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Die Gang: Roman (German Edition)

Die Gang: Roman (German Edition)

Titel: Die Gang: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Laymon
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ausstehen.«
    »Spielverderber. Okay, lassen wir’s. Sehen wir uns Macbeth an. Ich gehe irgendwann mal zur Promenade, wenn du Unterricht hast. Vielleicht lerne ich einen netten Seemann kennen.«
    Harold fuhr nach Funland.

7
    Der Altersschätzer sagte: »Dreiundzwanzig.« Joan zeigte ihren Führerschein, um zu beweisen, dass sie schon siebenundzwanzig Jahre alt war, und er gab ihr einen Radiergummi in der Form eines Dinosauriers.
    Sie versuchte, Harold dazu zu bewegen, sein Alter ebenfalls raten zu lassen. Er sagte: »Damit würden wir nur unser Glück herausfordern.«
    Wenn man seinen zurückweichenden Haaransatz in Betracht zog und die Art, wie sein Bäuchlein sich aus dem offenen Sportmantel vorschob, hätte er eine gute Gewinnchance gehabt. Der Altersschätzer hätte ihn wohl eher bei vierzig angesetzt als bei vierunddreißig. Harold, der wegen seines Aussehens sehr befangen war, wollte sich vermutlich die Peinlichkeit ersparen.
    Sie gingen die Promenade entlang.
    Joan war seit dem letzten Sommer nicht mehr außerhalb der Dienstzeiten hier gewesen. Es sah in der Dunkelheit so viel fröhlicher aus. Die Spielbuden waren hell erleuchtet, die Namen der Fahrgeschäfte mit Neonlicht geschrieben, überall hingen Girlanden mit vielfarbigen Glühbirnen. Der vertraute Geruch nach Zuckerwatte, Popcorn, Hotdogs, Pommes frites, Maschinenöl, Parfüm und Rasierwasser und nach Ozean war eindringlicher und verlockender als am Tag. Die Menschenmenge war größer. Sie spürte eine Aura von Geheimnis und Erwartung.
    So ist es jede Nacht, dachte sie. Und ich habe es bisher verpasst.
    Wenn Harold doch nur die Atmosphäre dieses Ortes erfassen könnte …
    »Was möchtest du tun?«, fragte sie.
    »Ich nehme an, es ist zu spät für Macbeth .«
    »Es muss hier doch etwas geben, was dir Spaß macht. Wie wäre es mit dem Flower-Swing?«, fragte sie und blieb stehen, um zuzusehen, wie die Leute aus den überdachten Wagen kletterten. Mädchen lachten, Paare hielten sich aneinander fest und stolperten. »Komm«, sagte sie. »Es gibt keine Warteschlange. Wir können gleich rein.«
    »Geh du nur. Ich bleibe hier und sehe zu.«
    »O ja, das wird wahnsinnig Spaß machen.«
    »Nein, geh doch. Ich bestehe darauf. Ich will dir dein Vergnügen nicht verderben.«
    Joan zuckte die Schultern. »Vielleicht später. Gehen wir weiter.« Sie nahm seinen Arm und zog ihn weg. »Wir werden etwas finden, was dir gefällt.«
    »Wahrscheinlich am Sankt-Nimmerleins-Tag.«
    Sie sah die alte Frau mit der Sockenpuppe, die sich offensichtlich den ganzen Tag lang nicht von der Stelle bewegt hatte. Ihre Socke zeigte nach vorn und »sprach« mit den Leuten, die das Pech hatten, ihr nahe genug zu kommen. Joan fühlte sich versucht, Harold in ihre Richtung zu schieben.
    Immerhin hatte er heute Abend Macbeth sehen wollen, und die Alte war bestimmt auch eine Hexe.
    Aber das wäre grausam gewesen.
    Sie erinnerte sich daran, wie die Sockenpuppe sich Daves Bein geschnappt hatte, und musste lachen.
    »Was ist?«, fragte Harold.
    »Eine meiner Lieblingspennerinnen.« Sie nickte zu der Frau hin.
    Harold sah sie an. »Ich kann nichts besonders Amüsantes an ihr erkennen.«
    »Ihre Puppe hat heute an Daves Bein geknabbert.«
    »Hast du Glorias Artikel über die Trolljäger gelesen?«
    »Sie hat ziemlich dick aufgetragen.«
    »Ich finde, sie hat gute Arbeit geleistet.«
    »Sie sollte mal von ihrem hohen Ross runterkommen. Komplizen, was für ein Schwachsinn. Der typische Tränendrüsen-Scheiß. Wir sind alle schuld?« Sie hob einen Arm und zeigte auf die hoch oben liegenden Schienen des steilsten Gefälles an der Achterbahn. »Dave und ich, wir haben unseren Hals riskiert, um diesen heruntergekommenen Kerl zu retten, über den sie schwafelte. Wenn einer von uns ausgerutscht wäre, wäre er jetzt platt. Erzähl mir nichts von Komplizen. Sie weiß genau, was wir getan haben. Aber hat sie etwas davon in ihrer Tirade erwähnt? Nicht die Bohne. Es ging ihr nur darum, die ganze Stadt – und uns Bullen dazu – so darzustellen, als wären wir auf der Seite der Trolljäger. Hat uns sogar einen Fanklub dieser Bande genannt. Ich verstehe nicht, wie sie Dave ins Gesicht sehen kann, nachdem sie diesen Mist geschrieben hat.«
    Sie ließ Harolds Hand los, ging hinüber zu den Bazookas und gab dem Mann hinter dem Schalter Geld. Er füllte das Gerät mit fünf Tennisbällen. Joan lud durch, zielte und feuerte. Der erste Tennisball schoss heraus, zischte fünfzehn Meter weit und traf knallend die

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