Die Gauklerin von Buchhorn: Historischer Roman (German Edition)
Mannes gekrallt hatte. Der Pfaffe bewegte lautlos die Lippen im Gebet.
Doch Dietger sah keinen von ihnen. Er stürzte sich auf die zweite Frau, packte ihre Haare und zerrte sie von der Gauklerin weg. »Du! Mach, dass du heimkommsch, du pflichtvergessenes Weib!«
Isentrud stieß einen unterdrückten Schrei aus, wehrte sich aber nicht, als Dietger sie brutal zur Tür schleifte.
Endlich schüttelte Gerald die Erstarrung ab. Er riss den rasenden Imker zurück und stieß ihn gegen die Wand. »Bist du wahnsinnig?«, schrie er. »Raus hier!« Er zerrte Dietger ins Freie. »Was fällt dir ein, dich so im Haus des Pfaffen aufzuführen?«
Dietger blinzelte, und einen Augenblick lang wirkte sein Gesicht nackt und verletzlich. »Es isch net recht. Mir schenkt sie keine Kinder, aber dem Gauklerpack holt sie die Brut noch auf die Welt!« Er schüttelte Geralds Hände ab. »Seit fascht zehn Jahr leb ich mit ihrer Kälte. Du wirsch noch merke, was ich mein. Deine Fridrun scheint’s ja auch net eilig zu habe mit dem Kinderkriegen.«
Gerald ballte die Hände und wandte sich ab, damit er Dietgers verzweifelte Trauer nicht sehen musste. »Gehen wir«, sagte er gepresst.
Wenig später liefen fünf Männer auf der Uferstraße Richtung Aeschach.
Der Weg zog sich hin, und je länger sie durch die immer noch spätsommerliche Hitze liefen, desto mürrischer wurden die Männer. Gerald war inzwischen froh, sich Dietger und seiner Bande angeschlossen zu haben. Egal, ob die Spielleute schuldig waren oder nicht, sie würden einen Fürsprecher brauchen.
»Da vorne!«, rief plötzlich einer der Männer. Gerald hatte ihn in den letzten Monaten ein paar Mal bei Hannes in der ›Buche‹ gesehen und glaubte sich zu erinnern, dass er mit einem der reicheren Bauern verwandt war. Er folgte der Richtung, die der Finger des Mannes ihnen wies, und erkannte drei Gestalten, die durch das dichte Unterholz fast unsichtbar waren. Schuldig sahen sie nicht aus. In aller Ruhe lagerten sie zwischen den Bäumen und teilten sich ein einfaches Mahl. Hinter ihnen zeichneten sich die Hütten von Wasserburg ab.
Dietger nickte grimmig. »Packt sie!«, befahl er laut.
Die drei Männer hoben überrascht die Köpfe. Auf ihren Gesichtern zeichnete sich Erschrecken ab, aber ehe sie an Gegenwehr denken konnten, wurden sie schon auf die Füße gerissen.
»Was … was wollt Ihr?«
»Die Wahrheit!«, antwortete Dietger kalt und schlug dem Mann ins Gesicht. »Wer von euch hat unsern Verwalter ermordet? Und woher kanntet ihr Wulfhard?«
Der Mann zappelte in dem harten Griff. »Wulfhard?«, stammelte er. »Das ist dieser rothaarige Kerl, nicht wahr? Wir kennen ihn nicht!«
»Aber ihr wisst, dass er rothaarig war!«, höhnte Dietger. Wieder schlug er mit der flachen Hand zu. »Also? Wer von euch war’s? Sonscht büßt ihr alle!«
Gerald machte eine Bewegung, als wolle er sich einmischen, änderte aber seine Meinung. »Wenn ihr etwas wisst, solltet ihr das jetzt sagen.«
Der Mann riss die Augen auf und schüttelte heftig den Kopf. »Ich schwöre, dass wir mit keinem der Morde etwas zu tun haben.«
Ein kaltes Lächeln überzog Dietgers Gesicht. »Dann werde wir eurem Gedächtnis wohl auf die Sprünge helfe müsse«, sagte er bedächtig.
Die Augen des Mannes quollen hervor, als er sah, wie Dietger ein Seil von seiner Taille wickelte und damit auf ihn zukam. Im Gehen knüpfte er eine Schlinge. Der Gaukler warf sich nach vorne, aber er war machtlos gegen die Arme, die ihn umschlangen. Gerald fühlte sich wie gelähmt, während er mit ansah, wie der Imker dem Mann die Handgelenke auf den Rücken zog, die Schlinge festzurrte und das Ende des Seils über einen Ast warf.
»Sicher, dass du dich an nichts erinnersch?«
»Nein! Nein …«
Dietger gab dem Seil einen kräftigen Ruck. »Wer war’s? Ihr alle?«
Gerald machte einen halbherzigen Schritt vorwärts, aber ein Handgemenge hinter ihm ließ ihn innehalten. Die beiden anderen Spielleute hatten ihrem Gefährten helfen wollen, jetzt wurden sie gnadenlos von Dietgers Freunden zusammengeschlagen. Endlich fand Gerald seine Stimme wieder. »Hört auf! Das ist doch Wahnsinn!«, brüllte er. Seine Worte verhallten ungehört zwischen den Bäumen. Das Klatschen der Schläge übertönte sogar die Stimmen des Waldes.
Der Mann brüllte vor Schmerz, als seine Arme hochgerissen wurden, während Dietger mit eisiger Stimme seine Fragen wiederholte. »Wer war’s? Wer von euch Gschmeiß hat Reinmar getötet?«
»Dietger, hör
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