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Die Gamant-Chroniken 03 - Die Prophezeiung von Horeb

Die Gamant-Chroniken 03 - Die Prophezeiung von Horeb

Titel: Die Gamant-Chroniken 03 - Die Prophezeiung von Horeb Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kathleen M. O'Neal
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bei Einbruch der Nacht beginnen würden. Nur der Abschaum trieb sich auf diesem sonnendurchglühten Hof herum: griechischsprechende Syrer, ein paar Kanaaniten und Idumäer und hier und dort auch ein abtrünniger Yehudim.
    Ben Zakkai, dieses Schwein, kniete auf dem Gerüst und wartete. Wenige Augenblicke später drängte sich die fette Gestalt Herodes’ durch den purpurnen Vorhang, der die Tür verbarg. Ein Raunen ging durch die Menge. Neben Herodes schritt ein großer, sehr dünner Mann. Nathan erkannte ihn. Es war Caius Jamaeus, Herodes’ Übersetzer. Antipas bestieg das Gerüst und warf einen Blick über die Menge.
    »Sei gegrüßt, großer Epitropos!« rief Ben Zakkai. »Ich überreiche dir hier die Anklageschrift gegen Yeshwah ben Yosef, der gotteslästerlicherweise der Mashiah genannt wird.«
    Lautes Murren ging durch die Menge; hier und da wurden Fäuste geschüttelt. Herodes ließ sich auf seinen Stuhl sinken, und nahm die Schriftrolle entgegen und gab den Centurios verärgert einen Wink. Sofort trieben die Soldaten ihre Pferde vorwärts, schwangen die Schwerter und forderten die Menge zum Schweigen auf.
    Ruhe kehrte wieder auf dem Platz ein. Herodes sagte etwas Unverständliches zu seinem Übersetzer. Jamaeus nahm die Schriftrolle und las sie laut vor. Yeshwah ben Yosef, auch bekannt als Ben Panthera, wurde darin des Aufruhrs angeklagt, der Aufhetzung gegen Rom, sowie des Hochverrats, da er von sich selbst behaupte, ein König zu sein.
    Wieder erhob sich Gemurmel auf dem Platz, und Herodes erhob die Hand, bis es wieder ruhig wurde. Dann rief er: »Ihr! Ja ihr, Gottes auserwählte Bastarde«, er kicherte geringschätzig, »seht euch diese Männer an.« Er deutete auf die beiden Gefangenen.
    Aller Augen richteten sich auf Yeshwah und Ben Panthera. Panthera erwiderte den Blick mit milder Gelassenheit, als würde er ihnen allen vergeben, daß sie ihn zum Tode verurteilen wollten.
    Herodes hob die Schriftrolle und rief: »Nun entscheidet, wen ich freigeben soll – Yeshwah ben Yosef, auch Ben Panthera genannt, der sich als Mashiah und König bezeichnet, oder Yeshwah Bar Abbas?«
    »Wir wollen Bar Abbas!« schrie die Menge. »Bar Abbas! Bar Abbas! Bar Abbas!«
    Nathan wischte sich erleichtert den Schweiß von der Stirn und schaute sich nach seinen Gefährten um. Sie hielten sich jetzt ganz in der Nähe des Gerüstes auf, jederzeit bereit, auf die Plattform zu springen und ihren Freund zu befreien.
    Obwohl den ganzen Tag über die Sonne geschienen hatte, zogen plötzlich Wolken auf und verdunkelten den Himmel. Nathan warf einen unbehaglichen Blick nach oben. Es kam ihm fast so vor, als würde Gott höchstpersönlich dieses Schauspiel beobachten.
    Wieder erklang Herodes’ schrille Stimme. »Und was soll mit jenem Verrückten geschehen, der sich als Mashiah bezeichnet?«
    Die Menge tobte. »Kreuziget ihn! Kreuziget ihn!«
    Herodes’ ausgestreckte Hand zitterte, und in seinen Augen zeigte sich plötzliche Angst. Nathan schüttelte verwirrt den Kopf, als er einen dunklen Schatten bemerkte, der drohend hinter Herodes aufragte und sich immer weiter ausdehnte. Nathan umklammerte sein Messer und wich einen Schritt zurück. Doch dann bemerkte er, daß niemand außer ihm den Schatten zu sehen schien! Niemand schrie, niemand deutete darauf.
    Herodes’ Hand hing wie festgefroren in der Luft, während der Mann den Kopf neigte, als lausche er jemandem. Was ging dort vor?
    Der Schatten stieg über Herodes’ Kopf empor, bewegte sich auf die Menge zu und schien Nathan für einen Moment zu umschließen. Für einen Augenblick glaubte Nathan, Liebe und Besorgnis zu spüren. Dann war die Erscheinung verschwunden.
    Herodes sprang auf und schwankte wie ein Betrunkener. Er starrte Ben Panthera an. »Bist du ein König?« rief er.
    Panthera betrachtete ihn milde. »Das hast du gesagt.«
    Herodes trat unsicher einen Schritt vor. »Was soll das heißen?« Er deutete auf die Meute. »Die dort behaupten das, nicht ich!«
    Ben Panthera neigte schweigend den Kopf.
    Herodes wandte sich an Yeshwah. »Bist du ein König?«
    Yeshwah verzog keine Miene, als er antwortete. »Nein.«
    »Bist du der Mashiah?«
    »Jeder, der die Wahrheit erkennt, ist ein Mashiah.«
    Herodes warf den Kopf in den Nacken und lachte. »Willst du damit sagen, ein jeder könne zum Boten des Herrn werden?«
    Yeshwah richtete sich unmerklich auf. »O ja. Jeder, und sei es auch der Niedrigste.«
    Herodes’ Lachen verging. Er strich sich über den Bart und fragte leise:

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