Die Gauklerin von Buchhorn: Historischer Roman (German Edition)
Pfaffe nickte. »Das ist eine gute Idee. Womöglich wird das die Gemüter etwas beruhigen. Es gibt derzeit zu viel Hass in Buchhorn. Vielleicht sollten wir einen Boten nach Konstanz schicken. Zum Grafen und zum Fürstbischof. Die sollten Rat wissen.«
»Vielleicht. Aber erst einmal hätte ich selbst gern noch ein paar Fragen beantwortet.« Gerald blickte ins Leere, schließlich riss er sich zusammen. »Und dann brauchen wir einen neuen Fronboten. Damit diese Sache endlich zu Ende gebracht wird! Ich habe das Richtschwert dabei!«
»Aber er hat recht«, sagte Fridrun leise und wechselte einen Blick mit dem Pfaffen. »Reinmars Tod hat alles verändert. Der Graf wird wissen wollen, ob Wulfhard wirklich für den Tod seines Verwalters verantwortlich ist.«
Gerald schüttelte ungeduldig den Kopf. »Unsinn! Der Mord zeigt nur, dass dieses Schwein auch im Gefängnis gefährlich ist.«
»Hoffentlich hast du recht, Gerald.«
»Bestimmt!« Er wollte seine Frau auf die Wange küssen, aber sie entzog sich ihm.
IV
»Es liegt bei Gott, zu vergeben! Gottgefällig ist es, wenn wir unsere schwachen menschlichen Kräfte für Recht und Gerechtigkeit einsetzen. Aufwiegelei und Rachsucht jedoch ist Gott ein Gräuel, und die, die den Hass im Herzen tragen, können nicht von sich sagen, dass sie Gottes Werk tun.« Der Pfaffe machte eine bedeutsame Pause, und einen Herzschlag lang glaubte Gerald, die ernsten braunen Augen auf sich zu spüren. Allerdings bemerkte er auch, dass er nicht der Einzige war, der sich von den Worten getroffen fühlte. Dietger rutschte auf seinem Sitz hin und her, während Rigbert noch immer ins Leere starrte, als suche er in der Maserung der dunklen Holzwände Antworten.
»Und deshalb«, rief der Pfaffe, indem er beschwörend die Arme ausbreitete, »will ich, dass ihr eure Herzen prüft, ob ihr nicht zu jenen Verblendeten gehört. Bedenkt, wer von euch die Hand gegen Wulfhard erhebt, ohne von der Gemeinschaft beauftragt worden zu sein, ist ein Mörder und lädt schwere Sünde auf sein Haupt. Da mit Reinmar der Fronbote gestorben ist, bestimmt jetzt einen Mann, der seine Nachfolge antreten soll. Er muss gottesfürchtig und gesetzestreu sein und sich nicht von blindem Eifer leiten lassen.« Wieder machte er eine Pause. Als er fortfuhr, klang seine Stimme sehr ernst: »Auch nicht den Spielleuten gegenüber, die derzeit am Dorfrand ihr Lager aufgeschlagen haben. Ja, ich sehe es euch an, dass ihr sie am liebsten wieder fortjagen wollt. Sie sind nicht sesshaft, sie haben kein Haus, sie üben kein ehrenvolles Handwerk aus, und doch sind sie Gottes Kinder wie ihr!«
Leise anschwellendes Raunen erfüllte die Kirche, als der Pfaffe geendet hatte. Hannes beugte sich zu Gerald und raunte ihm zu: »Schau dir mal Dietger an. Der platzt gleich vor Wut. Fronbote wird der nur über meine Leiche!«
Gerald nickte nur. Er legte den Kopf in den Nacken und betrachtete die Decke. Die Dachgiebel wirkten stabil genug, um eine Glocke zu tragen, zumal das Mittelschiff von festen Querbalken aus Eiche verstärkt wurde, aber ob sie auch eine geschmiedete Glocke aushielten, bezweifelte er.
»Es müsste ein richtiger Glockenturm gebaut werden, am besten aus Stein, genau da, hinter dem großen Kreuz.«
Hannes warf ihm einen schrägen Blick zu. »Wovon faselst du da?«
»Ich habe mich mit dem Pfaffen neulich darüber unterhalten, dass immer mehr Kirchen aus Stein gebaut werden und eine Glocke haben. Er dachte …«
»Vergiss das jetzt!«, fuhr Hannes empört auf. »Hier geht es nicht um eine Glocke, hier geht es um Wulfhard. Du hast doch selbst gesagt, dass du ihn tot sehen möchtest. Also …« Er gab dem Schmied einen Stoß in die Rippen.
»Ich bin nicht der richtige Mann für das Amt des Fronboten. Du hast selbst gehört, was der Pfaffe gesagt hat. Wir dürfen nicht aus Rachsucht töten. Und alles, woran ich denken kann, wenn ich dieses Schwein sehe, sind die blutigen Leichen meiner Eltern. Ich darf das Amt nicht annehmen.«
»Aber du wärst der richtige Mann für uns. Wer soll es denn sonst machen? Dietger etwa?« Hannes verzog spöttisch den Mund.
In diesem Augenblick hob Rigbert den Kopf. »Ich würde einer Wahl des Schmieds zustimmen«, sagte er laut. Das Gemurmel verebbte. Da er sich der allgemeinen Aufmerksamkeit sicher war, huschte ein Abglanz seines alten Grinsens über sein strenges Gesicht. »Natürlich weiß ich nicht, ob Ihr ein Schwert nur zu schmieden, nicht aber zu führen wisst. Kriegserprobt seid Ihr ja
Weitere Kostenlose Bücher