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Die Gauklerin von Kaltenberg

Titel: Die Gauklerin von Kaltenberg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Julia Freidank
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Lachen richtete sie sich auf, und ihr Haar fiel auf seine nackte Brust. »Ich habe so gewartet, dass du mich holst«, flüsterte sie. Seit Monaten war sie nicht so glücklich gewesen. Sie nahm den vertrauten Geruch auf und berührte ihn immer wieder, als könnte sie nicht glauben, dass er hier war. Impulsiv legte sie den Kopf an seine Brust. Sie wünschte, der Augenblick würde ewig dauern.
    Ulrichbefreite sich und strich sich das helle Haar zurück. Anna zog das Kleid wieder über die Schenkel. Obwohl ihre Füße nackt waren, fror sie nicht in dem ungeheizten Raum. Lächelnd genoss sie die Wärme, die noch in den zerwühlten Laken hing. Im Däm merlicht verfolgte sie seinen muskulösen Körper, als er aufstand. So lange hatte sie sich nach ihm gesehnt, dass sie es jetzt einfach nur genoss, ihn zu beobachten. Es wurde dunkel, aber sie kannte jede seiner Bewegungen, das Muttermal an seinem Hals, die Art, wie er lachte. Am liebsten hätte sie ihn wieder zu sich aufs Bett ge zogen, nur um ihn zu spüren.
    »Ich konnte dich nicht holen. Die Leute hätten erst recht ge sagt, du hättest mich verhext«, erwiderte er endlich. Er sah sie an, als sei es das erste Mal. Anna wusste, dass sie sich verändert hatte. Ihre Augen, die ihr morgens aus dem Spiegel der Wasserschüssel entgegenblickten, waren klarer. Trotz allem, was sie hinter sich hatte, strahlten sie mehr als früher. Und nie hätte sie es früher ge wagt, ihn von sich aus zu berühren oder gar zu küssen. Sie ließ sich auf die Ellbogen zurücksinken, so dass sich ihre Brüste unter dem Kleid abzeichneten. Ulrich bemerkte es sichtlich überrascht. »Du bist schöner denn je«, sagte er rau.
    Anna wies auf seine teure Cotte. »Und du scheinst alles erreicht zu haben: Gut, Ehre …«, sie lächelte, »Gottes Huld.«
    Seine Wange zuckte, als sei es ihm unangenehm. »Ich begleite König Ludwig nach Nürnberg«, bejahte er. »Deshalb bin ich hier. Er will dort die Kurfürsten von Mainz und Trier treffen.«
    Ihre zärtlichen Blicke hielten ihn fest. »Dein Vater muss sehr stolz auf dich sein.«
    »Mein Vater hält mich für einen Höfling.« Es klang, als hätte er das schon oft sagen müssen.
    Lebhaft setzte sie sich auf. »Ich werde ihm beweisen, dass ich unschuldig bin. Das Lied, für das er mich verurteilt hat, hat wahrscheinlich ein Geistlicher geschrieben.« In Gegenwart ihres Geliebten fühlte sie sich so stark, dass sie selbst ins Sarazenenland gegangenwäre, um etwas zu finden, das ihr die Rückkehr nach Kaltenberg ermöglichte.
    Ulrich bückte sich nach seinen Kleidern. Der Surcot war aus einem edlen, weichen Stoff und der Mantel mit einer kostbaren Goldborte gesäumt. Im Halbdunkel ließ ihn der elegante Anblick Anna plötzlich fremd erscheinen. »Das müsste schon mindestens ein Bischof sein«, lachte er. Doch es klang gepresst, als er fortfuhr: »Ich muss zurück, aber ich werde nicht lange in Nürnberg sein. Warte auf mich. Hier bist du in Sicherheit.«
    Sie sprang auf und legte ihren Arm um seinen Nacken, ihre Lippen suchten seinen Mund. »Nimm mich mit«, flüsterte sie.
    Ulrich versteifte sich. Dann schob er sie sanft von sich weg. »Das ist unmöglich.« Ohne sie anzusehen, schloss er den Gürtel und warf den Mantel über den linken Arm. Die Enttäuschung ver setzte Anna einen Stich. Durch die dünnen Bretterwände dran gen Geräusche ungehindert zu ihnen herein. Im Nachbarzimmer rülpste jemand und fluchte: »Dreckswinter!«
    Ulrich hatte sich an die Wand gelehnt und schien nachzuden ken. »Ich besitze noch einen Hof in der Nähe von Landsberg«, sagte er. »Dort habe ich einen tüchtigen Schmied. Ein guter Mann – schon älter, und er sucht eine neue Frau. Er würde keine Schwie rigkeiten machen, wenn ich dich sehen will.«
    Anna hatte das Gefühl, er hätte ihr einen Schlag ins Gesicht ver setzt. Dann wich ihr Erschrecken blanker Wut und Abscheu.
    Ulrich bemerkte es. »Ich versuche dir zu helfen«, sagte er heftig.
    »Indem du mich verkaufst wie ein Burgherr seine Hure?«
    »Nicht so laut!«, zischte er. Besorgt sah er sich um. »Durch diese Wände hört man ja jedes Wort.«
    »Und wenn schon«, schrie sie heftig. Wütend kämpfte sie mit den Tränen, aber sie konnte sie nicht zurückhalten. »Glaubst du mir auch nicht? Hältst du mich für eine Hexe, so wie die andern?«
    »Schrei mich nicht an!« Zwischen Ulrichs Brauen hatte sich eine steile Falte gebildet.
    Annaließ sich aufs Bett fallen und vergrub das Gesicht in den Händen. »Es tut mir

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