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Die Gauklerin von Kaltenberg

Titel: Die Gauklerin von Kaltenberg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Julia Freidank
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vorbei und schob einen fliegenden Händler zur Seite. Sie rannte über den Steg, ohne sich um die Wachsoldaten zu kümmern. Im breiten, niedrigen Bogen des inneren Tors erreichte sie ihn endlich.
    Enttäuscht blieb sie stehen. Der Mann war älter als Ulrich und trug einen Bart. Einige grell geschminkte Weiber hatten sich um ihn geschart. »Schau, dass du weiterkommst, du Flitscherl!«, kreisch ten sie, während sie ihn in ihre Bude zogen. »Das ist unser Platz!«
    Erschrocken trat Anna zurück. Sie wollte hastig zu Eva zurück laufen. Aber die Gaukler waren verschwunden.
    Mit einem Schlag fühlte sie sich entsetzlich verlassen. Allein in dieser fremden Stadt, überfiel sie Verlorenheit. Krampfhaft be mühte sie sich, ihr Zittern zu bekämpfen. Sie musste jetzt ruhig bleiben. Anna überlegte, dann ging sie durch das innere Tor und stand auf dem Marktplatz.
    Sie versuchte sich zu orientieren. Die vielen Menschen und klei nen Holzbuden, die überall auf dem Platz standen und von brül lenden Marktschreiern bevölkert waren, machten es fast unmög lich. Hinter einem Steingebäude, vermutlich dem Rathaus, und einigen Schenken und Brauereien erhoben sich die schmucklosen Zwillingstürme einer Kirche. Weiter rechts musste es zur Herzogs burg gehen: Die Schleppen der Frauen, die von dort kamen, wa ren lang und kostbar.
    Eine unendliche Zeit lief Anna über den Platz und zurück zu dem Steg, wo sie Eva aus den Augen verloren hatte. Vergeblich. Sie ließ ihre Blicke über die Garküchen schweifen. Zumindest Steffen würde früher oder später in einer davon auftauchen. Und wenn nicht,würde sie dort wenigstens nachdenken können, was sie tun konnte.
    Das Innere der Schenke, für die sie sich entschied, war alles an dere als anheimelnd. Im Keller des Marktgebäudes liegend, hatte sie etwas von einer Höhle. Es war nicht besonders voll: ein paar fahrende Handwerker, ein Händler, ein Ritter. Hopfendolden hin gen von den wurmstichigen Deckenbalken, der Geruch nach Mehlsuppe und Malz betäubte sie fast. In den Tischen gab es Ver tiefungen, in die offenbar die Suppe einfach hineingekippt wurde. Aber Anna war nicht mehr wählerisch, und sie hatte Hunger. Vor der Stadt hatte sie ihren Gürtel verkauft, sie konnte sich eine warme Mahlzeit leisten.
    »Wo bleibt der Wein?«, trompetete der Ritter. Beunruhigt fiel Anna sein blind vertrocknetes Auge auf. »Dieser Tölpel von Mar schall sagt, ich sei zu alt zum Kämpfen. Aber wenn mich schon der Teufel holt, tut es mir leid um jeden Krug, den ich nicht gesoffen habe.«
    Am Feuer hockten zwei fahrende Lotterpfaffen – auch nicht die beste Gesellschaft. Sie hatten die Gewänder gehoben, um die Wärme an die Haut zu lassen. Breitbeinig flegelten sie auf den Ho ckern, ohne ihre Männlichkeit dabei zu verbergen. Auf einmal sehnte sich Anna die Gaukler herbei. Sie entschied, sich zu dem Händler zu setzen.
    »Dass du mir aber auch bezahlst!«, brummte der Wirt und kippte einen Löffel Suppe in die Vertiefung vor ihr. Fleisch kostete schon jetzt das Zehnfache wie früher, aber immerhin dafür reichte ihr Geld.
    »Dich hat wohl auch der Krieg vom Land hergetrieben?«, brach der Händler das Schweigen. Anna bejahte zurückhaltend.
    »Hast recht, Kind.« Vermutlich war er fremd und langweilte sich nur. »Stadtluft macht frei, in den Städten liegt die Zukunft. Der König hat recht, sie stark zu machen. Wenn es den Städten gut geht, blüht der Handel. Ich zum Beispiel handle mit Salz.«
    Annalächelte ihm zu. Sollte er nur seine Heldentaten loswer den. Vielleicht konnte er ihr sogar helfen? Besorgt bemerkte sie, dass der Ritter schon zu ihr herüberschielte.
    »Weißes Gold, Mädchen, weißes Gold! Aber ich muss sicher reisen können, deshalb bete ich, dass Ludwig sich durchsetzt und nicht Friedrich. Der Habsburger ist grausam, und er tut alles, was die Pfaffen wollen. Wenn er der Herr ist, werden hier wieder die Juden gejagt. Die Kollektoren, die Steuereintreiber des Papstes, nehmen den Leuten den letzten Pfennig. Und wenn es nichts mehr zu holen gibt: Als Ketzer ins Feuer und die Güter einstrei chen, wie bei den Templern! Ich war in Frankreich, da lodern über all die Scheiterhaufen.«
    »Ja, wenn man Schafe scheren will, darf man sie nicht den Flei schern der Inquisition geben«, mischte sich der Ritter ein. Er lachte dröhnend über seinen Witz und kam mit seinem Krug zu ihnen herüber. »Sieht aber aus, als würde das Schicksal jetzt Ludwig be günstigen. Die Österreicher haben in der

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