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Die Gauklerin von Kaltenberg

Titel: Die Gauklerin von Kaltenberg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Julia Freidank
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verbrennt.«
    »Aber als adliger Ritter kann Raoul keine Frau heiraten, die auf den Märkten ihre Beine zeigt«, erwiderte Eva trocken. »Diese Kö nigstribüne ist voller Damen, die einen standesgemäßen Ehe mann suchen. Überrede ihn zu fliehen, für dich wird er es tun.« Eva packte sie an den Schultern. »Ich weiß, was ihm Kaltenberg bedeutet. Aber denk in Teufels Namen jetzt an dich! Oder willst du wieder zusehen, wie der Mann, den du liebst, eine andere hei ratet?«
    Raoul hatte sich gewundert, dass Anna nach dem Kampf nicht zu ihm kam. Er sehnte sich danach, sie zu berühren, ihr weiches Haar an seinem Gesicht zu spüren. Vielleicht würde sie beim Zelt auf ihnwarten. Als er zurück ins Lager ritt, musste er sich seinen Weg durch Scharlatane bahnen, die an seinem Waffenrock zerrten und ihm ihren Kleinkram verkaufen wollten. Beißender Rauch hing in der Luft. Flüsternd tauschten sich die Ritter über seine Schande aus. Unverhohlene Genugtuung stand in den Augen derer, die sich dem Bastard hatten geschlagen geben müssen. Andere musterten ihn mit Bedauern und Anerkennung. Eine Hure zog vor ihm das Kleid hoch, er sah nicht einmal hin. Frauen blickten ihm nach, aber schmutzig und überall voll blutender Schnitte, fühlte er sich nicht gerade als Augenweide. In seiner Hand pochte ein höllischer Schmerz, er konnte nur hoffen, dass er bis morgen wieder das Schwert führen konnte. Mochte Ulrich glauben, er sei am Ende, aber das letzte Wort würde der König sprechen!
    Ehe er zu seinem Zelt ging, brachte er seinen Helm noch bei einem Plattner vorbei. Die Bude war gleich hinter der Reitbahn, leicht zu erkennen an dem Wimpel, der eine Rüstung zeigte. Vor dem Eingang, neben jeder Menge Hämmer, Nieten und in Holz näpfen geordneter Nägel, hockte Meister Rasso und feilte an ei nem Metallglied. Der Bursche, der es für seinen Herrn gebracht hatte, wartete daneben.
    »Das ist nur am Riemen«, meinte Rasso, als er Raouls Helm mit schwieligen, schwärzlich verfärbten Händen begutachtete. »Das Glied für das Lederband ist aufgerissen, das mache ich gleich.«
    »Könnt Ihr auch dieses Eisenstück wieder am Plattenrock fest machen?« Einer von Ulrichs Leuten hatte ihn mit dem Schwert so getroffen, dass es lose herunterhing.
    Rasso kratzte sich am grauen Kopf und ließ seine dunklen Au gen über die Arbeiten gleiten, die noch warteten: geborstene Ket tenglieder, abgesprungene Arm- und Beinschienen, zerbeulte Helme. »Die adligen Herren muss ich eigentlich zuerst bedie nen«, zögerte er. »Aber ich habe Euch vorhin auf dem Platz ge sehen. Lasst den Rock da!«
    Raoul war dankbar, als er vor seinem Zelt endlich aus dem schwerenKettenhemd befreit wurde. Die Schreie der schwerverletzten Ritter, die durchs Lager hallten, schienen Steffen durcheinanderzubringen. Ungeschickt nestelte er an den Verschlüssen. Darunter klebte Raouls wollenes Untergewand an Brust und Schultern, und in seinem Bart glänzte Schweiß. Dankbar nahm er das feuchte Tuch entgegen, das Maimun ihm reichte. Der Arzt legte einen kühlenden Verband um seine Hand und salbte die wenigen Schnitte und Prellungen.
    »Wo ist Anna?«, fragte Raoul ungeduldig.
    Maimun zuckte die Achseln. »Ich habe sie nicht gesehen. Es wäre besser abzureisen, ehe sie dich noch verbrennen«, riet er. »Aber wie ich dich kenne, kann ich mir die Worte sparen.«
    »Genau«, erwiderte Raoul kurz und reichte ihm das Tuch zu rück. »Wenn Anna kommt, ich bin in der Badestube.«
    In Windeseile hatte sich herumgesprochen, was auf dem Tur nierplatz geschehen war. In den fahrenden Badestuben wurden die Kessel ebenso angeheizt wie die Gerüchte. Aufgeregt wurden Seife, Bottiche und Reisigbündel zurechtgelegt und Handtücher gewärmt. Erschöpft und schweißverklebt strömten die Kämpfer heran, um Blut und Schweiß abzuwaschen, Schnittwunden und Prellungen behandeln zu lassen. Sobald sie in die Zuber fielen, wurden sie über den Skandal ausgehorcht.
    Als Raoul die dunkle, qualmdurchwölkte Badestube betrat, konnte er nicht gleich alles deutlich erkennen. Die Bademägde stießen sich gegenseitig beiseite. Offenbar hatten die Leute trotz allem Sympathie für ihn gefasst.
    Zwei oder drei Kämpfer saßen schon in den Zubern und ließen sich vom Quacksalber Salben auf geprellte und aufgeschnittene Glieder pinseln. Einer ließ sich von der Bademagd einschäumen. Ihre massierenden Hände streichelten seine Schultern und seine Brust, und sie lachte klirrend über eine Bemerkung. Raoul er kannte

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