Die Gamant-Chroniken 03 - Die Prophezeiung von Horeb
Jossel zusammen mit den anderen dort absetzen oder nicht?«
»Haben wir denn eine Wahl?«
»Ich glaube schon. Sie könnte sich als wertvolles Tauschobjekt erweisen, falls wir auf Palaia in Schwierigkeiten geraten. Glaubst du, sie wäre eher nützlich oder gefährlich, wenn wir sie mitnehmen?«
Cole umklammerte unbewußt die Decke, während er darüber nachdachte. Wenn sie genug Zeit hätten, wäre er sicher in der Lage, ihr ein gewisses Verständnis für die gamantische Sichtweise der galaktischen Politik nahezubringen. Sie besaß die nötige Intelligenz und hatte zudem gamantische Vorfahren. Natürlich durfte er nicht hoffen, sie würde den Dienst in der magistratischen Flotte aufgeben. Aber vielleicht bestand die Möglichkeit, daß sie zumindest eine gewisse Sympathie für ihre Sache entwickelte. Und immerhin ersparte er ihr auf diese Weise den sicheren Tod unter den Gehirnsonden, der sie erwartete, wenn sie auf Horeb abgesetzt wurde. »Wußtest du, daß sie eine Gamantin ist?«
Baruchs Gesicht verdüsterte sich. »Nein.«
»Zumindest zu einem Viertel – von ihrer Großmutter her.«
»Sie hat dir erzählt, daß ihre Großmutter Gamantin war? Wieso?«
»Ich weiß nicht genau. Vielleicht glaubte sie, sie würde doch sterben, und es spiele deshalb keine Rolle mehr.«
Baruch schüttelte den Kopf. »Ich würde eher vermuten, man hat ihr aufgetragen, es dir zu erzählen.«
»Wovon redest du da eigentlich?«
Jeremiel ballte die Fäuste und schob sie in die Hosentaschen. »Diese Frau hat keine Vergangenheit. Ich habe jede magistratische Akte durchsucht, um irgend etwas über ihre Eltern oder diese Großmutter herauszufinden, aber es gibt keinerlei Informationen.«
»Ihr Vater hat in der Datenverwaltung der Regierung gearbeitet. Sie sagt, er hätte alle verräterischen Daten gelöscht.«
»Das bezweifle ich«, entgegnete Jeremiel. »Vor dreißig Jahren hat Zadok Calas dort ein paar Leute eingeschleust. Alle wurden augenblicklich entdeckt und getötet, als sie sich an Daten zu schaffen machten, die Gamanten betrafen. Die Regierung überwacht die Datenverwaltung schärfer als ihre Verteidigungseinrichtungen.«
Ein taubes Gefühl machte sich in Cole breit. »Das bringt mich auf den Gedanken, daß die Magistraten diese Datenlöschungen vielleicht bewußt zugelassen haben und … verdammt, warum ist mir das nicht schon früher eingefallen … vielleicht haben die Magistraten auch etwas mit den Halluzinationen zu tun, an denen Jossel leidet.«
Jeremiel beugte sich gespannt vor. »Was für Halluzinationen?«
»Das ist eine lange Geschichte, und Jossel wird gleich hier sein. Aber vielleicht weißt du, was das Wort ›nahash‹ bedeutet?«
Jeremiel hielt den Atem an.
Amirah wanderte in ihrer gesicherten Kabine auf Deck zehn auf und ab, während sie auf das Sicherheitsteam wartete, das sie zu Tahn bringen sollte. Sie war so nervös, daß sie ein paar Plastikgläser auf den Boden warf und sie gegen die Wand trat. Das dumpfe Geräusch, mit dem sie dort aufschlugen, erleichterte sie ein wenig. Immer wieder fluchte sie über sich selbst und fragte sich, wie es so weit hatte kommen können, wie sie überhaupt in eine Situation geraten war, auf die sie keinerlei Einflußmöglichkeiten hatte. Ihr Schicksal lag völlig in der Hand ihrer Gegner! Und außerdem machte sie sich Sorgen, was mit der Sargonid geschehen war. Befand sich ihre Crew in Sicherheit? Wie wurde Jason in ihrer Abwesenheit mit dem Kommando fertig? Zweifellos ausgezeichnet, aber sie war dennoch besorgt.
Die Einrichtung ihrer Kabine beschränkte sich auf ein Bett, einen kleinen Tisch und zwei Stühle. An den Wänden hingen Holos verschiedener Schlachtszenen – Schiffe, die einander in Stücke schossen, Bodentruppen im Einsatz, und sogar ein Feuersturm war auf einem der Bilder zu sehen.
Amirah erschauerte und rückte die purpurne magistratische Kapitänsuniform zurecht, die ihr der Quartiermeister besorgt hatte. Es ärgerte sie ein wenig, daß die Rebellen den offiziellen Zuschnitt der Uniform so gut reproduzieren konnten. Selbst die kleine Aufwölbung an den Kanten der Rangabzeichen auf ihren Schultern, die erst vor acht Wochen eingeführt worden war, fehlte nicht. Woher wußten sie von solchen Einzelheiten?
Weil sie überall ihre Informanten haben, deshalb!
Eine Weile beschäftigte sie sich mit der angenehmen Vorstellung, diese Informanten zu töten, dann seufzte sie und stellte sich vor den Spiegel. Sie schnitt sich selbst eine Grimasse, weil ihre
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