Die Gamant-Chroniken 03 - Die Prophezeiung von Horeb
Ordnung. Laß jetzt mal das Navigationsprogramm durchlaufen.«
Baruch warf einen Blick auf Cole, der die über den Schirm huschenden Daten mit gerunzelter Stirn verfolgte. »Wie fühlst du dich?«
»Soweit ganz gut«, murmelte Cole, ohne den Blick vom Schirm zu nehmen.
»Du kannst immer noch aussteigen.«
»Habe ich nicht vor.«
»Doktor Kymot meint, du müßtest eigentlich noch mindestens einen Tag im Bett bleiben.«
»Wen interessiert das schon?«
»Nun, als dein vorgesetzter Offizier …«
»Versuch es erst gar nicht. Ich würde doch nur dieses Schiff klauen und allein nach Palaia fliegen.«
»Aha«, meinte Jeremiel und gab eine neue Programmsequenz ein. »Jeder magistratische Offizier, den ich kennengelernt habe, neigte irgendwie zum Diebstahl.«
»Carey eingeschlossen?« fragte Cole und bedauerte die Bemerkung im gleichen Moment, als ein Schatten über Jeremiels Gesicht huschte. »Tut mir leid.«
»Sogar Carey«, erwiderte Jeremiel. »Ihr seid euch doch in allen Dingen sehr ähnlich.«
Die letzten Daten des eingegebenen Programms liefen über den Schirm.
»Wie läuft es bei Rudy und Merle?« erkundigte sich Cole.
»Sind bald aufbruchbereit. Sie müssen nur noch drei oder vier Schiffsladungen aufnehmen. Die übrigen, etwa zweihundert, weigern sich zu gehen.«
»Was? Wer will nicht gehen?« fragte Cole ungläubig.
»Vor allem die älteren. Es gibt ein paar, deren Familien schon seit zwanzig Generationen hier leben. Horeb ist ihre Heimat. Wir lassen ihnen ausreichend Lebensmittel da, und wir haben ihnen eindringlich klargemacht, daß sie auf sich allein gestellt sind, wenn die Magistraten auftauchen.«
Cole holte tief Luft. Mindestens ein halbes Dutzend Kreuzer würden hier auftauchen. »Ich hoffe, sie schaffen es.«
»Ich auch. Aber wir müssen uns in erster Linie um die Leute kümmern, die nach Shyr wollen.«
»Rudy und Merle müssen sich darum kümmern. Wir beide werden uns hauptsächlich damit beschäftigten, die nächste Woche zu überleben.«
»Ich gebe uns eine Chance von hundert zu eins.«
»Tatsächlich?« rief Cole. »Du bist ja sehr optimistisch. Ich dachte eigentlich, Rudy hätte mit seiner Schätzung von zehn zu eins eher recht.«
»Du bist eben Pessimist«, meinte Jeremiel.
Cole wandte seine Aufmerksamkeit wieder dem Bildschirm zu. Alles schien perfekt zu sein. Aber da Baruch den Jäger selbst programmiert hatte, war das auch nicht anders zu erwarten gewesen.
»Gute Arbeit, Jeremiel.«
»Danke, daß du mir bei der Überprüfung geholfen hast. Jetzt gibt es nur noch ein Problem, um das wir uns kümmern müssen.«
»Jossel. Willst du sie herbringen, oder soll ich das übernehmen?«
Cole schluckte schwer. Amirahs Anfälle schienen schlimmer zu werden. Selbst unter der Sedierung schlug sie um sich, als wäre sie von einem Dämon besessen. In den letzten vierundzwanzig Stunden hatte er sie sechsmal besucht, und jedesmal hatte ihr Anblick ihn mehr geschmerzt. »Ich mache das. Gib mir eine halbe Stunde …«
Das grüne Licht am Funkgerät blinkte auf. Jeremiel runzelte die Stirn und drückte auf den Knopf. »Jäger Yesod. Baruch hier.«
Elis Stimme drang aus dem Gerät. »Commander, schalten Sie bitte den Schirm ein. Wir bekommen gerade eine Meldung.«
Der Bildschirm flammte auf und zeigte einen kleinen alten Mann mit einer Brille auf der Nase. Cole und Jeremiel erkannten das Gesicht im gleichen Moment. »Was, zum Teufel, ist das jetzt wieder?« murmelte Baruch. »Yosef? Wo stecken Sie?«
Calas neigte den Kopf und grinste fröhlich. »Guten Abend, Jeremiel. Sie sehen gut aus. Wir befinden uns an Bord eines Kreuzers namens Sargonid. Wir haben den Maschinenraum besetzt, aber wir wissen nicht, ob wir uns hier lange genug halten können, um …«
»Auf der Sargonid?« Baruchs Mund stand für einige Sekunden offen. »Wer ist bei Ihnen, Yosef?«
»Wir halten den Chefingenieur, er heißt Rad, und zwei seiner Techniker als Geiseln.«
»Frag ihn, wer ›wir‹ ist«, meinte Cole. »Und ob Mikael und Sybil auch dort sind.«
»Yosef, wo sind Mikael und Sybil? Nach unseren Informationen müßten sie …«
»O ja.« Yosef strahlte. »Sie sind hier bei mir. Sybil geht es schon viel besser, und Mikael möchte mit Ihnen reden.«
Ein schwarzhaariger Mann tauchte auf dem Schirm auf. Obwohl Tahn ihn seit einem Dutzend Jahren nicht mehr gesehen hatte, erkannte er ihn doch sofort wieder.
»Jeremiel?« sagte Mikael. »Sie glauben gar nicht, wie froh ich bin, Sie zu sehen. Wir stecken in
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