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Die Gedichte

Die Gedichte

Titel: Die Gedichte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rainer Maria Rilke
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die Tränen zergehen
einem getrösteten Kind.

    Liebe Maria, dein Leiden
wird nichtmehr weher und werter:
wir haben die sieben Scheiden
für deine sieben Schwerter.

    Wir sind Erdreich. Und Tau
ist uns die Menge gegeben.
Auch das Marien-Leben
glich nur ein wenig der Frau.

    Eins ihrer Bilder; von leichten
Spiegeln hinaufgeschnellt.
Denn auch im Unerreichten
sind wir das Glänzen der Welt.

    Guter Tag. Da prüft man noch: was bringt er?
Und wie langsam liest man seine Schrift.
Rascher, reiner, kühner, unbedingter:
oh wie uns die Freude übertrifft.

    Ist uns als die Künftigste zuvor,
wendet sich und blickt und macht uns schneller,
und wir folgen wie die Vogelsteller,
und das Herz klingt oben bis ins Ohr.

    Glück: was rollt das schwer auf seinem Rade,
müde, immer wieder unbereit;
aber Freude steht und blüht gerade,
und wir treten an die Jahreszeit.

    O Leben Leben, wunderliche Zeit
von Widerspruch zu Widerspruche reichend
im Gange oft so schlecht so schwer so schleichend
und dann auf einmal, mit unsäglich weit
entspannten Flügeln, einem Engel gleichend:
O unerklärlichste, o Lebenszeit.

    Von allen großgewagten Existenzen
kann eine glühender und kühner sein?
Wir stehn und stemmen uns an unsre Grenzen
und reißen ein Unkenntliches herein,
… … … … … … … … .

    DIE GETRENNTEN

    Immer noch verlieren die Getrennten,
was sie ganz nicht faßten, Ding um Ding,
da sie zitternd ihre Zeit umfing.
Ach es brach aus allen Elementen.
Und, ganz hoch, der Flug der wilden Enten,
der durch ihre Himmel ging.

    Wo vermöchte einer aufzuleben
Flut und Einfluß einer Liebes-Zeit?
Denn allein schon das, von weit,
erste Zueinanderschweben
kannte keine Fülle neben
seiner vollen Herrlichkeit.

    Und so bleiben, die sich nicht mehr trugen,
sich verlierend älter im Verlust:
immer weiter rinnt durch alle Fugen
unbekanntes Glück aus ihrer Brust.

    Mensch ist der, der grenzenlos verliert:
aus dem Blicke, aus dem Schluß der Hände
und aus seiner armen Wände
unbeteiligtem Geviert.

    Leicht verführt sich der Gott zur Umarmung. Ihn triebe
Duft eines Lächelns in den erschrockenen Schoß.
Die uns steigend bestürzt, die entzückte, die Liebe
ist immer völlig in ihm. Unendliches Los
jener, zu denen er sich wie ein Morgen entschließt,
überall anbricht für sie und sie strahlend genießt.

    Wolke er wühlte aus dir, und heftig und blinkend
fiel sein Inhalt im Gold. Und wie zürnig im Stier
nahm der Wagende zu; blind im Gefieder ertrinkend
eines schlagenden Schwans entließ er an ihr
Ströme des Daseins, überzählige Sterne
schleudernd ins scheue Bereich, und Geschlechter der Ferne.
… … … .

    In sich blätternder Hain,
einzelnes menschliches Leben,
kannst du es näher umgeben?
kannst du ihm inniger sein
als eine Liebende? Ach.
Weinend durchwandelt dich einer –
sei ihm befreundet, du reiner,
sei ihm geneigter, gieb nach.

    CHOR:
Wo soll ich hin
während in mir
Berge stürzen,
wo wart ich’s ab,
daß die entbetteten Flüsse,
wieder verständigt,
teilen die Landschaft
in gelassene Ufer.
Sind nicht in uns
zu gefährlichen Zeiten
Dinge gebäumt,
an denen uns Anblick
müßte verwehrt sein.

    RITTER IN DER HÖLLE

    Sein Leben war … . wer sagte, was es war?
Ein türmisch Dastehn und ein Umsichschlagen
[wider die nachgewachsene Gefahr;]
ein Wüten, seinen Panzer abzutragen
und über Hunderte in alle Lagen
Niedergelegte wie ein Hungerjahr
hinauszustehen.
… … .
… … .
… … .
Immer noch den Griff des Doppelhänders
in der fäustigen Umklammerung,
mit dem Wiegen eines Sechzehnenders
seiner ungeheuern Helmzier Schwung
tragend (trat er aus dem Unterholz
seines Todes in die lohe Lichtung –
alle Flamme schlug nach seiner Richtung )
Wie der Abendwind
durch geschulterte Sensen der Schnitter
geht der Engel lind
durch die schuldlose Schneide der Leiden.

    Hält sich stundenlang
zur Seite dem finsteren Reiter,
hat denselben Gang
wie die namenlosen Gefühle.

    Steht als Turm am Meer,
zu dauern unendlich gesonnen;
was du fühlst ist Er,
im Innern der Härte geschmeidig,

    daß im Notgestein
die gedrängte Druse der Tränen,
lange wasserrein,
sich entschlösse zu Amethysten.

    Du im Voraus
verlorne Geliebte, Nimmergekommene,
nicht weiß ich, welche Töne dir lieb sind.
Nicht mehr versuch ich, dich, wenn das Kommende wogt,
zu erkennen. Alle die großen
Bilder in mir, im Fernen erfahrene Landschaft,
Städte und Türme und Brücken und un-
vermutete Wendung der Wege
und das Gewaltige jener von Göttern
einst durchwachsenen

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