Die Gamant-Chroniken 03 - Die Prophezeiung von Horeb
über das blutbedeckte Schlachtfeld. Die meisten seiner Soldaten hatten sich bereits wieder in die schützenden Höhlen zurückgezogen, doch ein paar beherztere waren noch geblieben, um Gewehre und Energieladungen einzusammeln.
Aber wo war Arikha?
Emon stürmte auf die nächste Öffnung im Boden zu und drängte sich rücksichtslos zwischen den Soldaten hindurch. »Arikha? Du da«, wandte er sich an einen der Männer, »hast du Anpin gesehen? Wo ist sie?«
Der Mann starrte ihn mit aufgerissenen Augen an. »Ich habe sie hier nicht gesehen.«
Emon wirbelte herum und riß die Arme hoch. »Beeilung! Wir müssen sie suchen! Schnell!«
Die Menschen um ihn herum setzten sich in Bewegung und durchsuchten das Labyrinth.
Arikha beobachtete, wie die Sonne über den Hörnern des Kalbs von Palaia aufging. Der Anblick erschien ihr wie eine Verheißung.
Rings um sie lagen Hunderte von Leichen, und der stechende Geruch giclasianischen Blutes erfüllte die Luft. Von ihrem Platz aus konnte sie das Gesicht der Bestie erkennen, die vor ein paar Stunden auf sie geschossen hatte. Selbst im Tod schien das blaue Monster sie noch anzugrinsen.
Arikha wußte, daß sie schwer verletzt war. Offenbar hatte der Schuß ihre Wirbelsäule getroffen, denn sie konnte die Beine nicht bewegen.
Aber das machte nichts. Sie …
»Da ist eine!« rief eine giclasianische Stimme.
Arikha drehte mühsam den Kopf und sah eine große blaue Bestie auf sich zukommen. Der rubinrote Mund des Aliens wirkte im Morgenlicht besonders abstoßend.
Neben dem Giclasianer tauchte eine menschliche Gestalt auf. Arikha hätte ihn auch ohne seine Generalsuniform jederzeit an seinen limonengrünen Augen wiedererkannt. Sie nahm alle Kraft zusammen und spie ihn an.
»Ja«, bemerkte der General, »das ist sie. Bringt sie nach Palaia. Creighton und Mundus warten schon auf sie.«
Arikha verlor das Bewußtsein, als sie spürte, wie kalte Alienhände sie packten.
KAPITEL
45
Nathan stand im Schatten des grauen Turms von Phaesel. Drei vollständige Legionen bronzegerüsteter Reiter paradierten auf dem Platz und beschimpften die Menschenmenge, die sich dort versammelt hatte. Nathan hielt die rechte Hand unter der Tunika verborgen, wo sie den Griff seines Messers umklammerte. An diesem Tag – an diesem brennendheißen vierzehnten Nisan – würde sich das Schicksal von Yisroel entscheiden.
Mindestens tausend Menschen drängten sich auf dem Praetorium. Zwanzig Fuß von Nathan entfernt verdeckte ein purpurner Vorhang die Tür des Turmes. Gleich daneben war ein Gerüst aufgebaut, auf dem die Verhandlung stattfinden sollte, wegen der all die Menschen herbeigeströmt waren.
Nathan zitterte am ganzen Körper vor Angst. Er schaute sich um und prägte sich ein, wo die übrigen Zeloten standen. Insgesamt waren sie zwölf, und sie umstanden in einem lockeren Kreis die Menge. Die meisten seiner Kameraden hatten sich lässig gegen die steinernen Mauern gelehnt und scherzten mit irgendwelchen Leuten in der Menge.
Nathan nickte jedem einzelnen von ihnen unauffällig zu. Yeshwah, ihr Anführer, war gestern festgenommen und wegen Mordes an einem römischen Centurio verurteilt worden. Doch heute würde Herodes Antipas, der neue Prokurator, der den ermordeten Lucius Pontius ersetzen sollte, eine Wahl treffen. Es war ein alter Brauch, am Vorabend des Pesach einen verurteilten Verbrecher freizulassen.
Darauf warteten Nathan und seine Freunde. Sollte Antipas die falsche Wahl treffen, wollten sie notfalls jeden umbringen, der sie daran hinderte, Yesu zu befreien.
»Bitte, Adonai«, betete Nathan leise, »laß Herodes Yeshwah freigeben, damit wir hier verschwinden können. Ich hasse diese romanisierte Stadt.«
Die Menge murmelte erbost, als Yohannan ben Zakkai, ein Mitglied der Sanhedrin, hochmütig den Platz betrat. Er trug ein schneeweißes Gewand, und sein Haar war hinten im Nacken zu einem Knoten zusammengebunden.
Wachen zerrten zwei Männer hinter ihm her – Ben Panthera, den Bastard eines römischen Soldaten, und Yeshwah. Yesu war schwer mißhandelt worden. Sein rechtes Auge war blau verfärbt, und in seinen Haaren hing verkrustetes Blut. Yeshwah ließ den Blick über die Menge schweifen. Ein erleichtertes Lächeln umspielte seine Lippen, als er die Freunde entdeckte.
An diesem Tag, dem Vorabend des Pesach, traf man auf den Straßen keinen einzigen frommen Menschen an. Sie alle befanden sich daheim, opferten Lämmer und bereiteten sich auf die Feierlichkeiten vor, die
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