlich, auch wenn sie wusste,
dass Somiss sich im Haus seines Vaters befand. Franklin gähnte und blinzelte
ins Licht der Laterne, als er eintrat.
    »Ich schaffe es einfach nie, so früh wie
du aufzustehen.«
    Sadima lächelte ihn an, holte den Tee, den
sie zubereitet hatte, und wartete, bis Franklin etwas Brot und Tee zum
Frühstück zu sich genommen hatte. Dann jedoch konnte sie ihre Zunge nicht
länger im Zaum halten.
    »Hast du darüber
nachgedacht?«, fragte sie und wuss te, dass das unfair war, da er kaum richtig wach war.
    Er schüttelte den Kopf. »Sadima, wir wären
alt, ehe wir genügend Münzen zusammen hätten. Und wenn ich versuchte,
davonzulaufen, würde er mich finden.«
    Sie spürte, wie angesichts der
Endgültigkeit in seiner Stimme Zorn in ihr aufstieg. »Das weißt du doch gar
nicht«, sagte sie ruhig. »Du hast nur Angst, dass er das vielleicht nicht
einmal versuchen würde.« Im gleichen Augenblick,
da ihr die Worte rausgerutscht waren, bereu te sie sie auch schon wieder.
Franklin stand auf und brachte seinen Teller in die Küche. Als er zurückkam,
setzte er sich und begann mit den Abschriften. Sadima starrte ihn lange an und
machte sich dann selbst an ihre Arbeit.
    Die Symbole der Zigeuner waren kompliziert,
und es fiel ihr so viel leichter als Franklin, sie zu kopieren. Sie würde ihm
noch helfen, das Buch zu Ende abzuschreiben, dann würde sie ihn verlassen und zurück
nach Ferne gehen. Mattie würde sie aufnehmen, und sie würde einen Weg finden, in der Stadt selbst einen Käseladen zu eröffnen. Ohne Zweifel
würde sie häufig voller Traurigkeit und Liebe an Franklin denken. Ihm hatte sie
das Wissen zu verdanken, dass es andere Menschen wie sie auf der Welt gab. Das
war genug. Sie würde lernen, nicht auf die Gedanken der Tiere zu lauschen und
sich auf nützlichere Dinge zu konzentrieren. Und sie täte, was Micah getan
hatte: sich jemanden suchen, den sie lieben konnte.
    Ihr wurde leichter ums Herz, nun, da sie
endlich eine Entscheidung getroffen hatte. Sie arbeitete ruhig und mechanisch,
während ihre Gedanken um die Bilder des Königstages in Ferne kreisten. Sie sah
ihren Bruder vor sich, wie er mit Kindern spielte, und Laran war vielleicht
schwanger. Sie beide waren glücklich und lachten viel. Sadima musste die Augen
zusammenkneifen, um die Tränen zurückzudrängen. Es war der Königstag, und sie war nicht bei ihrer Familie. Stattdessen malte sie
Symbo le für einen Mann ab, den sie hasste, und saß einem anderen Mann
gegenüber, den sie liebte, der diese Gefühle jedoch nie erwidern würde.
    Franklin schob seinen Stuhl zurück.
    »Wie alt ist er?«,
fragte Sadima und zwang sich zu ei ner ruhigen Stimme.
    Franklin räusperte sich. »Somiss? Zwanzig.
Ein Jahr jünger als ich.«
    »Nein«, sagte Sadima gereizt. »Der König.«
    Franklin zuckte die Schultern. »Als ich
mir das letzte Mal vor drei Jahren die Prozession angesehen habe, war sein Haar
bereits weiß wie Schnee.«
    »Ich wünschte, ich könnte ihn mir
anschauen«, sagte Sadima. »Ich glaube nicht, dass irgendjemand aus Ferne ihn je
zu Gesicht bekommen hat.« Sie starrte auf Franklins gesenkten Kopf und auf
seine Hand, die den Federkiel hielt.
    Franklin schaute auf. »Sie laufen in einem
weiten Kreis rings um den Marktplatz. Wenn du Jubelschreie hörst, kannst du
dich einfach auf den Balkon stellen.«
    Sadima blinzelte und versuchte, ihn
anzulächeln. »Der König wird in unsere Nähe kommen?«
    Franklin lachte liebevoll und legte seine
Feder auf den Tisch. »Du bist so … wunderbar. Du bist so aufgeregt über die
einfachsten Dinge, und das gibt mir das Gefühl, es existiert noch Gutes in der
Welt – auch wenn ich weiß, dass Somiss da widersprechen würde.«
    Schon wieder Somiss. Sadima spürte, wie ihr
Lächeln erlosch.
    Franklin fiel das nicht auf. »Du solltest
früh zum Marktplatz hinuntergehen und mit der Menge unter den Bäumen warten.
Das macht Spaß.«
    Sadima schaute ihm in die Augen. »Komm mit
mir.«
    Er schüttelte den Kopf und deutete auf das
Buch. »Somiss will das schnell erledigt haben.«
    »Wenn wir es schaffen, den Großteil des
Buches bis zur Prozession abzuschreiben«, sagte Sadima und beugte sich so weit
zu Franklin hin, dass sich ihre Schultern berührten, »kommst du dann mit?«
    Franklin sah sie an und nickte
schließlich. Dann holte er ein zweites Tintenfass und neue Federkiele, die noch
beschnitten werden mussten. Sadima zog das Buch zu sich und

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