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Die Galerie der Lügen

Titel: Die Galerie der Lügen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ralf Isau
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getäuscht.«
    »Du hast das Glühen bemerkt? Wann?«, fragte sie erstaunt.
    »Nach der Gasexplosion. Als du kurz weggetreten warst.«
    »Und du auf mir gelegen hast?«
    »Ich wollte dich beschützen.«
    »Ist dir ja auch gelungen.«
    »Dieses Leuchten – wie kommt das?«
    »Man nennt so etwas Bioluminiszenz. Die Zellen meiner unteren Hautschichten stellen Luciferase her, ein Enzym. Wenn mein Körper in einer Stresssituation Hormone ausschüttet oder ich mich in eine bestimmte Stimmung versetze, kippt er ein Substrat namens Luciferin hinzu. Dann fange ich an zu leuchten.«
    »Unglaublich! Von Tieren habe ich so etwas ja schon gehört, aber…« Darwin schüttelte den Kopf.
    »Du brauchst mich nicht wie ein sprechendes Glühwürmchen anzusehen. Bioluminiszenz kommt häufiger vor, als du vielleicht annimmst. In einer Meerestiefe zwischen zweihundert und eintausend Metern leuchten rund neunzig Prozent aller Lebewesen.«
    »Das wusste ich nicht.«
    »Noch nie von Vampyroteuthis infernalis gehört?«
    »Wem, bitteschön?«
    »Dem Vampirtintenfisch.«
    Darwin hatte gerade von seinem Rotwein trinken wollen, stellte nun aber das Glas wieder zurück. »Erzähl mir jetzt nicht, du seist auch noch ein Blutsauger.«
    »Ich bin mir nicht sicher…«
    Er sah sie erschrocken an.
    Alex schmunzelte. »Keine Sorge. Ich ernähre mich vorwiegend vegetarisch. Wusstest du übrigens, dass man in einem Labor der Oregon Health Science University einen Rhesusaffen gezüchtet hat, dessen Körperzellen ebenfalls leuchten?«
    »Gezüchtet?«
    »Es war ein biotechnisches Experiment. Man hat ein Bioluminiszenzgen von Tiefseequallen mittels eines Virus in die DNA der Eizelle eingeschleust. Vorher wurde so etwas schon mit Mäusen gemacht, aber AN DI – so nannten die Forscher das Äffchen – war der erste Primat.«
    »Interessant. Kann ein Mensch sich denn so einen Virus einfangen und dadurch unabsichtlich zu einem Riesenleuchtkäfer werden?«
    »Das ist praktisch ausgeschlossen. Das Gen-Taxi wurde im Labor hergestellt. Selbst wenn es daraus entkäme…« Alex schüttelte den Kopf. Sie hatte sich dieselben Fragen schon früher gestellt und jedes Mal schnell wieder die Gedanken von sich geschoben, die sich unweigerlich in ihren Sinn drängten.
    Darwin blieb hartnäckig. »Wie bist du dann zu deiner Illumination gekommen?«
    »Das weiß ich nicht. Ich habe mir gerichtlich Einblick in meine Patientenakten erzwungen. Aber da steht nichts von Bioluminiszenz.«
    »Könnte es eine Mutation sein?«
    »Das ist extrem unwahrscheinlich. Du weißt ja, was ich von deren gestalterischer Kraft halte. Es hätten schon mehrere Veränderungen gleichzeitig stattfinden müssen, die an den passenden Stellen meines Körpers die richtigen Enzyme und die dazu kompatiblen Substrate erzeugen und das Ganze dann auch noch so verkabeln, dass ich es mit meinem Bewusstsein steuern kann – mehr oder weniger jedenfalls.«
    »Hm. Mir fällt gerade etwas ein, das ich kürzlich irgendwo gelesen habe. Während der Selbstverdoppelung der DNA soll bei jedem Lebewesen ultraviolettes Licht abgestrahlt werden.«
    »Das stimmt. Du leuchtest also auch. Aber das ist ein völlig anderer biochemischer Prozess.«
    »Im Bericht hieß es, er sei universell – wie man es bei einer gemeinsamen Abstammung aller Lebewesen aus einem Ureinzeller erwarten sollte.« Darwin schmunzelte.
    »Hast du etwa dein biologisches Wissen aufpoliert, um mich herauszufordern?«, staunte Alex.
    Er grinste. »Würde ich nie wagen. Es ging mir eher darum, mich in das › Gehirn ‹ zu versetzen. Leider geben die populärwissenschaftlichen Magazine und Bücher einem auf diesem Gebiet wenig beschlagenen Versicherungsdetektiv kaum eine Chance, alternative Modelle zur Entstehung des Lebens kennen zu lernen.«
    »Wohl wahr! Deshalb steckst du auch in der Gedankenfalle. Lass dir gesagt sein, der universelle genetische Code, den Neodarwinisten so gerne als einen der stärksten Beweise für die Evolution allen Lebens anführen, ist gar nicht so universell.«
    »Aber alle Lebewesen haben doch eine DNA.«
    »Das ist ungefähr so richtig wie die Aussage, dass alle Kriminalromane Buchstaben haben. Die weitaus meisten sogar lateinische. Trotzdem gibt es eben auch die anderen: griechische, hebräische, arabische, japanische und und und.«
    »Japanische DNA?« Darwin klang skeptisch.
    »Sozusagen. Inzwischen weiß man, dass bei etlichen Organismen Abweichungen vom so genannten › universellen Code ‹ vorkommen. Das ist ein echter

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