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Die Gärten des Mondes

Die Gärten des Mondes

Titel: Die Gärten des Mondes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Steven Erikson
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Gesicht schaut auf so manche herab - eine Hand voll vielleicht -, und hier ist ihre Karte.« Sie legte die fünfte Karte neben Oponn, so nah, dass die Kanten sich berührten. »Noch eine neutrale Karte: Die Krone. Sie steht für Wissen und Gerechtigkeit, da sie nach oben zeigt. Um sie herum die Mauern einer ansehnlichen Stadt, von blauen und grünen Gasflammen erleuchtet.« Sie überlegte einen Augenblick. »Ja, das ist Darujhistan, die letzte Freie Stadt.«
    Der Weg schloss sich, der Aufgestiegene zog sich zurück, als wäre er gelangweilt. Flickenseels Augen öffneten sich, eine unerwartete Wärme hüllte ihren müden Körper ein. »Ich kann nicht weiter in Oponns Labyrinth eindringen, Hohemagier«, sagte sie, erheitert von der Wahrheit, die in dieser Aussage verborgen lag.
    Tayschrenn stieß die Luft aus und lehnte sich zurück. »Ihr seid schon viel weiter gekommen, als es mir gelungen ist, Zauberin.« Als er sie ansah, wirkte sein Gesicht abgespannt und müde. »Ich bin beeindruckt von Eurer Quelle, auch wenn mir die Botschaft nicht unbedingt gefällt.« Er runzelte die Stirn, legte die Ellbogen auf die Knie und verschränkte die langfingrigen Hände vor dem Gesicht. »Diese sich drehende Münze mit ihrem immer währenden Echo. In all dem steckt der Humor der Narren. Selbst jetzt habe ich das Gefühl, dass wir in die Irre geführt werden. Tods Jungfrau - durchaus ein möglicher Köder.«
    Jetzt war es an Flickenseel, beeindruckt zu sein. Der Hohemagier war also ein Adept. Hatte er dann auch das Lachen gehört, das das Auslegen der Karten unterbrochen hatte? Sie hoffte es nicht. »Ihr könntet Recht haben«, sagte sie. »Das Gesicht der Jungfrau verändert sich unaufhörlich - es könnte jede sein. Doch auf Oponn oder das Seil trifft das nicht zu.« Sie nickte. »Eine Irreführung, das ist gut möglich«, sagte sie, erfreut, sich mit einem Ebenbürtigen austauschen zu können - eine Tatsache, die sie innerlich eine Grimasse schneiden ließ. Es ist immer besser, wenn Hass und Wut rein und unverfälscht bleiben.
    »Ich würde gerne Eure Vermutungen hören«, sagte Tayschrenn.
    Flickenseel zuckte zusammen, wich vor dem starren Blick des Hohemagiers zurück. Sie begann ihre Karten einzusammeln. Würde es schaden, ihm einige Erklärungen zu geben? Wenn überhaupt, wird es ihn noch mehr verwirren, als er es ohnehin schon ist. »Täuschung ist die Stärke des Schirmherrn der Assassinen. Ich habe nichts von Schattenthron selbst, seinem mutmaßlichen Herrn, gespürt. Das lässt mich vermuten, dass das Seil hier auf eigene Faust handelt. Hütet Euch vor dem Assassinen, Hohemagier, denn seine Spielchen sind noch raffinierter als die Schattenthrons. Und auch wenn die Zwillinge - Oponn - das Spiel auf ihre Art spielen, bleibt es doch immer noch dasselbe Spiel, und zwar eins, das in unserer Welt gespielt wird. Die Zwillinge des Glücks haben keine Kontrolle über das Schattenreich, und Schatten ist ein Gewirr, das dafür bekannt ist, seine Grenzen zu überschreiten. Dafür, die Regeln zu brechen.«
    »Das ist allerdings wahr«, sagte Tayschrenn und stand auf. »Die Geburt dieses Bastard-Reichs hat mir schon immer Sorgen bereitet.«
    »Es ist immer noch jung«, sagte Flickenseel. Sie nahm die Karten und schob sie in die Innentasche ihres Umhangs. »Seine endgültige Ausformung liegt noch Jahrhunderte in der Zukunft, wird vielleicht auch niemals erfolgen. Ihr erinnert Euch sicherlich an andere neue Häuser, die rasch den Tod gefunden haben.«
    »Aber dieses stinkt nach zu viel Macht.« Tayschrenn trat wieder an die Brustwehr und widmete sich der Betrachtung der Moranth- Berge. »Meine Dankbarkeit ist einiges wert«, sagte er, als Flickenseel auf die Stufen zuging, die hinab in die Stadt führten. »Das hoffe ich zumindest ... Wie dem auch sei, Zauberin, Ihr könnt ihrer sicher sein.«
    Flickenseel blieb einen Augenblick zögernd auf dem Treppenabsatz stehen, dann begann sie hinunterzusteigen. Er würde weniger großmütig sein, wenn er herausfinden sollte, dass sie ihn soeben in die Irre geführt hatte. Sie hatte die Identität der Jungfrau erraten. Ihre Gedanken kehrten zu jenem Augenblick zurück, in dem die Jungfrau erschienen war. Die Pferde, die sie unter sich hatte vorbeiziehen hören, waren keine Illusion gewesen. Elsters Trupp war gerade in die Stadt geritten, durch das Stadttor direkt unter ihr. Und Leida war bei ihnen gewesen. Alles nur ein Zufall? Vielleicht, aber daran glaubte sie nicht. Die sich drehende Münze

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