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Die Gauklerin von Kaltenberg

Titel: Die Gauklerin von Kaltenberg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Julia Freidank
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Welt verfolgen«, hörte sie Gertrauts Stimme von unten. »Selbst wenn er nicht an Magie glaubt, müsste er es tun. Wenn sich das herumspricht, verliert er alles. Welche edle Dame würde einen Verfluchten heiraten? Und sein Herr würde ihn auch nicht mehr im Heer haben wollen – der österreichische König ist für seine Dämonenfurcht bekannt. Er wird dich suchen.«
    »Und wenn er mich findet?« Anna bemühte sich krampfhaft, das Zittern ihrer Hände zu verbergen. Auf einmal fühlte sie sich wieder verlassen – und furchtbar ausgeliefert. Sie stieg die letzte Sprosse hinab und sah in das grinsende Gesicht der Alten.
    »Bist du so dumm oder tust du nur so? Natürlich wird er dich töten«, antwortete Gertraut. »Nur so kann man einen Fluch bre chen. Wo immer er jetzt ist, er wird darauf warten, dass du die Burg verlässt. Und dir dann die Kehle durchschneiden.«

3
    Die ersten Tage deutete nichts darauf hin, dass der fremde Rit ter zurückkehren würde. Sosehr sich Anna nach Ulrich sehnte, richtete sie doch ihre ganze Aufmerksamkeit auf die Arbeit – als könnte der immer gleiche Rhythmus die verlorene Sicherheit in ihr Leben zurückbringen. Ulrich suchte ihre Nähe zunächst nicht, er ließ sie um Martin trauern. Obwohl sie ihm dafür dankbar war, hätte sie sich doch gern in seine Arme geschmiegt. Im Augenblick wollte sie nicht an die Zukunft denken, sie war einfach nur froh, bei dem Mann zu sein, den sie liebte.
    Wenn sie die Pferde tränkte, erkundigte sie sich bei den Knech ten nach dem Fremden. Doch niemand wusste etwas über ihn. Im Heer der Österreicher kämpfte ein bunter Haufen aus Schwa ben, Ungarn und Böhmen. Und wenn er am Ende ein Soldritter war, konnte er überallher stammen, selbst aus dem Sarazenenland. Wohin er, wenn es nach ihr ging, auch gerne zurückkehren konnte!
    »Das wird er nicht tun«, lachte der Reitknecht Hartmut, als sie den Gedanken aussprach. Liebevoll schlug er Ulrichs großem Schimmel auf die Flanke. »Es geht um die Krone!«
    Friedrich von Habsburg und sein bairischer Vetter Ludwig von Wittelsbach, erfuhr Anna, stritten seit einem Jahr um die höchste Würde des Reichs. Die sieben Kurfürsten, die traditionell den Herrscher wählten, hatten sich nicht einigen können. Schließlich war Ludwig mit einer Stimme Mehrheit in Aachen gesalbt wor den.
    »Was ihm aber nichts nützte, weil der König einstimmig gewählt sein muss. Friedrichs Anspruch war genauso gut oder ge nausoschlecht wie Ludwigs. Also ließ sich der Habsburger seinerseits zum König krönen.« Hartmuts Hand glitt am Bein des Pferdes herab. Wie immer behandelte er das Tier sanft, was Anna von Anfang an gemocht hatte. Er hob den Huf auf seine ausgebleichten Beinlinge, um ihn zu reinigen, und als er sich bückte, sah die Bruche unter seinem Kittel hervor. »Wir sollten beten, dass es am Ende der Baier wird.«
    Ulrichs Waffenknecht Gernot kam heran, und das Tier scheute. Grob riss er es an den Zügeln. Anna mochte ihn nicht besonders. Die Art, wie er mit den Tieren umging, erweckte in ihr den Ein druck, dass er mit Menschen genauso umspringen konnte. Vor al lem, wenn sie nicht seine Muskelpakete hatten.
    »Es heißt, Ludwig könne die Vögel nicht rupfen, die er gefan gen hat«, wandte Gernot ein. »Wenn er Gefangene macht, lässt er sie ungeschoren laufen. Auch wenn er das Lösegeld hochtreiben könnte.«
    »Aber er hält die Inquisitoren an der kurzen Leine«, hielt Hart mut dagegen. »Der Habsburger, Friedrich, soll rachsüchtig und grausam sein, und er gilt als Anhänger des Papstes. Du Narr, wenn er an die Macht kommt, brennen hier bald wieder die Scheiter haufen.«
    Bevor sie weiter in Streit gerieten, mischte Anna sich wieder ein. Sie erfuhr, dass Friedrich, der das größere und schlagkräftigere Heer besaß, den Zwist offenbar schnell beenden wollte. So hatte er die Fehde nach Baiern getragen. Es war eine schlechte Zeit für einen Krieg – der Sommer war wieder regnerisch gewesen, der Winter härter denn je.
    »Während sich die Herren um die Krone streiten wie zwei Hunde um einen Knochen, wird das Brot immer teurer«, been dete Hartmut das Gespräch. Er griff in die Mähne des Schimmels und führte ihn in den Stand. »Gott wird entscheiden, wer herr schen soll. Aber wenn er es nicht bald tut, kommen böse Zeiten auf uns zu.«
    Ersollte recht behalten. Drei Tage nachdem Kaltenberg nieder gebrannt worden war, verlangten einige Häusler nach der Burg herrin. Sie waren Kleinbauern und lebten am Rand der Burgsied

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