Die Gamant-Chroniken 01 - Das Licht von Kayan
leid.«
Sie schluckte schwer und warf Jeremiel einen gequälten Blick zu. Yosef bemerkte, daß Ornias Rachel neugierig musterte und herauszufinden versuchte, wen sie anschaute.
»Ornias hat Verdacht geschöpft«, sagte er. »Wir müssen uns beeilen.«
»Ja, in Ordnung.«
Yosef rückte die Brille zurecht. Er spürte, daß alles in Rachel danach drängte, schreiend zu Jeremiel zu laufen und um Gnade für Adom zu bitten. »Gibt es irgend etwas, das Sie Jeremiel mitteilen möchten?«
»Ja, sagen Sie ihm, daß wir zum Nordpol fliegen. Den genauen Zielort kenne ich nicht. Und sagen Sie ihm, er … er soll sich um Sybil kümmern, wenn … wenn ich nicht zurückkomme.«
»Ich werde es weitergeben. Passen Sie auf sich auf, Rachel. Wir brauchen Sie. Wir alle.« Er ging die Treppe hinab und gesellte sich zu Ari.
Rachel verharrte zögernd. Ihr Blick fiel auf Adom, der ihr winkte, sich zu beeilen. Wärme und Liebe sprachen aus seinen Augen. Sie rannte zu ihm hinab und nahm dabei immer zwei Stufen auf einmal.
Yosef wandte den Blick ab. Er konnte den gequälten Ausdruck auf ihren Zügen nicht ertragen. Die Schuldgefühle mußten wie ein Sturm in ihrem Innern toben.
»Ich weiß nicht, wie sie das schaffen soll«, flüsterte er seinem Freund zu.
Ari verzog sein faltiges Gesicht. Er betrachtete Rachel mit harten grauen Augen. »Ich hoffe nur, sie versucht es wenigstens.«
KAPITEL
37
Jeremiel schob sich langsam durch die Wachen, um näher an Rachel heranzukommen. Der Ausdruck auf ihrem Gesicht, als sie mit Yosef sprach, hatte ihn zutiefst erschüttert. Was zum Teufel war geschehen? Sie kannte den Einsatz. Sicher verstand sie doch, daß es jetzt kein Zurück mehr gab. In seinem Innern höhnte eine Stimme: Ich habe dich gewarnt, Rachel einzusetzen. Sie ist emotional viel zu schwach, um unter Druck zuverlässig zu sein.
Als er näher kam, hörte er Adom murmeln: »Rachel, du zitterst ja. Ist dir kalt?«
»J-ja.«
Jeremiel biß die Zähne zusammen. Er konnte ihr Gesicht nicht sehen, weil sie von Adom verdeckt wurde, doch ihre Stimme klang, als stünde sie vor einem völligen Zusammenbruch. Verdammt, Rachel. Das hier ist zu wichtig! Du darfst jetzt nicht umkippen!
Adom zog sie unter seinen Umhang und umarmte sie zärtlich. »Ist es so besser?«
Sie nickte und drückte seine Hand. »Ja, Adom. Komm, beeilen wir uns.«
Der Mashiah nickte Ornias zu, und der Ratsherr öffnete das große Messingtor. Sonnenlicht flutete herein und färbte die roten Marmorbögen bläulich.
»Aufstellen!« rief der Captain der Wache. Die Männer klappten ihre Visiere hinunter, während sie ihre Positionen einnahmen. Jeremiel ließ sich ans Ende der Reihe zurückfallen, um so weit wie möglich von Ornias entfernt zu sein. Dann setzte der Trupp sich in Bewegung.
»Wieso hat Neelam heute Dienst?« erkundigte sich der schwarzhaarige Soldat vor Jeremiel leise bei seinem blonden Nebenmann.
»Der Ratsherr meinte, Elaysin sei für wichtigere Aufgaben abgestellt.«
»Wichtiger als den Mashiah zu schützen? Was könnte …«
»Ich weiß es nicht, Jonqui, aber ich habe Gerüchte gehört, wonach wir angegriffen werden sollen. Vielleicht koordiniert El die Streitkräfte.«
»Angegriffen? Von wem? Ich dachte, wir hätten die Rebellen in Grund und Boden gestampft? Alle ihre Anführer sind tot. Und wir nehmen uns auch weiterhin jeden vor, der Epagaels Namen auch nur erwähnt. Also wer könnte …«
»Da ist immer noch dieser Schlachtkreuzer«, murmelte der Blonde und warf einen Blick zu Himmel. »Vergiß den nicht.«
Der Schwarzhaarige schluckte schwer und nickte. »Stimmt.«
Jeremiels Herz pochte. Wenn Tahn herausfand, daß er Ornias durch die Finger geschlüpft und zudem Kämpfe auf Horeb ausgebrochen waren, hatte er jedes Recht, mit seinen Truppen auf dem Planeten zu landen. Instinktiv legte er die Hand auf die Pistole an seinem Gürtel. Ari hatte sie ihm »geliehen«. Eine Spende für den Untergrund. Tahn. Wenn er Rudy nicht fortgeschickt hätte, wäre jetzt wenigstens einer da, auf den er sich verlassen konnte.
Jeremiel richtete seine Gedanken auf die nächsten Minuten. Er wartete auf einen Augenblick, da die Aufmerksamkeit der anderen abgelenkt war, damit er sich unbemerkt aus dem Staub machen konnte. Vielleicht irgendwo auf dem Weg zum Raumhafen?
In der Nähe der vergitterten Tore des Palastgeländes rief Ornias irgend etwas Unverständliches, und die Wachen bildeten einen unregelmäßigen Kreis um Rachel und den Mashiah. Jeremiel
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