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Die Gefährtin Des Lichts erbin2

Die Gefährtin Des Lichts erbin2

Titel: Die Gefährtin Des Lichts erbin2 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: jemisin
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erzitterte und verwandelte sich dann wieder in die normale, sterbliche Form, die ich im Haus der Aufgegangenen Sonne kennengelernt hatte. Sie war eine Illusion. Auch wenn er einen Weg gefunden hatte, meine Augen zu täuschen, so spürte ich doch die Anwesenheit der verzerrten Wirklichkeit. Dateh war wie Lil — die Oberfläche war wandelbar, aber darunter waren sie immer gleich.
    »Ja«, sagte es und sprach diesmal mit nur einer Stimme. Es zeigte hinter sich. Ich wusste, dass sich dort die Leichen befanden. »Ich könnte dich ausbilden. Dich st-st-stark machen.« Die Dateh-Kreatur hielt inne, und ihre Augen verloren kurz den Fokus. Da war diese seltsame Verzerrung wieder; die Maske bekam für einen kurzen Moment Risse. Die Anstrengung, diese Maskerade aufrechtzuerhalten, war beinahe greifbar. Kein Wunder, dass die Dateh-Kreatur zögerte, auch mich zu verschlingen. Ein weiteres Herz oder noch eine gestohlene Seele waren möglicherweise nicht mehr zu bändigen.
    Sonnenschein stöhnte und erhob sich. Das Gesicht der Kreatur wurde hart. »Aber du musst etwas für mich tun.« Seine Stimme hatte sich verändert. Ich schluckte ein Schluchzen hinunter, denn es sprach mit Maddings Stimme: sanft und überzeugend. Seine Hände wurden von Fäusten zu Klauen und umgekehrt. »Das Wesen in deinem Schoß. Ich dachte, er hätte keine wahre Magie, aber wie ich sehe, habe ich ihn unterschätzt.«
    Durch die Tränen verschwamm alles vor meinen Augen. Ich legte meine Arme über Sonnenscheins Körper, als ob ich ihn irgendwie schützen konnte. »Nein«, platzte es aus mir heraus. »Ich werde nicht zulassen, dass du ihn tötest. Nein.«
    »Ich will, dass du ihn tötest, Oree. Töte ihn und nimm sein Herz.«
    Ich starrte Dateh an, und meine Kinnlade klappte herunter.
    Es lächelte wieder. Seine Zähne wurden von Datehs zu Mes- sies und dann wieder zu Datehs. »Du liebst zu viele dieser Götter«, sagte es. »Ich muss einen Beweis haben, dass es dir ernst ist. Also töte ihn, Oree. Töte ihn und mach dir diese glühende Macht zu eigen. Wenn das vollbracht ist, wirst du verstehen, dass du zu Höherem berufen bist.«
    »Ich kann nicht.« Ich zitterte am ganzen Körper und konnte mich selbst kaum hören. »Ich kann nicht.«
    Die Dateh-Kreatur lächelte und diesmal waren ihre Zähne scharf, wie die eines Hundes. »Doch, du kannst. Dein Blut wird die Arbeit tun, wenn du genug davon benutzt.« Er machte eine Handbewegung, und ein Messer erschien auf Sonnenscheins Brust. Es war schwarz und schimmerte wie dichtester Nebel; offensichtlich ein Stück Leere, das Form angenommen hatte. »Ich werde mir deine Macht auf die eine oder andere Weise ohnehin aneignen, Lady Oree. Iss ihn und schließ dich mir an, oder ich esse dich. Du hast die Wahl.«
    Ihr mögt denken, dass ich ein Feigling bin.
    Ihr werdet Euch erinnern, dass ich floh, als Sonnenschein es mir befahl, statt an seiner Seite zu kämpfen. Ihr werdet Euch erinnern, dass ich diesem letzten Grauen machtlos und hilflos gegenüberstand — zu verängstigt, um irgend) emandem zu nützen, einschließlich mir selbst. Möglicherweise habe ich Eure Verachtung verdient, indem ich Euch das hier erzähle.
    Ich werde nicht versuchen, Eure Meinung zu ändern. Ich bin nicht stolz auf mich oder das, was ich in jener Hölle getan habe. Ich kann es ohnehin nicht erklären — Worte können das Grauen, das ich in jenen Momenten empfand, nicht beschreiben. Ich musste die furchtbarste Entscheidung treffen, die eine Kreatur auf diesem Planeten treffen konnte: töte oder stirb. Fressen oder gefressen werden.
    Eins will ich allerdings sagen: Ich glaube, ich habe die Wahl getroffen, die jede Frau getroffen hätte, wenn sie sich dem Monster gegenüber sieht, das ihren Geliebten ermordete.
    Sonnenscheins Brust hob und senkte sich wie ein Blasebalg. Dateh hatte ihn schwer verletzt, trotz der Magie, die ihn umgab. Ich glättete unnötigerweise die Kleidung über seiner Brust und ließ meine Hände rechts und links seines Herzens liegen.
    Meine Tränen fielen in einem Dreierrhythmus auf meine Hände: eins zwei drei, eins zwei drei, eins zwei drei. Wie das Schluchzen des Tränenvogels. Oree, oree, oree.
    Ich wählte das Leben.
    Farbe war das Schloss, hatte mein Vater mich gelehrt, und Glaube der Schlüssel. Unter meinen Händen schlug Sonnenscheins Herz gleichmäßig und stark. »Ich male ein Bild«, flüsterte ich.
    Ich wählte den Kampf.
    Dateh stieß einen rasselnden Seufzer der Zufriedenheit aus, als sich die schimmernde

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