Die Gauklerin von Buchhorn: Historischer Roman (German Edition)
einbringen. Die Stute hatte ein tiefes Loch in seine Kasse gerissen.
»Schmied! Seid Ihr da?«
Gerald murmelte einen Fluch, als er die Stimme erkannte. Er hieb den Hammer fester als nötig auf den Amboss. »Was denkt Ihr denn, Dietger?«
Das scharf geschnittene Gesicht des Imkers tauchte in der Tür auf. »Wir wisse, wer die Mörder vom Reinmar sind. Die hole wir uns jetzt. Kommt Ihr mit?«
Gerald ließ den Hammer sinken und wischte sich mit dem Unterarm den Schweiß vom Gesicht. »Reinmars Mörder?«, fragte er fassungslos. Er nahm das glühende Eisen mit der Zange und schreckte es im Wasser ab.
Über das Zischen hinweg vernahm er Dietgers wütende Stimme: »Es ware die Spielleut. Ein paar von ihne habe sich ins Kirchenasyl grettet. Die andre sind auf und davon. Aber die kriege wir au noch, und dann rede die schon.«
»Und es gibt Beweise für ihre Schuld?« Gerald sah, dass Dietger nicht allein war, und sein Unbehagen wuchs.
»Beweise?« Dietger lachte schneidend. »Die sind abghaue, das isch doch wohl Beweis gnug. Der Alte und das schwangere Weib habe sich in die Kirche geflüchtet. Gottlose Brut!« Seine geballte Faust krachte gegen die Hauswand.
Plötzlich sah Gerald den brennenden Schuppen so deutlich vor sich wie in jener Nacht. Er legte den Hammer weg und streifte seine Lederschürze ab. »Ich begleite Euch. Aber erst gehen wir ins Dorf. Ich will sehen, was da los ist.«
Dietger und seine Begleiter tauschten Blicke.
»Wenn Ihr nicht wollt, geht ohne mich!«, schob Gerald schroff nach, während er versuchte, in Dietgers Gesicht eine Antwort auf die Frage zu finden, warum der ihn überhaupt aufgefordert hatte mitzukommen.
Schließlich zuckte der Imker betont gleichgültig die Achseln. »Dann halt erscht ins Dorf.«
Schweigend machten sie sich auf den Weg. Gerald lauschte angestrengt, aber er hörte nichts. Das Bild der aufgebrachten Buchhorner mit Fackeln in den Händen trieb ihn zur Eile. Auf dem Platz vor der Leutkirche blieb er stehen. Statt der erwarteten Menschenmenge sah er nur ein paar müßig schwatzende Frauen, die ihn freundlich grüßten. Mit einem flüchtigen Nicken öffnete er die Kirchentür und trat gefolgt von Dietger ein.
»Ansgar?« Seine Stimme hallte leicht von den Wänden wider, aber er erhielt keine Antwort. Gerald biss sich auf die Lippe.
In diesem Augenblick öffnete sich eine Seitentür und die schmale Gestalt des Pfaffen schob sich ins Halbdunkel. »Gerald, seid Ihr das?«
»Ja. Ich … ich suche Ansgar und seine Frau. Ich habe gehört, sie haben um Kirchenasyl gebeten?«
»Kirchenasyl?« Der Pfaffe runzelte die Stirn, dann entdeckte er Dietger und lachte leise. »Nein, so schlimm ist es nicht. Die junge Frau liegt in den Wehen, da hat ihr Mann sie mit zwei Freunden hergebracht. Auf dem Handkarren. Sie ist in meinem Haus. Wenn Ihr …« Er machte eine einladende Bewegung.
Gerald sah wütend zu Dietger hinüber.
Der starrte unnachgiebig zurück. »Frag sie nur, dann wirsch du schon höre, dass die andere abghaue sind!«, zischte er und ging mit großen Schritten an Gerald vorbei.
Der Pfaffe winkte sie durch die Kirche hinaus zu seinem kleinen Haus, das sich schützend in den Schatten des Gotteshauses drängte. Dietger stieß einen Wutschrei aus, als er Guntram und Tankmar erkannte, die an der Hauswand lehnten und ihre Gesichter in die Sonne drehten. »Da sind zwei der Mörder! Die andern sind schon über alle Berge!«
Beide Männer fuhren zusammen.
Tankmars Hand zuckte an den Gürtel, doch sie blieb leer. »Bleibt bloß weg hier!«, warnte er.
Gerald sah, wie Dietger die Fäuste ballte, und packte ihn mit festem Griff am Arm. »Was ist passiert?«, fragte er Guntram. Aus den Augenwinkeln bemerkte er, wie sich Tankmar wieder gegen die Hauswand sinken ließ.
Der ältere Mann sah nervös zwischen Gerald und Dietger hin und her. »Es ist wahr, dass unsere Truppe sich getrennt hat. Da sich die Geburt immer weiter hinausgezögert hat, haben einige von uns beschlossen, zum Markt nach Aeschach vorauszugehen. Wir wollen später wieder zu ihnen stoßen.«
»Und euch au davonmache, ihr Mörder!«, brüllte Dietger.
Im gleichen Moment drang ein schriller Schmerzensschrei durch das kleine Fenster. »Ich halt es nicht mehr aus!«
»Ich brauche Wasser«, befahl eine ruhige Frauenstimme.
Dietger wurde totenblass. Er stieß den überraschten Gerald beiseite und stürzte in das Haus des Pfaffen. Auf einer schmalen Bank lag die wimmernde junge Frau, die ihre Hand um die ihres
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