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Die Gauklerin von Kaltenberg

Titel: Die Gauklerin von Kaltenberg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Julia Freidank
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Gehabe war nie Hein richs Stärke gewesen, aber ein neuer Schluck Met beseitigte den Anflug der Unsicherheit. Für die feinen Sitten gab es Weiber.
    »Um es kurz zu machen«, begann Leopold, »Ihr wisst, warum ich hier bin. Die Freie Reichsstadt Augsburg hat sich auf die Seite unseres Feindes Ludwig geschlagen. Die unselige Schlacht in der Schweiz letzten November hat uns geschwächt, und mein Vetter Ludwig ist geschickt. Er hat die Unabhängigkeit der Eidgenossen von Österreich anerkannt. Für den Augenblick scheint ihn das Schicksal zu begünstigen. Aber er hat eine Schwäche.« Sorgfältig wischte er sich den Mund mit dem Handrücken ab, ehe er nach dem Becher griff. »Ludwig ist ein guter Krieger«, erklärte Leopold. »Doch fehlt es ihm an Geduld.«
    Mit der Linken schob der Fraß seinem Gast das Salzfass hin über, während er die letzten Fleischfetzen von seinem Schlegel ab nagte. Er warf den Knochen nach den struppigen Hunden, die sich knurrend darum balgten. Nun, da das Trinkhorn fast leer war, ar beitete sein Verstand klarer. »Ich soll eine Fehde führen?«
    Bedächtig streute Leopold die groben weißen Körner auf sein Fleisch. »Ihr habt doch keine Einwände?«
    Der Fraß stieß einen abfälligen Laut aus. Seine erste Fehde hatte er erlebt, als er noch ein Kind gewesen war. Die Männer eines benachbarten Burgherrn hatten Wolfsberg im Handstreich genommen. Er erinnerte sich an die Schreie, als sie die Mägde hernah men,an den Brandgeruch und die Leichen überall. Sein Vater war im Turm des feindlichen Herrn verfault, ehe man ihn hatte auslösen können. Heinrich hatte den Alten nicht vermisst, das Einzige, was er mit ihm verband, waren Prügel. Aber diese Erfahrung hatte ihn gelehrt, dass es mit Menschen nicht anders war als mit Wölfen: Wer seinen Gegner nicht fraß, wurde selbst gefressen.
    »Ich zeige den Leuten im Lechrain, dass Ludwig unfähig ist, sie zu schützen.« Der Gedanke gefiel dem Fraß, die Erregung, die ihn bei der Plünderung eines Dorfes überkam, war fast vergleichbar mit der durch den Met. »Der Winter ist eine schlechte Zeit für Feh den«, sagte er, und ein gefährliches Glitzern trat in seine Augen. »Aber wenn das Wetter gut ist, könnte ich schon nach St. Silvester beginnen. Die Langeweile hier macht mich närrisch!«
    »Ich wusste, dass der Auftrag nach Eurem Geschmack ist.« Leopold schien belustigt.
    »Und dafür behalte ich die Beute aus den Plünderungen?« Hein rich beugte sich über den Tisch, um seinem Gast die Fleischplatte hinüberzuschieben. Unter dem Tisch gerieten sich die räudigen Hunde in die Haare. Der Fraß trat nach ihnen, und jaulend brach ten sie sich in Sicherheit.
    »Ja. Ihr habt freie Hand mit allen Schutzbefohlenen Ludwigs und Augsburgs. Und Ihr wendet Euch damit nicht gegen Euren Herrn«, beeilte sich der Habsburger zu versichern. »Ihr seid ein Mann des Bischofs von Augsburg. Er und die Stadt gehen schon lange getrennte Wege.«
    Heinrich brüllte nach Margarethe. »Los, bring noch Fleisch, dumme Gans!« Er wandte sich an Leopold. »Der Lechrain ist ein armes Land. Und Landsberg hat sich von der Belagerung noch nicht erholt.«
    Der Habsburger zuckte die Achseln. »Bauern behaupten im mer, sie hätten nichts, auch wenn ihre Ställe voller Vieh und ihre Scheunen voll Getreide sind.«
    »Ich brauche meine Söhne dazu«, dachte Heinrich laut mit vol lemMund. Ohne sich die Lippen zu wischen, spülte er den Bissen mit einem großen Schluck Met herunter. »Und ein paar verlässliche Männer.« Vielleicht konnte er Raoul gewinnen, der Bursche war ein wahrer Teufel. Er rülpste.
    Leopold rümpfte die Nase und rief seinem Knappen, der im Eingang wartete, einen Befehl zu.
    »Nehmt so viele Leute, wie Ihr braucht. Es gibt genug herren lose Männer«, wandte er sich wieder an Heinrich. Leopold warf seinen abgenagten Knochen einem Hund zu und beugte sich über den Tisch. Seine blauen Augen waren gläsern und ausdruckslos. »Brennt ihre Dörfer nieder«, sagte er. »Tötet sie, vernichtet ihre Ernte und raubt ihnen ihre Frauen und Kinder. Zeigt ihnen, was denen widerfährt, die sich uns widersetzen – und zeigt ihnen, dass dieser Schwächling Ludwig sie nicht schützen kann! Ich erwarte nur eines von Euch: Die Menschen sollen darum betteln, meinem Bruder huldigen zu dürfen!«
    Wenige Tage später loderten Flammen im Lechrain. Tiere rannten in Panik umher, Scheunen flammten lichterloh auf. Befehle brül lend hob der Fraß das Schwert und ließ das Pferd steigen. Er

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