Die Gebeine von Avalon

Titel: Die Gebeine von Avalon Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Phil Rickman

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Heldentaten von den Wänden widerhallen.»
    «Haltet mich nicht zum Narren, Benlow.»
    Er knallte den Deckel zurück auf das Kistchen und drückte es mir in die Hand.
    «Nehmt es.» Sein Kinn zitterte. «Nehmt es mit nach London. Und kommt nie wieder hierher! Wer könnte heute wohl sonst noch behaupten, dass er die Runde Tafel Camelots berührt hat?»

XVII Tollwütige Hure
    E s muss ungefähr eine halbe Stunde nach Mitternacht gewesen sein, als ich mir mein altes braunes Gewand überwarf und zu Dudley ging, um neben seinem Bett zu wachen.
    Eine dünne Kerze brannte auf dem Beistelltisch mit dem Wasser. Er lag reglos im Bett und schlief, sein Atem gleichmäßig. Nicht allzu lang davor hatte ich zugesehen, wie er den Krug mit dem heiligen Wasser halb ausgetrunken hatte. Er war dabei zumindest wieder so weit bei Sinnen gewesen, dass ihn der metallische Geschmack hatte zusammenzucken lassen.
    Unauffällig entkorkte ich das Fläschchen seines Schlaftrunks und roch daran. Als ob ich daran wirklich etwas hätte ablesen können! Wer erkennt schon den Geruch von Tollkirschen? Und überhaupt, allein der Gedanke war blanker Unsinn! Ich hatte auch nach dem Gespräch mit Fyche keinerlei Bedenken gehegt, Dudley eine weitere Dosis davon zu verabreichen, und er war wieder eingeschlafen.
    Ich hingegen saß hellwach auf einem grobgezimmerten Holzstuhl neben dem nachtdunklen Fenster und starrte in die Flamme der Kerze. Ein Mathematiker und Astronom, der die Geometrie der Liebe ebenso wenig verstand, wie er hoffen durfte, jemals die unstete Umlaufbahn des Begehrens berechnen zu können.
    Am allerwenigsten die des eigenen.
    Noch vor der Mitternacht war ich bereits dreimal aus dem Schlaf erwacht, um mich herum nichts als die dumpfe, steinerne Stille des George Inn. Ich wälzte mich im Bett herum und glaubte zuerst, ich hätte mir ebenfalls Dudleys Fieber zugezogen.
    Dann wurde mir langsam klar, dass es viele Arten von Fieber gab. Es schien, als wären auf einmal die Fesseln der körperlichen Bedürfnisse gesprengt worden, die ich schon seit meiner dem Lesen gewidmeten Jugend in Schach hielt. Während der Minuten, in denen ich nicht wach lag, hatte ich von smaragdgrünen Augen, brauner Haarpracht und aufregend übereinanderstehenden Schneidezähnen geträumt. Von der Hexentochter.
    Und ich werde nach Avalon reisen, zur anmutigsten Maid … und sie wird meine Wunden stillen, auf dass ich wieder unversehrt sei durch ihre heilende Medizin …
    Hexenkunst … Magie … Zauberei. Obwohl Glastonbury erstarrt und verfallen wirkte, wollte ich inzwischen gern glauben, dass diesem Sumpfland ein Element innewohnte, das die Erkenntnisse unserer Wissenschaft überstieg. Und die Gebeine Artus’ waren dabei nur das kleinste Geheimnis.
    «Was ich dir noch sagen wollte …»
    Ich fuhr herum. Dudley hatte sich auf die Seite gedreht und sah mich an.
    «Wie geht es dir, Robbie?»
    «Mein Hals fühlt sich an, als hätte ich einen Dolch verschluckt.»
    «Das geht vorbei.»
    «Hat das deine Ärztin da gesagt?»
    Mein Blut rauschte. Ich setzte mich auf.
    «Sie war noch einmal hier bei mir», murmelte Dudley.
    «Wann?»
    «Keine Ahnung.» Er stützte seinen Kopf auf einen Arm. «Herr im Hemd, sie ist eine echte Schönheit, John. Wenn ich die Kraft gehabt hätte, die Bettdecke zu heben, wäre sie schneller darunter gelandet, als du …» Da er nicht in der Verfassung war, sich etwas angemessen Vulgäres einfallen zu lassen, ließ er seinen Kopf zurücksinken. «Ich glaube, ich muss vielleicht doch nicht mit dem Teufel um meine Seele spielen … vorerst zumindest.»
    «Schade», bemerkte ich. «Das Sterben hat dir gutgetan. So aufrichtig hast du mit mir seit Jahren nicht mehr gesprochen.»
    «Was habe ich denn erzählt?»
    «Das hat Zeit. Was wolltest du mir noch sagen?»
    «Wie?»
    «Du hast mit den Worten begonnen, dass du mir noch etwas sagen wolltest.»
    «Wer weiß, was das war.» Er drehte sich wieder auf den Rücken. Durch die Bewegung flackerte die Kerze. «Hm … Bären? War es wegen der Bären?»
    «Das weiß ich nicht.»
    «Ich erzähl dir trotzdem davon. Es geht um die Vorliebe der Königin für Bärenkämpfe, um das, was dich so quält. Wir waren damals noch Kinder – elf oder zwölf –, als es eines Tages einen Bärenkampf geben sollte –»
    «Wir?»
    «Bess und ich. Wir hatten belauscht, wie mein Vater mit meinem Onkel die geplanten abendlichen Zerstreuungen besprach. Wir hockten da im Garten hinter einem Stechpalmenbusch, als mein