Die Gefährtin Des Lichts erbin2
lange.
Schaut sie sich das Gemälde an? Ich kaue auf meiner Unterlippe und wage kaum zu hoffen, dass dies der Fall ist. Vielleicht versucht sie ja zu verstehen, was ich tue. Sie hat mir noch nie gesagt, ich solle aufhören. Doch ich kann ihre Missbilligung förmlich schmecken, die wie faulige, alte Weintrauben auf meiner Zunge liegt. Sie hat allerdings in der Vergangenheit ein paar Bemerkungen in dieser Richtung gemacht. Male etwas Nützliches, etwas Hübsches. Etwas, das die Betrachter nicht stundenlang gefangen hält. Etwas, das nicht das scharfe, glühende Interesse der Priester weckt, wenn sie es zu Gesicht bekommen. Etwas Sicheres.
Diesmal sagt sie nichts und streichelt nur meine Zöpfe. Schließlich wird mir klar, dass sie weder an mich noch an das Bild denkt. »Was ist los, Mama?«, frage ich.
»Nichts«, sagt sie sehr leise. Ich begreife, dass sie mich gerade zum ersten Mal in meinem Leben angelogen hat.
Mein Herz füllt sich mit kalter Angst. Ich weiß nicht, warum. Vielleicht liegt es an dem Angstgeruch, der von ihr ausgeht, oder der Trauer, die dahinter steht. Vielleicht liegt es aber auch nur daran, dass meine redselige, fröhliche Mutter plötzlich so still ist.
Also lehne ich mich an sie und schlinge meine Arme um ihre Hüfte. Sie zittert und ist nicht in der Lage, mir den Trost zu spenden, den ich suche. Ich nehme, so viel ich kann, und gebe ihr vielleicht ein klein wenig zurück.
Einige Wochen später ist mein Vater gestorben.
Ich schwebte in betäubender Leere, schrie und konnte mich nicht hören. Ich schlug meine Hände zusammen - und spürte nichts; noch nicht einmal, als ich meine Fingernägel hineingrub. Ich wollte erneut schreien, öffnete meinen Mund und atmete ein. Dennoch spürte ich keine Luft, die über meine Zunge strich oder meine Lungen füllte. Ich wusste, dass ich eingeatmet hatte. Ich zwang meine Muskeln, sich zu bewegen, und war der Meinung, dass sie reagierten. Doch ich spürte nichts.
Nichts als schreckliche Kälte. Diese bitterliche Kälte muss- te eigentlich Schmerzen verursachen, aber ich war nicht in der Lage, diese zu spüren. Es war so kalt, dass man außer Zittern nichts tun konnte. Hätte ich aufrecht stehen können, wäre ich wegen der Kälte wahrscheinlich zu Boden gefallen. Wenn da nur ein Boden gewesen wäre, um hinzufallen ...
Der sterbliche Geist ist für solche Dinge nicht geschaffen. Die fehlende Sicht machte mir nichts aus, aber keine Berührungen? Keine Geräusche? Keine Gerüche? Daran war ich gewöhnt. Ich brauchte das. Fühlten sich andere Menschen so, wenn sie erblindeten? Kein Wunder, dass sie solche Angst davor hatten.
Ich liebäugelte damit, verrückt zu werden.
»Ree-Kind«, sagt mein Vater und nimmt meine Hände. »Verlass dich nicht auf deine Magie. Ich weiß, die Versuchung wird allgegenwärtig sein. Es ist schön, sehen zu können, nicht wahr?«
Ich nicke. Er lächelt.
»Aber die Kraft kommt von innen«, fährt er fort. Er öffnet eine meiner kleinen Hände und zeichnet den gewundenen Fingerabdruck einer Fingerspitze nach. Es kitzelt, und ich muss lachen. »Wenn du sie oft benutzt, wirst du müde. Wenn du sie überhaupt benutzt - Ree-Kind, du könntest sterben.«
Ich runzle verwirrt die Stirn. »Es ist doch nur Magie.« Magie ist hell und bunt. Magie ist ein hübsches Lied; herrlich, aber nicht lebensnotwendig. Nicht so wie Nahrung oder Wasser, Schlaf oder Blut.
»Ja. Aber sie ist auch ein Teil von dir. Ein wichtiger Teil.« Er lächelt. Zum ersten Mal sehe ich, wie tief die Trauer heute in ihm sitzt. Er wirkt einsam. »Du musst das verstehen. Wir sind nicht wie andere Menschen.«
Ich schrie mit meiner Stimme und meinen Gedanken. Götter können die Letzteren hören, wenn ein Sterblicher sich nur stark genug konzentriert. Auf diese Weise hören sie Gebete. Es kam keine Antwort — weder von Madding noch von jemand anderem. Obwohl ich umhertastete, fühlten meine Hände nichts. Würde ich es überhaupt spüren, wenn er an meiner Seite wäre? Ich wusste es nicht. Ich hatte solche Angst.
»Fühl mal«, sagt mein Vater und führt meine Hand. Ich halte einen Pinsel aus dickem Pferdehaar in der Hand. Die Farbe daran stinkt wie Essig. »Schmecke den Geruch in der Luft. Lausche dem Kratzen des Pinsels. Dann glaube.« »Glauben ... woran?«
»An das, was deiner Meinung nach geschehen wird. An das, was es deiner Meinung nach geben soll. Wenn du es nicht steuerst, wird es dich steuern, Ree- Kind. Vergiss das niemals.«
Ich hätte die Stadt
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