Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Gamant-Chroniken 02 - Die Rebellen von Tikkun

Die Gamant-Chroniken 02 - Die Rebellen von Tikkun

Titel: Die Gamant-Chroniken 02 - Die Rebellen von Tikkun Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kathleen M. O'Neal
Vom Netzwerk:
Zähne zu schieben. Doch da erschlaffte der Junge, sein Kopf kippte nach hinten und die Augen starrten weit aufgerissen zur Decke.
    »Andy?« Mara schüttelte ihren Sohn sanft. »Andy!« Sie schüttelte kräftiger und unterdrückte ein Schluchzen. »Andy! O Gott, nein!«
    Jeremiel betrachtete das blasse Gesicht des Jungen, seine toten Augen, und murmelte leise: »Es tut mir leid.« Hinter ihm sog Harper scharf die Luft ein.
    »O nein, nicht mein Sohn«, schluchzte Mara. »Nicht mein einziges Kind!«
    Jeremiel hielt es nicht länger aus. Er stand auf und eilte dem Ausgang zu. Hinter sich hörte er Avel flüstern: »Wo ist Gott, Jeremiel? Wie kann er solches Leid zulassen? Wo ist Gott? Wo ist er?«
    Jeremiel holte tief Luft und sagte: »Sie haben ihn gerade gesehen, Avel – in den Augen des kleinen Jungen. Er ist tot.«
    Eine Minute lang schlängelten sie sich schweigend durch die Menschenmassen. Dann sagte Harper. »Das eben am Kom war Janowitz. Es wird noch schlimmer. Man hat eine Gruppe von Überlebenden in der Kemah Wüste entdeckt. Sie sitzen mitten im Feuersturm fest. Die meisten haben schon schwere Brandwunden davongetragen.«
    Jeremiel spürte verzweifelte Wut in sich aufsteigen. Der Moment war nicht mehr fern, da er die Suchmannschaften würde anweisen müssen, die Schwerverletzten zurückzulassen, weil ihre Überlebenschancen hier oben ebenso schlecht waren wie auf Horeb. »Informieren Sie Dr. Severns. Und bringen Sie die Shuttles auf Trab.«
    In der Nähe des Ausgangs hatte sich eine Gruppe von Menschen zusammengedrängt, die sich offenbar bewußt von den anderen Flüchtlingen abgesondert hatten. Sie waren in teure Seidengewänder gekleidet, und viele der Frauen trugen juwelenbesetzte Haarnetze, deren Schimmern an diesem Ort geradezu obszön wirkte. Augenscheinlich gehörten sie zum engeren Kreis der Mashiah-Anhänger. Waren sie es, die Ornias’ Todesschwadronen finanziert hatten, die dann gegen die Alten Gläubigen eingesetzt worden waren? Vermutlich hatten sie sich ihre Plätze gleich in einem der ersten Shuttles erkauft, die der Vernichtung entkommen waren. Jeremiel bemerkte, daß eine der Frauen weiße Spitzenhandschuhe trug, die tatsächlich noch sauber waren.
    Der Anblick dieser Gruppe erregte Übelkeit in ihm. Rücksichtslos drängte er sich zwischen den Leuten hindurch.
    »He, Sie!« rief ein großer Mann in einem grünen Seidenumhang. Er winkte Jeremiel zu, als würde er einem seiner Diener Anweisungen erteilen. »Sie sind Baruch, nicht wahr? Wann kommen wir endlich hier heraus? Wir warten schließlich schon seit Stunden.«
    »Wir müssen erst das Schiff sichern. Sobald wir …«
    »Aber wir sterben hier!« warf die fette Frau mit den weißen Handschuhen und dem rubinbesetzten Haarnetz ein. »Lassen Sie uns sofort ins Innere! Zumindest ein Teil des Schiffes muß doch inzwischen …«
    Jeremiel warf ihr einen Blick zu, der sie zum Verstummen brachte. Hilfesuchend schaute sie ihre Begleiter an. Jeremiel stand einen Moment da und starrte ihr golddurchwirktes Gewand und die Halskette aus orillianischen Diamanten an. Allein dafür könnte ich hundert neue Gewehre kaufen.
    »Avel«, erklärte Jeremiel, »geben Sie folgende Anweisung bezüglich der Kabinenbelegung weiter: Die Alten Gläubigen sollen auf jeden Fall von den übrigen getrennt bleiben. Die Tartarus-Anhänger werden auf einem gesonderten Flur untergebracht. Außerdem werden ihre Kabinen versiegelt. Sie dürfen sie auf keinen Fall verlassen können. Und sorgen Sie dafür, daß das Messepersonal sie mit Nahrung versorgt.«
    »Wollen Sie mögliche Probleme schon im Vorfeld verhindern?«
    »Ich werde jedenfalls nicht das Risiko eingehen, daß diese Menschen den Bürgerkrieg mit an Bord bringen. Wir haben schließlich schon genug Probleme, auch ohne gegen unsere eigenen Leute zu kämpfen.«
    So, wie es die Mannschaft der Hoyer macht. Die Kämpfe in den oberen Decks waren heftiger geworden, und Jeremiel hatte diese Entwicklung mit Sorge verfolgt. Der einzig positive Aspekt dabei war, daß die magistratischen Truppen sich kaum um ihn und die Flüchtlinge kümmerten, solange sie damit beschäftigt waren, sich gegenseitig an die Kehle zu gehen.
    »Harper, wann kommt Rachels Shuttle an? Irgendwie habe ich jegliches Zeitgefühl verloren.«
    »Eigentlich sollte sie schon da sein, aber mehrere Schiffe mit Verwundeten haben sich vorgedrängt. Soll ich Anweisung geben, sie bevorzugt durchzulassen?«
    »Nein. Die Verletzten kommen zuerst an Bord. Aber sagen

Weitere Kostenlose Bücher