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Die Gang: Roman (German Edition)

Die Gang: Roman (German Edition)

Titel: Die Gang: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Laymon
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schwankte, die Fußstütze stieß gegen sie und schwang dann wieder zurück, weg von ihr. Robin schaukelte hin und her. Langsam zog sie sich höher, bis sich ihr blutendes Handgelenk vor ihren Augen befand. Dann kam sie zu ihren Fingern, die sich fest um das Armband schlossen; ihre andere Hand war in das rechte Armband der Handschelle gequetscht. Sie kämpfte sich weiter nach oben. Ihre Augen waren Zentimeter von der Verbindungskette entfernt. Höher. Hinauf zum Sicherheitsbügel. Hinauf, bis der Bügel auf gleicher Höhe mit ihrem Kinn war. Und was nun?
    Ihre Armmuskeln brannten. Sie biss die Zähne zusammen. Schweiß rannte ihr in die Augen. Schweiß oder Blut lief an ihren Seiten hinunter und wurde von der Seeluft gekühlt.
    LOS JETZT!
    Robin griff mit der rechten Hand nach dem Sicherheitsbügel, ließ die Handschelle los und hielt sich dann auch mit der linken fest. Sie schob den Kopf nach vorn und klemmte den Sicherheitsbügel unter ihr Kinn.
    Die plötzlichen Bewegungen ließen die Gondel schaukeln. Die Fußstütze schlug gegen ihre Kniekehlen.
    Sie hing am Bügel und zog die Beine an. Als die Fußstütze wieder nach vorne schaukelte, kam sie an ihren Fußsohlen vorbei. Sie warf sich nach hinten und fiel auf den Sitz. Die Gondel hüpfte wie verrückt, als wollte sie sie hinauswerfen. Sie streckte sich aus, rammte die Fersen gegen die Fußstütze aus Metall, drückte sich fest auf den Sitz und griff nach den Armlehnen der Gondel.
    Bald schaukelte sie nur noch sanft.
    Robin ließ die Armlehnen los und stellte die Füße nebeneinander. Ein paar Sekunden lang saß sie einfach nur da, zitterte und schnappte nach Luft.
    Ich habe es geschafft.
    Mein Gott, ich habe es geschafft!
    Mit Daumen und Zeigefinger ihrer rechten Hand packte sie den Kopf der Stecknadel und zog sie schnell aus ihrer Brust. Der Wind erfasste die Karte und ließ sie in die Nacht hinausfliegen. Robin warf die Nadel hinterher. Das Loch fühlte sich wund an und juckte. Auf merkwürdige Weise störte es sie mehr als ihre anderen Wunden. Das waren ernsthafte Verletzungen, aber diese hier nervte. Sie rieb mit dem Handballen darüber.
    Als sie sich besser fühlte, hörte sie mit dem Reiben auf und zog die Handschelle ab. Sie ließ sie auf den Sitz fallen und bewegte die Hände. Obwohl sie sich noch ein bisschen taub anfühlten, zirkulierte das Blut jetzt besser. Ihre Finger kribbelten, als wären sie eingeschlafen gewesen.
    Ein kalter Windstoß traf sie. Sie biss die Zähne zusammen, legte die Arme über die Brust, nahm jeweils eine Brust in eine warme Hand und presste die Beine zusammen.
    Jetzt muss ich nur noch fürchten, hier oben zu erfrieren.
    Plötzlich erinnerte sie sich an die drei Trolle irgendwo da unten.
    Entsetzen stieg in ihr auf. Sie können mich nicht erwischen, sagte sie sich. Wenn sie das Rad bewegen könnten, hätten sie das bereits getan.
    Vielleicht verstecken sie sich nur, bis die Bullen …
    Die Bullen!
    Robin drehte sich langsam nach vorne und hielt sich am Sicherheitsbügel fest. Sie blickte seitlich an der Gondel hinab. Der Bereich nahe dem Haupteingang von Funland war verlassen. Sie konnte die gesamte Promenade übersehen. Die Planken sahen im Mondlicht grau wie Treibholz aus. Die Schatten waren schwarze Flecken. Vielleicht war der Pfiff des Jungen falscher Alarm gewesen.
    Vielleicht hat er Bullen gesehen, die aber in eine andere Richtung unterwegs waren. Lass ihnen Zeit, sagte sie sich.
    Es schien zwar ewig her zu sein, seit der Junge gepfiffen hatte, aber wahrscheinlich waren nicht mehr als zwei oder drei Minuten vergangen.
    Sie könnten immer noch auftauchen.
    Gerade als sie daran dachte, kam eine dunkle Gestalt aus dem Schatten des Eingangstors. Robin hielt den Atem an und seufzte dann enttäuscht.
    Das war kein Polizist, sondern ein verdammter Troll. Er schlurfte herum, vornübergebeugt wie eine alte Hexe, in eine Decke gewickelt, die ihren Kopf bedeckte. Moment mal!
    Das Mädchen, das die anderen warnte – sie hatte gesagt, dass ihre Schwester eine Polizistin sei, die sich als Troll verkleiden wollte.
    Das ist sie!
    Robin rutschte vor, auf die Kante der Sitzbank, lehnte sich, so weit sie es wagen konnte, aus der Gondel und winkte und schrie.
    In der Mitte der Promenade drehte sich Joan langsam um. Niemand zu sehen.
    Wo, zum Teufel, sind sie?
    Jemand musste doch hier sein. Sie hatte die Trillerpfeife gehört. Und vor dem Tor stand das Auto mit laufendem Motor.
    Wir hätten unsere Zeit nicht mit dem Auto verschwenden sollen,

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