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Die Gauklerin von Kaltenberg

Titel: Die Gauklerin von Kaltenberg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Julia Freidank
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rote Schärpe fiel lang herab. »Weißt du, was du da sagst, Kind?«
    »Fragt den Vaganten Steffen, wenn Ihr mir nicht glaubt. Er war dabei und kann Euch ausführlich von dieser Schlacht berichten.« Unterwegs hatte Steffen immer wieder davon erzählt, wie um die schrecklichen Bilder in seinem Kopf zu ordnen. Er hatte nicht ge logen, da war sie sich sicher.
    Der Bischof ging einige Schritte auf und ab, dann blieb er ernst vor ihr stehen. »Wenn du lügst, muss ich dich bestrafen.«
    Dass er ihr überhaupt zuhörte, ermutigte Anna. Offenbar konn te sich eine Gauklerin Dinge erlauben, die ein unbeschol tenes Dorfmädchen nie gewagt hätte. »Ich weiß, was ich gesehen habe, Herr. Als ich München vor wenigen Tagen verließ, waren die Mauern stark und die Vorratskammern voll. Die Feinde des Königs haben sich zurückgezogen, um ihre Kräfte zu sammeln.«
    Der Hofnarr lachte, doch zufrieden bemerkte sie, dass es jetzt gepresst klang. »Das unehrliche Gesindel hat scharfe Augen, um etwas zu fressen zu finden, aber als Bote taugt es kaum.«
    Der Bischof runzelte nachdenklich die Stirn. »Ich glaube viel mehr, dass Gott mir dieses Mädchen in seiner Unschuld geschickt hat. Holt mir diesen Vaganten her!«
    Steffenwand sich zuerst, in der Hoffnung, sein Wissen in klin gende Münze zu verwandeln. Doch für zehn Pfennige erzählte er von der Schlacht in den Schweizer Bergen.
    Das Patriziergesicht des Sendlingers wurde hart. »Was hat Leo pold von Habsburg dir geboten?«, herrschte er den Boten an.
    Der Mann wich zurück. »Ich verstehe nicht …«
    Konrad schlug ihn mit der behandschuhten Rechten ins Ge sicht. »Du erbärmlicher Bastard! Wie viel hast du bekommen, um meine Entscheidung zu beeinflussen?«, donnerte er. »Wenn ich Ludwig die Gefolgschaft verweigere, weil ich das Heer Friedrichs bereits vor meiner Tür glaube, hätte er leichtes Spiel. Waren es mehr als die dreißig Silberlinge, für die Judas unseren Herrn Jesus Christus verkaufte?«
    Anna war sich nicht sicher, ob seine Wut eher daher kam, dass man ihn hatte betrügen wollen, oder daher, dass man dazu nur einen Knecht geschickt hatte.
    Konrad versetzte dem Boten einen Fußtritt und spuckte ver ächtlich aus. »In den Kerker mit ihm!«
    Anna fing einen Blick aus den wimpernlosen Augen des Nar ren auf. Sie erschrak. Es stand mehr darin als nur Widerwille. Da war Hass. Unversöhnlicher Hass.

2
    »Was haltet ihr hier Maulaffen feil!« Heinrich von Wolfsberg, den seine Untertanen scheu den »Fraß« nannten, scheuchte seine Schwiegertöchter ins Haus. Margarethe war noch immer nicht schwanger, dachte er. An seinem Sohn konnte es nicht liegen, von dem war erst letzte Woche eine Magd niedergekommen. Aber die sah auch nicht aus, als sei ihr Gesicht in der Kelter gequetscht wor den. »Los, macht euch nützlich!«
    Mit dumpfem Kopf schob er die pelzige Zunge im Mund her um. Bei Föhn schmerzte sein zerschmetterter Fuß stärker, und nur Met betäubte den Schmerz. Der Fraß sah eine Schafherde vor den ankommenden Reitern auseinanderweichen und wie eine rol lende Lawine bergab streben. Schroff befahl er den Knechten, die Zugbrücke zur Vorburg herunterzulassen, und hinkte vom Wehr gang herab. Als er die letzten Stufen herabkam, ritten die Gäste bereits in den Hof.
    Der Ankömmling wandte den Kopf unter der Kapuze, um sich umzusehen. An den Befestigungen der Herren von Wolfsberg hat ten sich schon weiland die Ungarn auf dem Lechfeld die Zähne ausgebissen, dachte der Fraß stolz. Die Waffenknechte auf den di cken Mauern waren gut genährt. Weithin sichtbar flatterte die Fahne mit dem schwarzen Wolf auf rotem Grund.
    »Willkommen auf Burg Wolfsberg«, begrüßte er den Herzog Leopold. Neugierig war sein Gesinde herangekommen. Es bekam nicht oft den Bruder eines Königs zu sehen. »Bewegt euch, ihr Strolche!«, brüllte er. »Bringt Wein für meinen Gast!«
    Derdüstere Rittersaal wurde nur durch einige schartenartige Fens ter erhellt. Trotz der angestaubten Tierfelle am Boden und der Feuerbecken fror Heinrich. Die Weiber trugen gebratene Hühner und ein Rinderherz auf. Gierig riss sich der Fraß einen Schlegel ab. Seit Wochen hatte er kein Fleisch mehr zwischen die Zähne be kommen. Leopold räusperte sich pikiert, und er lachte dröhnend. »Wo sind meine Manieren!« Er leckte sich die fettigen Finger sau ber, packte den zweiten Schlegel und reichte ihn seinem Gast.
    Leopold legte das Fleisch auf sein Brot, das als Teller diente, und aß mit der rechten Hand. Höfisches

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