Die Gauklerin von Buchhorn: Historischer Roman (German Edition)
sind, stimmt’s, Eberhard?«
»Beachtet ihn gar nicht«, raunte der junge Kriegsknecht dem Offizier zu, aber der verzerrte wütend den Mund.
»Auf die Ratschläge eines Bauernlümmels verzichte ich!«
»Ich bin kein Bauer, ich stehe in Diensten des Grafen von Buchhorn!«
»Na und? Dann wühlst du eben in seinem Dreck herum!«
Eberhard schwieg verunsichert. Er konnte sich die plötzliche Wut des Mannes nicht erklären. Insgeheim bewunderte er ihn sogar für sein selbstsicheres, herrisches Auftreten. »Darf ich noch eine Frage stellen?«, bat er schüchtern.
Der Offizier knurrte.
»Wart Ihr im Krieg?«
Der Mann fuhr so heftig herum, dass er beinahe die Zügel verrissen hätte. Das Pferd tänzelte. »Was willst du damit andeuten, Bursche?«
»Gar nichts«, stammelte Eberhard. »Ich wollte doch nur …«
Die Ketten rasselten, während Wulfhard sich schwankend auf die Füße stemmte. »Oh Eberhard, mein Lebensretter, ich fürchte, das war die falsche Frage. Nicht jeder Schwabe hat gegen die Ungarn gekämpft. Ich würde einiges darauf verwetten, dass dieser brave Kriegsmann sich mit seinem Herrn Burchard gegen unseren verehrten König gestellt hat. Deswegen weiß er auch so genau, wie ein beeindruckender Verräter aussieht. Vor nicht allzu langer Zeit war er selbst noch einer. Heute allerdings tafelt Burchard als Herzog von Schwaben mit den Großen des Reiches. Mir macht das Hoffnung, du solltest allerdings besser den Mund halten und unseren Freund nicht weiter reizen.«
»Hör auf den Kettenhund, Bursche!«, presste der Offizier mit hochrotem Kopf heraus.
Eberhard ließ die Schultern hängen und richtete seine Aufmerksamkeit wieder auf seine Umgebung. Die Straße mündete auf den großen Kirchplatz mit dem steinernen Münster, und daneben erhob sich der Sitz des Bischofs, der in diesen Tagen den König beherbergte. Zwei schwer bewaffnete blonde Hünen hielten vor dem Tor Wache.
Bei ihrem Anblick vergaß Eberhard seinen Vorsatz zu schweigen. »Sind das Sachsen?«, rief er und reckte den Hals.
Der Offizier nickte. »Leg dich nicht mit denen an! Aber lass dir auch nichts gefallen. Nur weil ihr Herr König ist, sind sie noch lange nichts Besseres als wir Schwaben!«
Eberhard schwieg, aber Wulfhard ließ nicht locker. »Sieh sie dir nur gut an, Eberhard, das sind wahre Männer. Macht einen von denen zum Fronboten, und es herrscht Ordnung!«
»Ruhe!«, schrie der Offizier und hieb mit der Faust so heftig gegen den Karren, dass Wildfang nervös zuckte. »Zeig Demut angesichts des Hauses Gottes. Du verdankst es nur seiner Gnade, dass du noch lebst.«
»Und ich genieße jeden Atemzug, mein Freund!« Wulfhard richtete sich auf und schaute zu den Sachsen hinüber. In diesem Moment erklang ganz in ihrer Nähe Hufschlag. Wulfhards Kopf flog herum, als drei Edelleute in flottem Trab an ihnen vorbeigeritten kamen. Sein Gesicht wurde kreideweiß, er umklammerte mit beiden Händen den oberen Rand des Karrens. »Gott oder der Teufel«, flüsterte er mit einem scheuen Blick auf die Fassade des Münsters. »He, Eberhard …«
Aber seine Worte verhallten ungehört. Sie hatten das Tor passiert und standen nun in einem weitläufigen Innenhof.
»Dein Herr erwartet dich«, sagte der Offizier zu Eberhard. »Jemand wird dich zu ihm bringen. Und benimm dich, Bauernlümmel!«
Eberhard stammelte einen Dank und saß ab, als er Geräusche eines Handgemenges hörte, dann Wulfhards Stimme: »Ich muss den Grafen sprechen! Lasst mich los!«
Wütend drehte der junge Mann sich um. »Beim heiligen Georg, versuch doch einmal, Mut zu zeigen, Mann!«, fuhr er Wulfhard an. »Dein Gejammere war schon in Buchhorn erbärmlich!«
Wulfhards Gesicht überzog sich mit fleckiger Röte. »Aber ich habe … ich habe eine Erleuchtung gehabt!«
Eberhard schnaubte.
»Glaub mir, der Graf würde es dir nicht verzeihen, wenn du es ihm vorenthältst, was ich weiß!« Wulfhards Stimme war so beschwörend, dass Eberhard zögerte. »Ich belüge dich nicht, Lebensretter!«
»Was …?«
»Hör nicht auf das Geschmeiß!«, fuhr der Offizier dazwischen und versetzte Wulfhard einen Stoß in die Rippen, der ihn taumeln ließ. »Bringt ihn fort.«
Eberhard sah zu, wie die Soldaten Wulfhard von der Ladefläche schleiften. Er wollte sich eben verächtlich abwenden, als Wulfhards Worte ihn erreichten.
»Sag dem Grafen, dass ich weiß, wer ihn töten wollte. Sag ihm das!«
Während die Soldaten ihn über den Hof stießen, fragte Wulfhard sich verzweifelt,
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